Digital und emotional – digitale Lesung an der Ludwig-Erhard-Schule
In den vergangenen 25 Jahren sind mehr als 35.500 Menschen auf der Flucht nach und in Europa ums Leben gekommen. Vor diesem Hintergrund lud die Ludwig-Erhard-Schule BBS Wirtschaft Neuwied als UNESCO-Projektschule im Rahmen der Interkulturellen Woche vom 28. September bis zum 2. Oktober 2020 zur digitalen Lesung „Todesursache: Flucht“ ein.
Neuwied. Für die Interkulturelle Woche erstellten die Schülerinnen und Schüler, die für das Projekt aus verschiedenen Schulformen zusammen kamen, eigenständige Videos, in denen sie kurze Portraits junger Menschen vorstellten, die bei der Flucht verstorben sind. Die Grundlage dafür bildete das Buch „Todesursache: Flucht“ von Tanja Tuckermann und Kristina Milz (Hrsg.).
Nach einem ersten Impulsvideo, das die Lernenden in Bezug auf die aktuelle Situation von Flüchtlingen sensibilisierte, führte Jannik Weber mit seinem Video in die Thematik ein und verdeutlichte die Problemsituation. Danach erinnerten die Schülerinnen und Schüler Fiona Köppen, Mauricio Böhm, Leo Koch, Isabelle Luongo, Sarah Kaiser sowie Abdurrahman Celik und Leonie Kukla in ihren Beiträgen unter anderem an Ibrahim Jabuti aus Somalia. Er überlebte den Weg durch die Sahara und durch ein Schleppergefängnis in Libyen und ertrank dann im Alter von 19 Jahren im Mittelmeer.
Auch die letzten Monate aus dem Leben Lamine Condehs (20) aus Sierra Leone, der in Passau an Leberkrebs starb, nachdem er monatelang nicht behandelt und zwischenzeitlich nach Italien abgeschoben wurde, bewegte das Publikum. Darüber hinaus wurde an Zaki Adams (25) aus dem Sudan erinnert. Zaki Adams, der die aufzehrende Flucht aus dem Westen des Sudans durch die libysche Wüste und über das Mittelmeer überstanden hatte, hielt der wahllosen Anwendung des hiesigen Asylrechts nicht stand und starb wohl an den Folgen eines unerkannten Herzfehlers.
Vor allem das Schicksal des syrischen Jungen Alan Kurdi (verstorben im Alter von nur drei Jahren), dessen Bild um die Welt ging und zum Symbol der Flüchtlingskrise wurde, ließ das Publikum einen Moment den Atem anhalten. Die kurzen Portraits verhalfen dabei, „das Ausmaß dieser Tragödie besser zu fassen zu bekommen – und der Debatte um Flucht und Tod wieder ein menschliches Antlitz zu geben.“ (vergleiche Angaben zum Buch „Todesursache: Flucht“).
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Nachdem die kurzen Portraits große Betroffenheit ausgelöst hatten und noch einmal verdeutlicht wurde, dass mit jeder Zahl dramatische Einzelschicksale verbunden sind, sollte ein hoffnungsvoller Ausblick auf die Zukunft gegeben werden. Dafür wurde in einer abschließenden Reflexionsphase auf die Wünsche, Träume und Hoffnungen der im Publikum anwesenden Schülerinnen und Schüler in einer immer komplexer werdenden Welt eingegangen. Diese konnten sie in einer dafür vorbereiteten Reflexionsstation auch schriftlich festhalten.
In der anschließenden Gesprächsrunde äußerten die Lernenden auch Demut und merkten an, dass eigene Alltagsprobleme fast „verschwindend gering sind, im Gegensatz dazu, was andere Menschen in unserem Alter erleben müssen.“ Die Schülerinnen und Schüler konnten durch die digitale Lesung neue Perspektiven und Einblicke gewinnen. Im Anschluss an die Reflexion wurde auch noch einmal auf die UNESCO-AG eingegangen. In der AG haben alle Lernenden die Möglichkeit – in Freistunden oder in der Pause – an Projekten zur Demokratiebildung, zu Menschenrechten oder zur nachhaltigen Entwicklung zu arbeiten.
Sowohl Henning Fleck aus der Schulleitung als auch die mit organisierenden Lehrkräfte Julia Wilhelms, Franziska Helf und Marcel Lauterbach zeigten sich von der Veranstaltung beeindruckt: „Wir sind begeistert von dem Engagement der Schülerinnen und Schüler. Auch in diesem Jahr gab es wieder viele Momente, die zeigten, dass das Publikum emotional beteiligt war und dass Werte wie Toleranz, Gerechtigkeit und Menschenrechte unter den Jugendlichen einen hohen Stellenwert erfahren. Vor diesem Hintergrund freuen wir uns darauf, die entsprechenden Themen in der UNESCO-AG weiter zu vertiefen.“
PM
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