Neuwieder VHS blickt auf 100-jährige Geschichte zurück
Für geringe Beträge einer möglichst großen Zahl von Bürgern eine fundierte Allgemeinbildung ermöglichen: Das war das Ziel, mit dem vor mehr als einem Jahrhundert die Volkshochschulen in Deutschland gegründet wurden – in wirtschaftlich extrem schwierigen Zeiten.
Neuwied. Nachdem die Volkshochschule Neuwied „Die Brücke“ im vergangenen Jahr das Jubiläum „100 Jahre Volkshochschule in öffentlicher Verantwortung“ unter Federführung des Deutschen Volkshochschul-Verbands mitgefeiert hat, steht nun ein ganz besonderer Jahrestag an: Die Neuwieder VHS wird am 18. Mai 2020 genau 100 Jahre alt.
An jenem 18. Mai 1920, einem Dienstag, wurde auf Initiative des Lehrers Dr. Otto Kopelke in der Aula des Neuwieder Oberlyzeums, dem heutigen Rhein-Wied-Gymnasium, die Volkshochschule Neuwied gegründet. Als Aufgabe der Volkshochschule definierte Kopelke schon damals „ein verbindendes Gemeinschaftsbewusstsein zu schaffen mit einer neuen, gemeinsamen Kultur“. Ein Mann mit Weitblick: Denn dieser Aufgabe fühlt sich die Weiterbildungseinrichtung auch heute noch verpflichtet. Das Programm war seinerzeit unterteilt in die Bereiche Geschichte, Literatur, Angewandtes Rechnern und Philosophie. 1925 folgte Dr. Walter Steinert auf Kopelke. Steinert erlebte den Aufstieg der Nationalsozialisten und die dadurch auferlegte Zwangspause für die VHS, die im März 1934 begann und bis 1946 andauerte.
In den 1950er- und 1960er-Jahren standen neben der Allgemeinbildung die künstlerische Selbstverwirklichung im Mittelpunkt der VHS-Kurse. 1973 kam es zu entscheidenden organisatorischen Änderungen in der VHS-Struktur. Dieter Melsbach wurde als erster hauptamtlicher Leiter eingestellt, gleichzeitig ging die Musikschule als neue VHS-Abteilung an den Start. Die staatliche Anerkennung erfolgte 1977.
Von hoher Bedeutung für die weitere Entwicklung der VHS war das Jahr 1983. Fanden die Kurse der Weiterbildungseinrichtung bis dato noch in bis zu 20 unterschiedlichen Schulen im Umkreis von Neuwied statt, so bezog die VHS zum Jahresende ihr erstes eigenes Haus in der Bahnhofsstraße. Damals erhielt sie auch ihren Beinamen „Die Brücke“, der treffend den Auftrag der VHS widerspiegelt: „Brücken zu schlagen“. Die VHS gilt als der Lernort, der allen Menschen – gleich welchen Alters, welcher Nationalität und welchen Glaubens – zugänglich ist. Sie deckt mit ihrem breit gefächerten Angebot ein immenses Spektrum von Themen ab und bringt so viele unterschiedliche Menschen zusammen, die Wissensdrang und gemeinsames Lernen verbindet.
Die 1980er- und 90er Jahre sind wohl die erfolgreichsten in der Geschichte der VHS, die Einrichtung zählt zu den größten im ganzen Land. Immer wichtiger wird der Bereich „Berufliche Fortbildung“. 1999 erfolgt die Änderung der Rechtsform, die VHS wird zu einem Eigenbetrieb, was die unternehmerische Selbstständigkeit fördert. Gleichzeitig ist den Verantwortlichen klar, dass das bisherige Gebäude stark sanierungsbedürftig ist und unter Platzmangel leidet. Eine Lösung für diese Probleme, die zudem eine perfekte Infrastruktur vorhält, findet sich 2004. In diesem Jahr stellt die Stadt der VHS an der Heddesdorfer Straße einen völlig sanierten und behindertengerechten Komplex zur Verfügung - Lehrküche, Kunstwerkstätten und Gymnastikraum inklusive. Die Qualität ihrer Arbeit lässt sich die VHS mittlerweile regelmäßig von offizieller Seite zertifizieren. Mit dem neuen Jahrzehnt geht erneut eine Änderung der Rechtsform einher. Die VHS (und mit ihr die Musikschule) ist seit 2020 kein Eigenbetrieb mehr, sondern als Amt 43 wieder Teil der Ämterstruktur der Stadtverwaltung.
Für Bürgermeister und Schuldezernent Michael Mang ist damit der Weg für eine weitere erfolgreiche Zukunft gesichert. „In Zeiten gesellschaftlicher Umbrüche kommt der VHS mit ihrer lebensbegleitenden Bildung eine besondere Bedeutung zu“, betont Mang. „Gerade durch die gesellschaftliche, kulturelle und personelle Vielfalt hat sie sich auf den Weg zu einer diversitätsorientierten Bildungseinrichtung gemacht. Dieser Prozess ist für die VHS niemals abgeschlossen, sondern erfordert die stete Weiterentwicklung aller Beteiligten.“
Bürgermeister Mang und VHS-Amtsleiterin Jutta Günther bedauern vor dem Hintergrund der durch die Bekämpfung der Corona-Pandemie erforderlichen Einschränkungen, dass die 100-Jahr-Feier der Volkshochschule Neuwied nicht im ursprünglich angedachten großen Rahmen gefeiert werden kann. Beide sind sich jedoch sicher: „Die Feier wird nachgeholt. Das sind wir unserem guten Ruf als vertrauter Ort des Lernens und Begegnens schuldig. Dann werden wir mit unseren hoch qualifizierten Dozentinnen und Dozenten auch wieder unser ganzes Potenzial unter Beweis stellen.“
Die Leiter der Volkshochschule Neuwied:
Dr. Otto Kopelke, 1920-1925,
Dr. Walter Steinert, 1925-1934
Dr. Wilhelm Dinnendahl, 1946-1968,
Wilhelm Japtok, 1968-1973,
Dieter Melsbach, 1973-2006 -
Doppelspitze ab 2006:
Henriette Meinhardt-Bocklet, 2006-2012, pädagogische Leitung;
Hertha Ries, 2006-2015, Verwaltungsleitung
Jutta Golinski, 2012-2016, pädagogische Leitung
Michael Mang, als Dezernent kommissarische Leitung 2016-2019
Jutta Günther, Verwaltungsleitung 2016-2019, ab 2020 Amtsleiterin
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