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Nachricht vom 29.05.2020    

Was bedeutet "Wiederaufbaufonds der Europäischen Kommission"?

In seinem neuesten „Brief aus Brüssel“ erklärt der Westerwälder Europaabgeordnete Ralf Seekatz verständlich Struktur und Bedeutung des gerade von Ursula von der Leyen vorgestellten Wiederaufbaufonds der Europäischen Kommission, in dem 750 Milliarden Euro von der Europäischen Union bereitgestellt werden sollen, um die Folgen der „Corona-Krise" abzufedern und der europäischen Wirtschaft wieder auf die Beine zu helfen.

Ralf Seekatz MdEP

Brüssel/Westerburg. Zusätzlich soll der Mehrjährige Finanzrahmen auf 1,1 Billionen Euro aufgestockt werden. Insgesamt stehen, mit den schon beschlossenen 540 Milliarden Euro des ersten „Corona-Sicherheitsnetzes", in den nächsten sieben Jahren also über 2,4 Billionen Euro zur Verfügung.

Die Vorschläge der EU-Kommission für einen europäischen Wiederaufbaufonds und ein ambitioniertes mehrjähriges EU-Budget sind ein historisches Signal der europäischen Einheit.

Welche Bedingungen müssen erfüllt werden, um Geld erhalten zu können?
Regierungen die an Geldern interessiert sind, reichen in Brüssel einen Wiederaufbau- und Reformplan ein. Dieser darf den politischen Prioritäten der EU nicht widersprechen. Das heißt gefördert wird nur was die Widerstandsfähigkeit der europäischen Wirtschaft erhöht, die Digitalisierung vorantreibt, den Katastrophen- und Bevölkerungsschutz verbessert und den Klimaschutz stärkt. Das heißt: Es gibt kein Geld für nationale Haushalte oder Sozialsysteme!

Wie und in welcher Höhe sollen die Hilfen verteilt werden?
Der Wiederaufbaufonds fußt auf drei Säulen: In Säule eins bekommen zunächst die ökonomisch am schwersten getroffenen Länder eine direkte finanzielle Unterstützung. Dies sieht in den Plänen der Kommission wie folgt aus: Italien erhält an erster Stelle 81,8 Milliarden Euro, sowie 90,9 Milliarden Euro als Kredit. Spanien erhält 77,3 Milliarden Euro und 63,1 Milliarden Euro als Kredit. Frankreich erhält 38,8 Milliarden Euro und keinen Kredit. Deutschland, als am fünftstärksten betroffenes Land, bekommt noch 28,8 Milliarden Euro und ebenfalls keinen Kredit.

Säule zwei soll dafür sorgen, dass die europäische Wirtschaft wieder angestoßen wird. Dafür gibt es drei Programme: Der inzwischen in Invest-EU umgetaufte Juncker-Plan soll aufgestockt werden. Zweitens soll es ein ähnliches Programm zur Förderung von Schlüsseltechnologien wie dem pharmazeutischen Sektor geben. Drittens will die EU-Kommission Unternehmen vorübergehend helfen, ihre Eigenkapitalbasis zu stärken. Die Programme funktionieren alle nach demselben Prinzip. Die Europäische Kommission übernimmt mit einer relativ kleinen Summe das Hauptausfallrisiko der Projekte und macht sie damit für Investoren attraktiv. So werden dann aus 31 Milliarden für das „Solvenz-Programm" 300 Milliarden Euro.

In der dritten Säule sollen vor allem Programme für die Forschung oder die Nachbarschaftshilfe aufgestockt werden. Hinzu kommt ein neues Gesundheitsprogramm von 9,4 Milliarden Euro. So soll die Fähigkeit erhöht werden, schneller auf vergleichbare Krisen zu reagieren, aber gleichzeitig auch Geld für die Vorratshaltung von medizinischem Material und Tests bereitstehen.



Wer genehmigt die Hilfszahlungen?
Die EU-Kommission sieht vor, dass sie selbst, nach Rücksprache mit den einzelnen Fachausschüssen der Mitgliedsstaaten, die Genehmigungen ausspricht. Bei diesen Rekordsummen muss auch vor dem höchsten gewählten Gremium Europas, dem Europäischen Parlament, Rechenschaft über die Verwendung der Gelder abgelegt werden!

Wie wird das alles finanziert?
Die EU-Kommission will Anleihen mit einer Laufzeit von bis zu 30 Jahren auf den Finanzmärkten platzieren. Kurzfristige Papiere sollen umgeschuldet werden. Ab 2027 sollen die Schulden von allen EU-Staaten gemeinsam getilgt werden. Dafür gibt es drei Möglichkeiten: höhere EU-Haushaltsbeiträge der Mitgliedstaaten, Einsparungen im EU-Haushalt oder die Einführung einer europäischen Abgabe.

Was ist der Unterschied zu „Eurobonds"?
Die jetzt geplanten EU-Schulden sind nach obenhin begrenzt, befristet, und sie sollen eine absolute Ausnahme bleiben. Die EU-Staaten haften dafür nur gemäß ihres Anteils an der jährlichen Wirtschaftsleistung (im Falle Deutschlands also für 27 Prozent). Es wird keine gesamtschuldnerische Haftung wie bei Eurobonds geben.

Wie geht es nach der Vorstellung des Plans durch Ursula von der Leyen weiter?
Beim EU-Gipfel am 18. Juni sollen die Regierungschefs der EU-Staaten die heute vorgestellten Pläne beschließen. Bis dahin bedarf es noch einiges an Überzeugungsarbeit. Österreich und die Niederlande wollen bisher nicht zustimmen.

Am 1. September soll mit der Auszahlung von Geldern begonnen werden. In diesem Jahr aber noch beitrags- und nicht schuldenfinanziert. Da in vielen Ländern diese Pläne erst noch von den Parlamenten ratifiziert werden müssen, kann eine Ausgabe der Anleihen am Kapitalmarkt frühesten am 1. Januar 2021 beginnen.

Um nicht alles auf die Schultern der kommenden Generationen zu lasten, verlangt die EVP-Fraktion zeitgleich zum Wiederaufbauplan die Verabschiedung eines gemeinsamen Rückzahlplans.

„Uns allen ist bewusst, dass es um Summen in Rekordhöhe geht. Ohne diese Kraftanstrengung wird unser finanzieller Wohlstand aber in ganz Europa einbrechen. Ohne eine starke europäische Binnenwirtschaft wird auch Deutschland massive Verluste hinnehmen müssen.“, schließt Ralf Seekatz. (PM)



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