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Nachricht vom 01.02.2020    

Lebensmittelpreise spiegeln den Wert der Landwirtschaft nicht wider

Die Neuwieder Bauern stehen in vielerlei Hinsicht vor großen Herausforderungen: Darauf hat der Kreisbauernverband im Informationsgespräch mit der Bundestagsabgeordneten Sandra Weeser (FDP) hingewiesen. Auf dem Biobetrieb des Landwirts Thomas Wilsberg in Oberplag tauschten sich die Landwirte mit der Politikerin über politische und gesellschaftliche Schwierigkeiten aus, mit denen die etwa 360 Haupt- und Nebenerwerbsbauern im Kreis Neuwied konfrontiert sind.

Foto: pr

Oberplag. Gastgeber Thomas Wilsberg legte dar, wie er seinen Betrieb in 2009 von der Milchviehhaltung auf Mutterkuhhaltung umgestellt und zum Biobetrieb entwickelt hat: „Die unzureichenden Erzeugerpreise, arbeitswirtschaftliche Fragen und die fehlende Planungssicherheit für Investitionen haben für diesen Schritt den Ausschlag gegeben.“ Seine Kühe vermarktet Wilsberg über Viehhändler: „Bei den Schlachtbetrieben sind aufgrund der stetig steigenden Auflagen und dem sich verändernden Konsumverhalten in der Gesellschaft leider in den letzten Jahren die erforderlichen Strukturen in erheblichem Maße weggebrochen.“ Immerhin werde als Vermarktungsoption gerade eine Zusammenarbeit mit regionaler Gastronomie vorbereitet.

Kritisch betrachteten die anwesenden Bauern vor diesem Hintergrund das geplante Freihandelsabkommen mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten, das ein Kontingent für zollfreien Import von Rindfleisch vorsieht. „Bei uns bricht die Erzeugung aufgrund von ständig neuen und teuren Produktionsauflagen weg, während wir gleichzeitig Fleisch importieren, dessen Erzeugung wir nicht annähernd so lückenlos nachvollziehen können“, fasste Kreisvorsitzender Ulrich Schreiber die Kritik der Landwirte hieran zusammen. Die Abgeordnete Weeser versuchte, den Bauern ihre Ängste zu nehmen und wies darauf hin, dass das Abkommen dem Handel von Industrie- und Landwirtschaftsprodukten einen stabilen Rechtsrahmen gebe, der auch die Einhaltung bestimmter Produktionsstandards und den Schutz von über 350 Herkunftsbezeichnungen gewährleiste. „Außerdem ist das Jahreskontingent von 99.000 Tonnen weniger als ein Prozent des europäischen Verbrauchs, für jeden Bundesbürger wäre das gerade mal ein kleines Steak von 243 Gramm.“

Großes Unverständnis war bei den Bauern bezüglich der derzeitigen Diskussionen um eine erneute Verschärfung der Düngeverordnung zu spüren. „Wir Bauern stehen für den Grundwasserschutz ein. Wir haben zuletzt mit der Düngeverordnung von 2017 einen weiteren großen Schritt dahin getan, landwirtschaftliche Einflüsse auf die Grundwasserqualität zu vermeiden“, betonte Ulrich Schreiber. „Die nun geplanten Verschärfungen in sogenannten roten Gebieten tragen wir jedoch aus zwei Gründen nicht mit: Zum einen ist die Abgrenzung dieser Gebiete nach unserer Auffassung häufig fehlerhaft, weil die zugrunde liegenden Messstellen nicht repräsentativ sind. Zum anderen sind die geplanten Auflagen fachlich nicht nachvollziehbar. Sie verhindern eine ausreichende Pflanzenernährung und sind teilweise dem Grundwasserschutz sogar abträglich.“ Hier forderte der Kreisvorsitzende die Politik auf, bei der Gesetzgebung auch die Erfahrung und das Wissen der praktischen Landwirte einzubeziehen. Sandra Weeser versteht die Sorgen der Bauern: „Kein Bauer düngt freiwillig zu viel – das kostet ja. In der Diskussion um die Düngeverordnung stellt die Bundesregierung die Bauern quasi unter Generalverdacht – das geht nicht.“



Überdies beklagten die Landwirte die große Kluft zwischen den hohen Ansprüchen, welche die Gesellschaft an die Landwirtschaft stelle, und der niedrigen Bereitschaft, die Erfüllung dieser Ansprüche auch durch angemessene Lebensmittelpreise zu honorieren. „Hier müssen wir uns als Gesellschaft einen Spiegel vorhalten“, stimmte Weeser zu. „In keinem anderen europäischen Land ist der Anteil des verfügbaren Einkommens, der für Ernährung ausgegeben wird, niedriger als in Deutschland.“ Der Verbraucher könne aber durchaus durch verantwortliches Konsumieren seinen Beitrag zur Lösung dieses Widerstreites leisten. „Tierschutz- und Umweltforderungen passen nicht mit Hähnchenschenkeln für 25 Cent zusammen“. (PM)



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