Buchtipp: „Elektra“ von Theo Brohmer
Von Helmi Tischler-Venter
„Ein Ostfriesland-Krimi mit Onno Frerichs“ lautet der Untertitel. Im Prolog ist der Protagonist Onno Frerichs gerade einmal zwölf Jahre alt und genießt das Privileg, in den Osterferien eine achtköpfige Gruppe Kinder aus Ölbenfehn bei dem Mutproben-Spiel „hide and go kill“ im örtlichen Moor anzuführen. Ein grauenerregender Schrei aus dem Walkie-Talkie macht aus dem Spiel blutigen Ernst. Ein Junge ist getötet und ausgeweidet worden.
Hamburg/Dierdorf. Dreißig Jahre später ist Onno Frerichs Briefträger mit einer BMW C1, einem überdachten Motorroller in seinem 300-Seelen-Heimatort, gleichzeitig Hausmeister, Sheriff und Mann für alle Fälle, einer, der seine Mitmenschen und deren Gewohnheiten und Eigenheiten gut kennt. Engagiert bis hin zur strafbaren Amtsanmaßung, außerdem Genussmensch mit einer Vorliebe für starke Kräuter, ist Onno hellwach und verliebt in die ostfriesische Moorlandschaft. Ein Mensch mit Prinzipien und Zivilcourage und einem sicheren Instinkt für Unpassendes. Seine Schwester Anna hat sogar übersinnliche Visionen. Mit Hilfe ihrer besonderen Fähigkeiten finden die Geschwister vermisste Personen und klären Kriminalfälle.
Bei der Wittmunder Kriminalpolizei ist Onnos Amateur-Amtshilfe nicht gern gesehen, als er aufgrund seiner Untersuchungen feststellt, dass die alte Hilde Meents eines unnatürlichen Todes gestorben ist. Hauptkommissar Angelo Damasco urteilt über Onno Frerichs: „Er ist Postbote. Kommt überall rum, steckt seinen Zinken überall rein. Einer, der jeden kennt und glaubt, alles zu wissen!“ Aber als echter Ostfriese hält der seine einmal eingeschlagene Spur hartnäckig bei und lässt sich auch durch Entscheidungen der Staatsanwaltschaft, Verfolgung und Gewaltanwendung nicht abbringen.
Für die Bevölkerung von Ölbenfehn ist ihr einsatzfreudiger Postbote ein Held. Und die Kriminalbeamten müssen feststellen, dass der kleine Dorfbriefträger über beste Kontakte verfügt.
Die schrullig-liebenswürdige und zugleich pfiffige Persönlichkeit Frerichs macht die Lektüre zu einem Vergnügen. Ganz nebenbei lernt der Leser etwas Plattdeutsch, wenn zum Beispiel die polizeilichen „Kloogschieter ihm vorschrieben, wie er seinen Job zu erledigen hatte“. Von seiner Professionalität muss er die „Kollegen“ noch überzeugen. Seine akribischen Ermittlungen hält er daher für die Polizei auf einer Mini-DV fest. Doch der Fall gibt allen Ermittlern eine Menge zu knobeln. Wieso wurde Hilde auf so komplizierte Art umgebracht? Frerichs Überraschungsausdruck „Dexel noch to!“ findet im kurvenreichen Handlungsverlauf vielfache Verwendung.
Ganz am Ende des unterhaltsam-spannenden Krimis wird der Leser über den bis dahin rätselhaften Buchtitel „Elektra“ aufgeklärt. In einem guten Kriminalroman ist auch der Titel ein Hinweis.
Erschienen ist das Buch bei edition krimi, ISBN 978-3-946734-33-8, als eBook ISBN 978-3-946734-34-5. htv
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