Gefahr für Igel durch Mähroboter: "Jungtiere werden komplett geschreddert"
Von Regina Morkramer
Mähroboter stellen für Igel eine echte Gefahr dar, mittlerweile widmen sich auch wissenschaftliche Untersuchungen dem Thema. Dabei lässt sich feststellen, dass das Risiko für die kleinen Tiere wächst, da die Zahl von Rasenrobotern in Privatgärten stetig zunimmt.

Region. So praktisch Mähroboter für den Menschen sind, so gefährlich sind sie für Igel: Regelmäßig werden die Tiere durch das vollautomatische motorisierte Gartenwerkzeug mit seinen rotierenden Klingen verletzt und getötet. Um die nachtaktiven Tiere besser zu schützen, haben einige Städte wie Köln und Mainz wie von Tierschützern gefordert bereits Nachtfahrverbote für Rasenroboter erlassen. Doch längst nicht überall existiert ein solches Verbot, was immer häufiger zu einer Begegnung mit einem Mähroboter führt. Problematisch dabei ist auch, dass die bewährte Schutzstrategie des Igels in einem solchen Falle nicht greift: Fühlen sie sich bedroht, laufen sie nicht weg, sondern rollen sich instinktiv ein und formen eine Kugel aus Stacheln. Damit kann man Katzen oder Füchse abschrecken, nicht aber den motorisierten Mäher. Und so werden jedes Jahr unzählige Igel durch Rasenroboter schwer verletzt oder getötet.
Das Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW) dokumentiert wissenschaftlich Fälle, in denen Igel Schnittverletzungen durch automatisierte Rasenmäher davongetragen haben. Erste Zahlen dazu wurden im Jahr 2024 veröffentlicht: Von Juni 2022 bis Oktober 2023 wurden in Deutschland 370 Igel mit Schnittverletzungen gemeldet, fast die Hälfte überlebte nicht. Doch die große Mehrheit der verletzten oder getöteten Tiere bleibt ohnehin unentdeckt. Wie das Leibniz-IZW weiter mitteilt, seien mindestens 60 der Igel mit Schnittverletzungen erst Tage oder Wochen nach dem Unfall gefunden worden und hätten somit über einen längeren Zeitraum leiden müssen. Solches Tierleid sei gesetzlich verboten, so das Leibniz-IZW. Dabei gehört der Igel ohnehin schon zu den bedrohten Tierarten. In Deutschland steht der Braunbrustigel (Erinaceus europaeus) auf der Vorwarnliste der Roten Liste, auf der internationalen Roten Liste der Weltnaturschutzunion (IUCN) ist er als "potenziell gefährdet" eingestuft. Denn Igeln fehlt zunehmend geeigneter Lebensraum in der modernen Agrarlandschaft und gepflegten privaten Gärten; der Insektenrückgang sorgt zudem oftmals für einen Mangel an Nahrung.
Nachts keine Mähroboter fahren lassen
Konkrete Zahlen für den Westerwald, die sich auf die Gefahr durch Mähroboter für Igel beziehen, gibt es bislang nicht, aber "uns erreichen fast täglich Bilder und Berichte aus ganz Deutschland zu Unglücksfällen mit Igeln, die mit Mähgeräten kollidiert sind", erklären Dr. Regina Rottmann und Heike Philipps vom Verein "Pro Igel" auf Anfrage. Und sie wissen auch, dass das nur die Spitze des Eisbergs sein dürfte: "Der größte Teil der schwer verletzten Igel stirbt draußen unbemerkt. Sehr kleine Igel und Jungtiere werden komplett geschreddert. Das wird auch in den Regionen des Westerwaldes nicht anders sein, solange Mähroboter auch nachts fahren dürfen." Denn "da Igel nachtaktiv sind, ist insbesondere der Betrieb von Mährobotern in den Nachtstunden so fatal für die Tiere", betont der Verein "Pro Igel". Es gebe zudem bisher kein Mähroboter-Modell, das bei Detektion eines Igels rechtzeitig stoppt. Das zeigt auch eine Studie der Universität Aalborg in Dänemark, die 18 Mähroboter hinsichtlich der Gefahr für Igel getestet hat, indem sie die Kadaver kurz zuvor gestorbener Igel untersuchte. Keines der Geräte erkannte demnach die im Gras liegenden Igel vor dem Aufprall als Hindernis. Sie fuhren über die Tiere hinweg und fügten ihnen Verletzungen wie Schnittwunden, amputierte Gliedmaßen und aufgeschlitzte Bäuche zu. "Pro Igel" weist darauf hin, dass der Igel zu den gesetzlich besonders geschützten Arten gehört und jegliches Nachstellen, Verletzen oder Töten eines Igels dementsprechend nach Paragraf 44 des Bundesnaturschutzgesetzes untersagt ist. "Leider besteht durch den nächtlichen Betrieb von Mährobotern mit Verletzungs- und Todesfolgen für die Igel eine Diskrepanz zwischen Gesetz und Realität", kritisiert der Verein.
Wer einen verletzten Igel im Westerwald entdeckt, kann sich an ehrenamtliche Experten des Forums Igelhilfe (www.forum-igel-hilfe.org) oder des Vereins "Pro Igel" wenden (igelhilfe@pro-igel.de/www.pro-igel.de). "Pro Igel" erklärt auch, dass nur wenige tierärztliche Praxen igelkundig sind, da der Igel im Veterinärmedizinstudium nicht gelehrt wird. Entsprechend laste ein großer Teil des Igelschutzes, der Igelhilfe sowie -pflege und Finanzierung auf ehrenamtlichen Schultern. Vor dem Hintergrund der hohen Auslastung der privaten Pflegestellen und der unentdeckten Mäh-Opfer sei deshalb Prävention entscheidend: "Hierzu könnten Mähroboter nachts ausgeschaltet, die private wie öffentliche Grünpflege sensibel gestaltet und Schutzzonen für Igel eingerichtet werden." (rm)
Lesen Sie gerne und oft unsere Artikel? Dann helfen Sie uns und unterstützen Sie unsere journalistische Arbeit im Kreis Neuwied mit einer einmaligen Spende über PayPal oder einem monatlichen Unterstützer-Abo über unseren Partner Steady. Nur durch Ihre Mithilfe können wir weiterhin eine ausgiebige Berichterstattung garantieren. Vielen Dank! Mehr Infos.
Feedback: Hinweise an die Redaktion