Werbung

Nachricht vom 01.11.2020    

Vor 50 Jahren entstand die neue Stadt Neuwied

Ein Landesgesetz für die Verwaltungsvereinfachung vom 28. Juli 1970 zeichnete die regionale Landkarte neu – auch im Norden von Rheinland-Pfalz. Als es am 7. November in Kraft trat, verdoppelte sich auf einen Schlag die Einwohnerzahl Neuwieds, die Fläche der Stadt wuchs gar um das Siebenfache. Was war passiert?

Ludwig Schön war erster Oberbürgermeister des „neuen“ Neuwied. Foto: Stadt Neuwied

Neuwied. Nun, zwei Städte, sechs Gemeinden und zwei Verbandsgemeinden hatten ihre Auslösung erlebt. Die bisherigen Städte Neuwied und Engers, die Gemeinden Gladbach, Heimbach-Weis, Altwied, Feldkirchen, Niederbieber-Segendorf und Oberbieber sowie die Verbandsgemeinden Engers und Niederbieber-Segendorf (dazu zählten ursprünglich noch Datzeroth und Melsbach) gingen in der neuen, großen Stadt Neuwied auf. Irlich hatte sich der Deichstadt bereits 1969 angeschlossen.

Die Kommunalreform kam nicht wie der Blitz aus heiterem Himmel. Sie setzte zum Teil Ideen um, die schon Jahrzehnte zuvor diskutiert, aber aufgrund des Ausbruchs des 2. Weltkrieges und der nachfolgenden Wiederaufbauphase nicht realisiert worden waren. Mitte der 1960er-Jahre platzte Neuwied aus allen Nähten, die engen Gemarkungsgrenzen hinderten die Stadt an ihrer weiteren wirtschaftlichen Entwicklung. Bei den Gemeinden wiederum, die wie ein Halbmond um die Deichstadt liegen, bestand infrastruktureller Nachholbedarf. Die Kommunalreformer verfolgten mit der Gründung größerer Einheiten das Ziel einer einheitlichen Lösung für stetig wachsende Verwaltungsaufgaben und aufkommende Wirtschaftsprobleme. Ziele, die in der Bevölkerung nicht unumstritten waren. Vor allem aus Engers, Gladbach und Heimbach-Weis kam viel Kritik.

Was für die einen den Verlust der Eigenständigkeit bedeutete, war für die anderen der Beginn neuer Größe. Das frisch aus der Taufe gehobene „neue“ Neuwied - große kreisangehörige Stadt war es bereits seit dem 1. April 1960 - hatte plötzlich rund 63.400 Einwohner – statt zuvor rund 31.200. 15 Jahre später, Ende 1995, erreichte die Bevölkerungszahl mit 67.374 ihren bisherigen Höchststand. Heute sind es knapp 66.000.

Am 8. November 1970, einen Tag nach dem Inkrafttreten des Landesgesetzes, waren die Neuwieder erstmals aufgerufen, ihren neuen Stadtrat zu wählen. Der trat am 19. Dezember 1970 zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen. Eine neue Epoche begann. Erster Oberbürgermeister wurde Ludwig Schön (SPD), mit Karl-Heinz Schmelzer, Manfred Scherrer und Nikolaus Roth folgten weitere Sozialdemokraten. Seit Roths plötzlichem Tod im Jahr 2017 steht Jan Einig (CDU) an der Spitze der Verwaltung.



Stichwort Verwaltung: Die Neuwieder standen vor der Herausforderung, die bislang selbstständigen Verwaltungen nach Fachgebieten neu zusammenfassen. Das war problematisch, weil ein geeignetes zentrales Gebäude für die neue Verwaltung nicht zur Verfügung stand. Als Folge gab es 20 Rathausfilialen, die sich über das gesamte neue Stadtgebiet verteilten. Ein wichtiger Schritt zu mehr Bürgerfreundlichkeit war die Konzentrierung eines Großteils der verstreut liegenden Ämter und Abteilungen im ehemalige Rasselstein-Hochhaus Ende der 90er-Jahre.

Bis zur Jahrtausendwende blieb Neuwied bedeutendes Mittelzentrum, attraktive Einkaufsstadt und wichtiger Industriestandort; die verkehrsgünstige Lage zwischen den Ballungsräumen Rhein-Ruhr und Rhein-Main trug zur Prosperität bei. Ausdruck dieser Stärke war in den 90er-Jahren der Ausbau mehrerer Gewerbegebiete. In den jüngsten zwei Jahrzehnten hat indes eine starke Veränderung eingesetzt. Wie viele Kommunen erlebt auch die Stadt an Rhein und Wied einen strukturellen Wandel, der vor allem den Einzelhandel, aber auch die Industrie betrifft. Viele alteingesessene Geschäfte sind aus dem Stadtbild verschwunden, bekannte Neuwieder „Marken“ haben sich entweder (gesund)geschrumpft (Winkler + Dünnebier) oder die Deichstadt ganz verlassen (Rasselstein). Andererseits ist es gelungen, neue Entwicklungen aufzugreifen und im Ansiedlungsbereich erfolgreich zu agieren. So konnten, neue international tätige Firmen nach Neuwied gelockt werden. Zuletzt sogar der E-Auto-Gigant Tesla.

Zudem hat sich Neuwied als „Stadt der Märkte“ überregional einen guten Ruf erarbeitet. Und sie punktet in Sachen Kultur, verfügt mit der Villa Musica und dem Schlosstheater über gleich zwei kulturelle Schwergewichte. Ihr über Jahrzehnte gewachsenes umfangreiches schulisches Angebot ist eine weitere Trumpfkarte.

Genauso wie die starke Position der einzelnen Stadtteile. „Sie haben sich ihre charakteristischen Eigenheiten bewahrt“, unterstreicht Oberbürgermeister Jan Einig. „Die ,neue‘ Stadt Neuwied ist 50 Jahre nach ihrer Gründung eine in und durch Vielfalt gewachsene Einheit. Das ist eine gute Voraussetzung für eine weitere positive Entwicklung.“



Lesen Sie gerne und oft unsere Artikel? Dann helfen Sie uns und unterstützen Sie unsere journalistische Arbeit im Kreis Neuwied mit einer einmaligen Spende über PayPal oder einem monatlichen Unterstützer-Abo über unseren Partner Steady. Nur durch Ihre Mithilfe können wir weiterhin eine ausgiebige Berichterstattung garantieren. Vielen Dank! Mehr Infos.



Lokales: Neuwied & Umgebung

Jetzt Fan der NR-Kurier.de Lokalausgabe Neuwied auf Facebook werden!


Anmeldung zum NR-Kurier Newsletter


Mit unserem kostenlosen Newsletter erhalten Sie täglich einen Überblick über die aktuellen Nachrichten aus dem Kreis Neuwied.

» zur Anmeldung



Aktuelle Artikel aus der Region


Unbekannter hob mit gestohlener Bankkarte Geld ab: Wer kennt diesen Mann?

Bad Honnef. Am 8. September 2023 hob ein unbekannter Mann in Bad Honnef mit einer gestohlenen Bankkarte Bargeld von einem ...

Neuwieder "AusbildungsmessePlus" geht in die dritte Runde

Kreis Neuwied. Von den Baustellen in der Stadt Neuwied lässt sich die Fachkräfteallianz Neuwied nicht aufhalten. Auch in ...

Fahrradfahrerin bei Verkehrsunfall in Unkel verletzt

Unkel. Am Montag (22. April), gegen 10 Uhr, kam es zu einem Zwischenfall in Unkel. Eine Fahrradfahrerin stürzte, während ...

Leserbrief zur Kita Rheinbreitbach: "Kinder brauchen wertevermittelnde Vorbilder"

LESERBRIEF. "Mit Bedauern muss ich von dem Antrag der Namensumbenennung der Kita Sankt Maria Magdalena hin zur Kita Blumenwiese ...

Polizeikontrollen auf dem Schulweg in Neuwied: Sicherheit von Kindern im Fokus

Neuwied. Am frühen Morgen des 22. April starteten die Beamten der Polizeidirektion Neuwied eine gezielte Aktion: Von 7.30 ...

Anklage gegen bulgarisches Duo: Mord und Zwangsprostitution vorgeworfen

Koblenz. Die Anklageschrift, die kürzlich zugestellt wurde, enthält schwere Vorwürfe gegen das bulgarische Duo. Sie sollen ...

Weitere Artikel


Nicole nörgelt… über Halloween

Region. Denn mal ehrlich, was könnte dieser Tage schauriger sein als die Realität? Das Alien, Dracula und Freddie Krüger ...

Polizeibericht: Halloween, aufmerksame Nachbarin und mehr

Corona-Kontrollen in Halloween-Nacht
Linz. Die Polizei Linz am Rhein führte am Samstag in der Halloween-Nacht in der Zeit ...

SWN-Besuche nur nach Terminvergabe

Neuwied. SWN und SBN reagieren damit auf die in Berlin beschlossenen Maßnahmen gegen eine Ausweitung des Coronavirus. „Im ...

Erneute Absage der Kreisfrauenkonferenz VdK

Neuwied. Kreisvorsitzender Hans Werner Kaiser bedauert die erneute Absage der Kreisfrauenkonferenz, die zudem die einzige ...

Titel-Quartett für die Langstreckler der LG Rhein-Wied

Neuwied. Alle vier Teilnehmer gewannen ihre Altersklassen, Sabine Neumann und Thierry van Riesen schafften es in der Gesamtwertung ...

Leserbrief: Ist der Lockdown von Fitnessstudios richtig?

Rheinbrohl. „Mit absolutem Unverständnis haben wir die Beschlüsse der Regierung aufgenommen, nach denen unsere gesundheitsorientierten ...

Werbung