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Nachricht vom 23.11.2022    

Gedenktafeln in Dierdorf zur Erinnerung an Ermordung von 91 Juden angebracht

Von Wolfgang Tischler

Die Opfer aus Dierdorf lebten zumeist schon jahrzehntelang an ihren Wohnorten; sie gingen dort wie alle anderen ihren Berufen nach und pflegten ihr Familienleben, sie begeisterten sich für Kultur und Sport oder engagierten sich für allgemeine Belange. Den 91 Opfern wurden nun mit den drei Gedenktafeln an der Stadtmauer einen Namen gegeben.

Sie waren an der Erstellung der Tafeln beteiligt. Fotos: Wolfgang Tischler

Dierdorf. „Es war ein gemeinsames Herzensprojekt von Stadt und den beiden Kirchengemeinden, diese Tafeln zu erstellen. Viele engagierte Menschen haben ebenfalls großen Anteil, dass diese Gedenktafeln nunmehr ihren Platz gefunden haben. Ich möchte hier den Mitgliedern des Kulturkreises Dierdorf, Michael Meyer, der mit seinen umfangreichen Recherchen die Namen zusammengestellt hat, und auch Kurt Saftig, der die Anregung hierzu gegeben hat, danken“, sagte Stadtbürgermeister Thomas Vis bei einem Pressetermin an der Stadtmauer.

Mehr als 80 Jahre sind jetzt vergangen, seit der millionenfache Mord an den Juden organisiert wurde. 80 Jahre, und das ist auch nach den jüdischen und christlichen Lehren ein Menschenleben. Ein Menschenleben liegt zwischen dem Gestern und unserem Heute, das verändert den Blick, das verändert das Gedenken, das verändert die Geschichtsvermittlung.

„Das heißt, wir sind noch dringlicher aufgefordert, die historischen Tatsachen immer wieder neu zu vermitteln; immer wieder neu zu begründen, warum wir Verantwortung tragen; und uns unserer Werte immer von Neuem zu versichern. Und das bedeutet in erster Linie, immer wieder nach neuen Wegen zu suchen, um die nachwachsenden Generationen anzusprechen", sagte der Stadtbürgermeister.



Wesentlichen Anteil an den Namen hatte Michael Meyer, Autor von mehreren Büchern zum jüdischen Leben in Dierdorf. Er vergleicht die Planung und Fertigstellung der Gedenktafeln mit einer Schwangerschaft: „Zwar dauerte die Schwangerschaft außergewöhnlich lange, nämlich 14 Monate, aber sie wurde von der Geburt eines Kindes gekrönt, über das jetzt hoffentlich alle glücklich sind. Natürlich gab es auch hier die Schwangerschaftsbeschwerden, Wehen und Schmerzen. Doch das alles soll für mich jetzt vergessen sein. Endlich wird 80 Jahre nach ihrer Ermordung an die Namen der Opfer erinnert.“

Hergestellt wurden die Tafeln in einer der bedeutendsten Glockengießereien in Europa, im hessischen Sinn. Die Kosten von rund 10.000 Euro haben sich zu gleichen Teilen die Stadt und die beiden Dierdorfer Kirchen geteilt. (woti)



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