Werbung

Nachricht vom 29.05.2020    

Landgericht zu verbotener versteckter Werbung von Influencer

Bei dem Kläger im vorliegenden Fall handelt es sich um einen Verband zur Förderung gewerblicher Interessen. Die Beklagte ist eine Influencerin. Sie veröffentlicht auf ihrem Account unter anderem Fotos von sich selbst, auf denen sie Produkte unterschiedlicher Art zeigt.

Symbolfoto

Region. Auf dem Account werden Texte veröffentlicht, in denen Produkte positiv besprochen werden. Diese Fotos und Texte versieht die Beklagte zum Teil zusätzlich mit Links zu den Webseiten dieser Produkte. So finden sich dort auch Fotos und Texte zu Besuchen der Beklagten in einem Friseursalon. Dort erhielt die Beklagte Frisuren und kosmetische Dienstleistungen teilweise unentgeltlich. Im Gegenzug fertigte die Beklagte mit dem Einverständnis der Inhaberin des Friseursalons während ihrer Besuche im Salon Fotos und veröffentlichte diese auf ihrem Account. Sie veröffentlichte weiterhin hierzu einen Link, sodass nach einem „Klick“ die Bezeichnung des Accounts des Salons eingeblendet wurde und nach einem weiteren „Klick“ auf diese Bezeichnung der User auf den Account geführt wurde (sogenannte tap tag).

Außerdem lobte sie in einem dazugehörigen Text den Friseursalon und empfahl die dortige Qualität der Leistung, die Atmosphäre und das Preis-Leistungs-Verhältnis. Auf Aufforderung der Kläger gab die Beklagte 2017 eine Unterlassungserklärung dahingehend ab, es bei Meidung einer Vertragsstrafe zu unterlassen im geschäftlichen Verkehr in sozialen Medien kommerzielle Inhalte vorzustellen, ohne den kommerziellen Zweck der Veröffentlichung zu verdeutlichen, sofern sich dieser Zweck nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt.

Nachdem der Kläger danach weitere Fotos in sozialen Medien entdeckte, mit denen die Beklagte nach dessen Ansicht Werbung für die Waren betreibe und hierfür Entgelt bekomme, forderte er für einen dreifachen Verstoß gegen die Unterlassungserklärung eine Vertragsstrafe von 15.300,00 Euro.

Die Entscheidung:
Das Landgericht hat die Beklagte bei Meidung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 Euro oder zu Ordnungshaft dazu verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr in sozialen Medien kommerzielle Inhalte vorzustellen, ohne den kommerziellen Zweck der jeweiligen Veröffentlichung zu verdeutlichen, sofern dieser sich nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt sowie weiterhin zu der beantragten Zahlung von 15.300,00 Euro.



Im Einzelnen:
Das Gericht sah in dem Verhalten der Klägerin eine geschäftliche Handlung, da sie mit dem sogenannten tap tag verbunden mit Bild und Empfehlung die geschäftliche Tätigkeit des Friseursalons unterstützte. Das Gericht ordnete die Fotos als nicht mehr bloß „privater Natur“ ein und sah es als erwiesen an, dass die Beklagte hiermit ganz gezielt die Entscheidungen der Verbraucher beeinflusste, um den Absatz des Friseursalons zumindest mittelbar zu fördern. Die von der Inhaberin des Friseursalons unterzeichnete Erklärung, keine geschäftlichen Beziehungen mit der Beklagten zu haben und dass die Beklagte Dienstleistungen und Waren des Salons bezahlt habe, wertete das Gericht als inhaltlich falsch.

Es wertet die Handlung der Beklagten als im Sinne des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) unlauter, weil die Beklagte den kommerziellen Zweck ihres Verhaltens zugunsten des Friseursalons weder kenntlich machte noch sich dieser aus den Umständen ergab. Dies ist nach Auffassung der Kammer geeignet, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er bei einem entsprechenden Hinweis auf den kommerziellen Zweck eventuell nicht getroffen hätte.

Da es sich um keinen „Business Account“ handelte, hätte bereits die erste Seite, auf der ohne weiteren „klick“ kein Markenzeichen/-name zu sehen war, mit dem entsprechenden Hinweis versehen werden müssen, dass es sich um Werbung handelt. Es sei auch nicht für jede Person, die den Account der Beklagten aufgesucht habe, ersichtlich gewesen, dass die Beklagte eine Influencerin ist. Die Tätigkeit von Influencern sieht das Gericht generell als Werbung an. Es sieht die Beklagte als Unternehmerin, die mit unterschiedlichen Partnern kooperiert und sich darüber hinaus auch selbst vermarktet.
Landgericht Koblenz – 1 HK O 45/17 –Urteil vom 8. April 2020 (nicht rechtskräftig – Berufung eingelegt)



Lesen Sie gerne und oft unsere Artikel? Dann helfen Sie uns und unterstützen Sie unsere journalistische Arbeit im Kreis Neuwied mit einer einmaligen Spende über PayPal oder einem monatlichen Unterstützer-Abo über unseren Partner Steady. Nur durch Ihre Mithilfe können wir weiterhin eine ausgiebige Berichterstattung garantieren. Vielen Dank! Mehr Infos.




Anmeldung zum NR-Kurier Newsletter


Mit unserem kostenlosen Newsletter erhalten Sie täglich einen Überblick über die aktuellen Nachrichten aus dem Kreis Neuwied.

» zur Anmeldung



Aktuelle Artikel aus der Region


Klimabänke im Naturpark Rhein-Westerwald: Ein informativer Blick auf unseren CO2-Fußabdruck

Linz am Rhein. Alles, was in unserem Leben hergestellt, bewegt und verkauft wird, verbraucht Energie und setzt dabei CO₂ ...

Anklage wegen Mordes: 34-jähriger Italiener soll ehemalige Lebensgefährtin getötet haben

Koblenz/Neuwied. Der Angeklagte, ein italienischer Staatsangehöriger, wird beschuldigt, am 22. Dezember 2023 seine ehemalige ...

Bad Hönningen tritt in die Pedale für den Klimaschutz: Stadtradeln-Kampagne lädt ein

Bad Hönningen. Die Verbandsgemeinde Bad Hönningen lädt dazu ein, 20 Tage lang möglichst viele Wege mit dem Fahrrad zurückzulegen. ...

"Wir Westerwälder" unterstützt das Pendlernetz von ADAC und Schwarz Mobility Solutions

Westerwald. Mit dieser Plattform baut der Club sein Angebot für eine klimaschonende Mobilität weiter aus. "Mit dem Pendlernetz ...

Programm "MindMatters" fördert psychische Gesundheit an Schulen

Koblenz. Zu der Fortführung des Prpgramms haben sich die Barmer, die Unfallkasse Rheinland-Pfalz, das Bildungsministerium ...

Ein Abend mit dem Tierschutz Siebengebirge in Unkel

Unkel. Warum gibt es immer noch so viele verwilderte Hauskatzen? Warum stehen die Tierheime und Tierschutzvereine vor dem ...

Weitere Artikel


Weeser fordert Öffnungsmodus: Virus hört nicht an Grenzen auf

Berlin/Kreisgebiet. "Wir müssen schauen, wie wir jetzt in den Öffnungsmodus kommen. Wir sollten uns auf Infektionsherde konzentrieren, ...

Erlebnispaket zum Wanderweg „Montabäurer Mären“ ausgebaut

Montabaur. Der Clou: Es funktioniert wie eine App, aber online und offline, falls es unterwegs mal keinen Handy-Empfang gibt. ...

Ein Einsatz der besonderen Art

Mündersbach/Herrschbach. Bevor Wiesen gemäht werden, ist es eine sinnvolle Methode, mittels einer Drohne mit Wärmebildkamera ...

Was bedeutet "Wiederaufbaufonds der Europäischen Kommission"?

Brüssel/Westerburg. Zusätzlich soll der Mehrjährige Finanzrahmen auf 1,1 Billionen Euro aufgestockt werden. Insgesamt stehen, ...

Corona: Welche Probleme gibt es in Seniorenheimen

Bad Hönningen. Der 1. Kreisbeigeordnete Michael Mahlert und die zuständige Fachabteilung in der Kreisverwaltung Neuwied planen ...

„Insektensommer“ startet heute

Holler. Beinahe eine Million Insektenarten sind bisher wissenschaftlich beschrieben worden. Damit sind mehr als 60 Prozent ...

Werbung