Werbung

Nachricht vom 02.10.2018    

Kritik an Kita-Novelle: "Inhalte und Verfahren sind Zumutung"

Lange von der Fachpraxis erwartet, liegt der Entwurf des neuen rheinland-pfälzischen Kindertagesstättengesetzes nun als Kita-Zukunftsgesetz auf dem Tisch. Im Neuwieder Kreishaus sieht man den mit gemischten Gefühlen. „Unterm Strich bedeutet die Kita-Novelle eine deutlich größere finanzielle Belastung für den Landkreis und die Kommunen. Und Praxistauglichkeit sieht anders aus", zieht Landrat Achim Hallerbach sein Fazit.

Lange von der Fachpraxis erwartet, liegt der Entwurf des neuen rheinland-pfälzischen Kindertagesstättengesetzes nun als Kita-Zukunftsgesetz auf dem Tisch. "Praxistauglichkeit sieht anders aus", zieht Landrat Achim Hallerbach, hier beim Besuch einer Kita im Kreis Neuwied, sein Fazit. Foto KV Neuwied

Kreis Neuwied. „Einige Punkte greifen zum Teil das auf, was wir lange eingefordert haben. Das können wir dem Grunde nach nur begrüßen", so Landrat Hallerbach in einer Stellungnahme. Das gilt z.B. für den Verzicht auf vielfach nicht mehr praktizierte Gruppenformen und eine – auf den ersten Blick – verbesserte Personalisierung oder die verbindliche Festschreibung von Leitungskontingenten, die teilweise auf eine Verwaltungskraft übertragen werden können. Auch das Abrechnungsprozedere soll demnach in Zukunft spürbar einfacher werden.

Allerdings sieht Landrat Achim Hallerbach längst nicht alle Erwartungen an die Kita-Novelle erfüllt. Als „Knackpunkte", bezeichnet er u.a. die Festschreibung auf eine durchgehende Betreuungszeit von sieben Stunden täglich. Das sei im Ansatz auch mit Mittagessen sicher gut gemeint, helfe jedoch Alleinerziehenden und zahlreichen Berufstätigen noch lange nicht ausreichend weiter. „Denn für viele Familien wird so die Vereinbarkeit von Familie und Beruf nicht gelingen und sie benötigen auch zukünftig eine möglichst umfassende ganztägige Betreuung. Der Bedarf an Ganztagsplätzen ist deutlich höher als das Land dies anerkennen will und auch die Öffnungszeiten müssen sich nach den Lebens- und Berufswirklichkeiten orientieren", fordert Achim Hallerbach. Verbesserungen könne es hier nur mit höheren Personalquoten geben.

Ebenfalls müsse die Personalbemessung für das gesamte Kindergartenjahr gelten und dürfe nicht erst mit der Belegung mitwachsen. Hier haben wir Klärungs- und Nachbesserungsbedarf. „Mit dieser Regelung gewinnen wir weder Personal in den Kitas noch wird eine verlässliche Personalplanung ermöglicht", betont der Landrat. Zugleich sei die Personalbemessung noch nicht ausreichend, um einen wirklich guten Betreuungsschlüssel zu erreichen. Hier zeige sich der Gesetzentwurf noch weit weg von der Realität in den Kindertagesstätten. Ein Blick in die Studie der Bertelsmann-Stiftung hätte geholfen.

Die Zuweisung, die das Land den Trägern der örtlichen Jugendämter gewähren wird zur Finanzierung der Personalkosten falle zukünftig deutlich geringer aus als die vergleichbaren Zuwendungen bisher. Das werde zu Lasten des Kreishaushaltes gehen. Außerdem soll sich künftig eine Unterschreitung der Maximalbelegung um mehr als acht Prozent nachteilig auf die Zuweisungen des Landes an die einzelnen Jugendämter auswirken. Landrat Achim Hallerbach: „Das belastet den Kreis finanziell gleich mehrfach und der Qualität der pädagogischen Arbeit erweist man einen Bärendienst".



Einen weiteren „schwarzen Peter" erhalten die Jugendämter zugeschoben. Waren bislang die Höhe Eigenanteile der Träger an den Personalkosten landeseinheitlich gesetzlich geregelt, soll es künftig keine Festlegung des Trägeranteils mehr geben. Damit bürdet man den örtlichen Jugendämtern eine Aufgabe auf, die dem Grunde nach vom Landesgesetzgeber geregelt werden müsste. Hier kneife das Land und schiebe die Verantwortung auf die Kreise und Städte. Der Landrat befürchtet, dass damit die kirchlichen und freien Träger mittelfristig sogar aus der Kita-Betriebsträgerschaft aussteigen könnten und die Kommunen die Aufgabe übernehmen werden. Dies widerspreche der bisherigen gesetzlichen Zielsetzung, werde aber allein aus finanzieller Sicht die logische Konsequenz sein.

Die Regelung wird finanziell letztlich zu Lasten der Landkreise gehen, ist sich Hallerbach sicher. Hier sieht Hallerbach den Landesgesetzgeber in der Pflicht, einheitliche Mindeststandards im Land sicherzustellen.

Alles in allem könnte man beim Blick auf den Entwurf des neuen Kita-Zukunftsgesetzes frei nach Horaz sagen: „Der Berg kreißte und gebar allenfalls eine Maus", so das vorläufige Fazit von Landrat Achim Hallerbach. Die Interessen des Landkreises und wohl auch der Kitas und Träger hat der Kreis bereits gegenüber dem Kommunalen Spitzenverband formuliert. „Wir erwarten da seitens des Landes noch deutliche Nachbesserungen", bringt der Landrat seine Erwartungen zum Ausdruck.



Lesen Sie gerne und oft unsere Artikel? Dann helfen Sie uns und unterstützen Sie unsere journalistische Arbeit im Kreis Neuwied mit einer einmaligen Spende über PayPal oder einem monatlichen Unterstützer-Abo über unseren Partner Steady. Nur durch Ihre Mithilfe können wir weiterhin eine ausgiebige Berichterstattung garantieren. Vielen Dank! Mehr Infos.



Lokales: Neuwied & Umgebung

Jetzt Fan der NR-Kurier.de Lokalausgabe Neuwied auf Facebook werden!


Anmeldung zum NR-Kurier Newsletter


Mit unserem kostenlosen Newsletter erhalten Sie täglich einen Überblick über die aktuellen Nachrichten aus dem Kreis Neuwied.

» zur Anmeldung



Aktuelle Artikel aus der Politik


Freie Wähler stellen erstmals Liste zur Kommunalwahl in Bad Hönningen auf

Bad Hönningen. Ehrengast Stephan Wefelscheid, MdL und parlamentarischer Geschäftsführer der Freien Wähler Landtagsfraktion ...

CDU Neuwied: Windkraft-Standorte sind ein guter Kompromiss aller Interessen

Neuwied. "Die Energie- und Klimakrise waren und sind ohne Frage ein Treiber. Wir brauchen ein tragfähiges Konzept, das wirtschaftlich, ...

Weeser: Bezahlkarte für Asylbewerber reduziert Anreize für irreguläre Migration

Region. Die Initiative zur Umstellung auf Bezahlkarten kam von den Freien Demokraten im Deutschen Bundestag. Zuvor hatte ...

Infoabend der CDU-Vettelschoß: "Miteinander reden - gemeinsam gestalten"

Vettelschoß. In der Veranstaltung stellen auch die CDU-Kandidaten aktiv Themen und Schwerpunkte ihrer Arbeit im nächsten ...

SPD Linz stellt Stadtratsliste für die Kommunalwahl 2024 auf

Linz. Dieter Lehmann, langjähriger Fraktionsvorsitzender der SPD im Linzer Stadtrat, führt die Liste an und kann auf eine ...

SPD-Ortsverein der VG Puderbach wählt Liste für Verbandsgemeindewahl

Urbach. Zu Beginn der Mitgliederversammlung begrüßte der Ortsvereinsvorsitzende Thomas Eckart ein neues Parteimitglied und ...

Weitere Artikel


Axel Hacke liest in der Krupp’schen Halle

Bendorf. Was bedeutet es eigentlich für jeden Einzelnen, wenn Lüge, Rücksichtslosigkeit und Niedertracht an die Macht drängen ...

BHAG-Cup 2018 war ein Erfolg

Rheinbreitbach. Einsatz, Können und Fairness waren die entscheidenden Aspekte beim diesjährigen Turnier. Zudem hatten die ...

So kam EIRENE nach Neuwied: Erinnerung an Paul Gentner

Neuwied. Nach einem Friedensgottesdienst in der Herrnhuter Brüdergemeine ging die Erinnerungsfeier im Gemeindesaal der Marktkirche ...

Wohnhausbrand in Peterslahr: Rund 30 Feuerwehrleute im Einsatz

Peterslahr. Zu einem Gebäudebrand wurden die freiwilligen Feuerwehren Oberlahr, Flammersfeld und Pleckhausen gegen 12.20 ...

Flyer zur Deutschen Limesstraße in Rheinland-Pfalz erschienen

Hillscheid. Der Obergermanisch-Raetische Limes in Deutschland, mit einer Länge von 550 Kilometer, ist das längste Bodendenkmal ...

Siegerehrung „Unser Dorf hat Zukunft“

Linkenbach. Alle teilnehmenden Orte hatte die Kreisverwaltung nach Linkenbach zur Siegerehrung eingeladen. Linkenbach war ...

Werbung