Wirtschaft | Anzeige
Umweltbilanz – Bitcoin verursacht 30.000 Tonnen Elektroschrott pro Jahr
Die 2009 lancierte Kryptowährung Bitcoin steht angesichts ihres hohen Stromverbrauchs schon seit Langem in der Kritik durch Umweltschutzorganisationen. Laut Studien verbrauchen lediglich 30 Länder weltweit mehr Strom als der Bitcoin. Die Kryptowährung emittiert damit etwa gleich viel Kohlendioxid (CO2) wie die gesamte Bevölkerung von Dänemark. Eine im wissenschaftlichen Fachmagazin Resources, Conservation and Recycling nun publizierte Studie offenbart zudem, dass der Bitcoin auch am Elektroschrott einen nicht zu vernachlässigten Anteil hat.
Wie die Universität der Vereinten Nationen (UNU) in Tokio ermittelt hat, hat sich die Menge des jährlich erzeugten Elektroschrotts von 20 Millionen Tonnen im Jahr 2000 auf 50 Millionen Tonnen im Jahr 2021 mehr als verdoppelt. In den kommenden 30 Jahren erwarten die Wissenschaftler eine weitere Verdoppelung des meist kaum recycelbaren Mülls. Neben Smartphones, Fernsehern, Laptops und Co. sind daran auch Kryptowährungen wie der Bitcoin schuld.
Rechenzentren erzeugen Elektroschrott
Laut der Studie „Das wachsende Elektroschrott-Problem des Bitcoins“ der Autoren Alex de Vries und Christian Stoll fällt der Elektroschrott des Bitcoins hauptsächlich durch das sogenannte Mining an. Bei diesem Prozess berechnen große Anlagen mit Spezialcomputern neue Bitcoins. Sobald die in den Rechenzentren dazu verwendete Hardware veraltet ist, landet sie meist im Müll. Das Berechnen neuer Bitcoins verursacht laut der Studie aktuell dadurch etwa 23.000 Tonnen Elektroschrott.
272 Gramm Elektromüll pro Überweisung per Bitcoin
Als Basis ihrer Berechnung setzten die Wissenschaftler einen Kurs von 40.000 Euro pro Bitcoin an. Zudem haben sie die geschätzte Rechenleistung der Bitcoinfarmen, die pro Tag neu berechneten Bitcoin und die dabei anfallenden Kosten für Strom miteinbezogen. Als Lebensdauer der zum sogenannten Schürfen der Kryptowährung verwendeten Spezialhardware setzten die Forscher zwei Jahre und vier Monate an. Sie konnten so ermitteln, dass pro Überweisung per Bitcoin in der Blockchain 272 Gramm Elektroschrott erzeugt werden. Dies entspricht etwa zwei iPhone 13 mini. Die Verwendung des Bitcoins verursacht damit pro Tag etwa so viel Elektroschrott wie 500.000 verschrottete Smartphones.
Ausschließlich Mining-Hardware berücksichtigt
In der Realität wird sehr wahrscheinlich noch mehr Elektroschrott durch den Bitcoin verursacht. Wie die Wissenschaftler erklären, wurde in der Studie ausschließlich spezielle Mining-Hardware für Bitcoin-Berechnungen berücksichtigt. In einigen Regionen der Erde mit besonders geringen Stromkosten wie die Kryptowährung aber auch über gewöhnliche Grafikkarten berechnet. Dies ist jedoch die Ausnahme.
„Bitcoin-Miner verwenden nahezu ausschließlich sogenannte ASICs. Diese Art der Hardware ist auf einen bestimmten Zweck zugeschnitten und kann somit nicht für andere Anwendungen wiederverwendet werden“, erklärte Christian Stoll von der TU München und dem Massachusetts Institute of Technology (MIT) dem SPIEGEL.
Umweltfreundliche Alternative?
„Die Menschen vergessen oft, dass das Bitcoin-Netzwerk nicht nur viel Energie schluckt, sondern auch Millionen hoch spezialisierter und kurzlebiger Geräte nötig sind. Unser Ziel war es, den bisher unerwähnten Teil der Geschichte hervorzuheben“, erklärte Alex de Vries dem SPIEGEL. Laut de Vries beschleunigt Elektroschrott nicht nur den Klimawandel, weil bei seiner Verbrennung giftige Chemikalien in die Atmosphäre freigesetzt werden, sondern kann bei unsachgemäßer Entsorgung auch den Boden und das Grundwasser für lange Zeit verseuchen.
Als Reaktion auf ihre Studie fordern die Autoren daher, dass die Methode, mit der neue Bitcoins freigegeben werden, umgestellt wird. Der aktuelle Stromverbrauch und der erzeugte Elektroschrott durch die Millionen von sogenannten Minern sind laut ihnen auch angesichts der Innovationen durch den Bitcoin deutlich zu groß. Wie de Vries erklärt, sollte man stattdessen auf ein sogenanntes Proof of Stake Modell wechseln. Die Konkurrenzwährung Ethereum hat diesen Schritt bereits geplant.
Neben der Änderung des Bitcoin-Algorithmus verlangt Stoll außerdem eine höhere Recyclingquote. Laut ihm ist es jedoch wichtig, sich bei den Umweltbemühungen nicht ausschließlich auf Kryptowährungen wie Bitcoin und Ethereum zu konzentrieren. Diese stehen zwar im Zentrum der öffentlichen Kritik, sind aber „absolut gesehen nur für einen kleinen Teil des globalen Elektroschrott-Problems verantwortlich“, erklärt der Wissenschaftler. (prm)
Lesen Sie gerne und oft unsere Artikel? Dann helfen Sie uns und unterstützen Sie unsere journalistische Arbeit im Kreis Neuwied mit einer einmaligen Spende über PayPal oder einem monatlichen Unterstützer-Abo über unseren Partner Steady. Nur durch Ihre Mithilfe können wir weiterhin eine ausgiebige Berichterstattung garantieren. Vielen Dank! Mehr Infos.