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Nachricht vom 14.09.2020    

Mit den Eltern auf dem Rücksitz ins Land der Rentiere

Von Helmi Tischler-Venter

Die Geschäftsführer des Hotels zur Post hatten das Glück, sich einen Künstler für ihre Veranstaltung im Rahmen der Westerwälder Literaturtage, die in diesem und dem kommenden Jahr „Nordlichter“ zum Thema haben, aussuchen zu dürfen. So luden sie für Sonntag, den 13. September den Kabarettisten Bernd Gieseking, der bereits 2016 mit seinem Hoffnungskabarett das Publikum erfreut hatte, auf die Bühne im Waldbreitbacher Rittersaal ein.

Bernd Gieseking las im Rahmen der Westerwälder Literaturtage aus seinem Buch "Finne dich selbst!" in Waldbreitbach. Fotos: Wolfgang Tischler

Waldbreitbach. Bernd Gieseking freute sich sehr, dass er wieder live auftreten durfte und dass zudem jeder Corona-bedingt erlaubte Platz besetzt war. Und er freute sich, dass er unter seinem Buch-Titel „Finne Dich selbst“ erzählen konnte von einem Land, wo es schwierig ist, einen Partner zu finden, weil es in dem dünn besiedelten Gebiet nur fünfeinhalb Millionen Menschen gibt. Trotzdem sind die Finnen die Weltmeister des Glücks. Warum ist das so?

Der Mindener fand die Antwort nach gründlicher Analyse des Wesens der Ostwestfalen sowie der Finnen und nach einer aufschlussreichen dreiwöchigen Autofahrt mit den Eltern nach Finnland, um den dort mit einer Finnin verheirateten Bruder zu besuchen: Die Finnen sind die Ostwestfalen des Nordens, distanziert, aber liebevoll und hilfsbereit, rustikal und pragmatisch, aber auch sehr erfinderisch.

Der Kabarettist erzählte zwischen kurzen Lesepassagen mit großer Begeisterung und schauspielerischem Talent: „Es sind Literaturtage, aber ich erzähle so gern!“ Nach mehreren Reisen in das wunderschöne Land kann er nun ultimative Tipps geben, zum Beispiel empfiehlt er als schönste Art nach Finnland zu reisen: über Stockholm und mit der Nachtfähre nach Turku. An Bord des Fährschiffs sind Bier-Trays mit acht Lagen Bierdosen auf einem Trolley mit Gummizug der Verkaufsschlager. Wie er mit einem mintfarbenen Damenfahrrad in einer Park-Höhle umherirrte oder wie die Mutter das Ansehen der Deutschen herabsetzte, weil sie Sprudel in ihr Bier mischte oder welche Leiden Sauna-Besuche ihm bescherten, war gelebtes Kabarett.

Die finnische Balz bleibt dem Autor das größte Rätsel, denn ein halbes Jahr lang liegt die Region im Dunkel, dann ist es kaum möglich, jemanden zu sehen. Die dauerhelle Sommerhälfte verbringen die Finnen mit feiern und Tango tanzen, wobei finnischer Tango, eine Mischung zwischen deutschem Marsch und russischer Romantik, als Gehtango anzusehen sei.



Finnische Besonderheiten seien, dass in Lappland permanent Rentiere vor dem Auto herlaufen und dass Trolle, Tonttus genannt, für alles Verschwundene verantwortlich sind, denn wenn etwas weg ist, haben es die Tonttus, weil sie es brauchen und wenn sie es nicht mehr brauchen, bringen sie es zurück. Diese Vorstellung bewirkt entschleunigte Gelassenheit. Gelassenheit oder finnisches Zen braucht man auch gegenüber den Vampiren des Nordens, den Mücken. Ganz besonders ist der finnische Reisepass, denn in dem amtlichen Dokument ist ein Daumenkino mit rennendem Elch integriert.

Der großartige Erfindungsreichtum der Finnen ist seit Erfindung des „Nokia“-Handys, des Computerspiels „Angry Birds“ oder der praktischen Teleskopgrillstange anerkannt. Der Humor der Menschen wird an skurrilen Wettbewerben wie Steckenpferdreiten in allen reiterlichen Disziplinen, Watercross fahren oder der Luftgitarrenweltmeisterschaft deutlich.

Finnisch sei eine Geheimsprache mit 15 Fällen und unfassbar langen Wörtern mit unzähligen Vokalen, die sehr schwer zu erlernen sei. Aber die Finnen sprächen sehr gut englisch und einige auch deutsch, sodass die Verständigung gut funktioniere, vor allem beim Losekauf mit garantiertem Bierdosengewinn. Schließlich besage ein finnisches Sprichwort: „Du bist nicht zu betrunken, solange du noch auf der Erde liegen kannst, ohne dich fest zu halten!“

Am Ende des vergnüglichen Lese-Erzähl-Abends hatten die Besucher Lust nach Finnland zu reisen oder wenigstens das Buch „Finne dich selbst!“ zu kaufen. Gieseking freute sich sehr, von der Organisatorin der Westerwälder Literaturtage, Maria Bastian-Erll einen mit Birken bedruckten Beutel mit westerwälder Rentierschinken zu erhalten. htv


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