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Nachricht vom 06.03.2017    

Das häusliche Arbeitszimmer und der Fiskus

Immer mehr Arbeitnehmer/innen arbeiten per Home-Office und haben ein häusliches Arbeitszimmer. Kein Wunder also, dass sich viele immer wieder die Frage stellen, wann die Kosten für ein solches Arbeitszimmer absetzbar sind und wann nicht. Der Bundesfinanzhof hat im letzten Jahr dazu mit einem Urteil für mehr Klarheit gesorgt.

Symbolfoto

Region. Grundsätzlich, so wird in einem Schreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF, März 2011) klargestellt, dürfen Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden. Aber: keine Regel ohne Ausnahme. Unter bestimmten Voraussetzungen dürfen die entsprechenden Ausgaben unbeschränkt abgezogen werden.

Ein häusliches Arbeitszimmer ist in der Regel steuerlich relevant, wenn es gemäß seiner Lage, Funktion und Ausstattung in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden ist. Es muss nahezu ausschließlich, das heißt zu circa 90 Prozent, der Erledigung gedanklicher, schriftlicher, verwaltungstechnischer oder organisatorischer Arbeiten dienen. Aber auch bei künstlerischer oder schriftstellerischer Tätigkeit kann es sich um eine anerkennungsfähige Nutzung handeln. Und die Definition bezieht sich nicht zwangsläufig nur auf Wohnräume. Es könnte auch ein Keller sein, zum Beispiel für einen übenden Musiker, oder eine Mansarde, wenn die Räumlichkeiten aufgrund der unmittelbaren Nähe mit den privaten Wohnräumen als Wohneinheit verbunden sind. Lange Zeit war es streitig, ob eine betriebliche/berufliche Nutzung von mehr als 90 Prozent Voraussetzung für das Vorliegen eines häuslichen Arbeitszimmers ist und ob die Aufwendungen bei einer gemischten Nutzung aufgeteilt und anteilig steuerlich berücksichtigt werden können. Diese Frage hat der große Senat des Bundesfinanzhofes (BFH) im Jahr 2016 entschieden und einen Abzug der Mischaufwendungen ausgeschlossen.

Kosten unbegrenzt abzugsfähig
Sind die Voraussetzungen an ein häusliches Arbeitszimmer erfüllt und bildet es den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung des Steuerpflichtigen ab, ist die steuerliche Anerkennung relativ einfach. In einem solchen Fall können alle anfallenden und entsprechend nachgewiesenen Aufwendungen unbegrenzt als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abgezogen werden. Vergleichbares gilt, wenn etwa ein Raum außerhalb der eigentlichen Wohnung oder des Hauses in einer Fremdimmobilie angemietet wird. Dann handelt es sich um ein "außerhäusliches" Arbeitszimmer mit der Folge, dass alle Kosten abzugsfähig sind. Grundsätzlich sind darüber hinaus Kosten für Arbeitsmittel steuermindernd abzugsfähig. Dies sind Kosten für PC, Büromöbel (Schreibtisch, Schreibtischstuhl und -lampe sowie Bücherregal) und Arbeitsmaterialien (Fachliteratur, Kugelschreiber, Papier). Auch hier bestehen allerdings Abgrenzungsschwierigkeiten und die Gefahr, dass die Aufwendungen die Kosten der allgemeinen Lebensführung berühren.

Ein eingeschränkter Kostenabzug kann in den Fällen gewährt werden, in denen für die berufliche und betriebliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Hier wird ein Ausgabenabzug bis zu einer Höhe von 1.250 Euro jährlich zugelassen. In diesen Fällen sind alle steuermindernden Aufwendungen einzeln nachzuweisen. Klassische Beispiele hierfür sind Lehrer oder Außendienstmitarbeiter, die in der Schule oder beim Arbeitgeber über keinen eigenen Arbeitsplatz verfügen. Nutzen mehrere Steuerpflichtige ein häusliches Arbeitszimmer gemeinsam, kann jeder Nutzende seine Kosten für das häusliche Arbeitszimmer geltend machen. Voraussetzung dafür ist, dass jedem Nutzer in dem Arbeitszimmer ein für seine berufliche Tätigkeit in dem erforderlichen Umfang eingerichteter Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Mit der neusten Entscheidung des BFH vom 15. Dezember 2016 (Az. VI R 53/12 und Az. VI R 86/13) kann nun jeder Nutzer den Höchstbetrag von 1.250 Euro für sich geltend machen.



Ist ein Arbeitszimmer als solches anerkannt, können beispielsweise anteilig folgende Aufwendungen abzugsfähig sein: Miete, Gebäude-Afa, Sonderabschreibungen, Erhaltungsaufwand, Schuldzinsen für Kredite, die zur Anschaffung, Herstellung oder Reparatur des Gebäudes genutzt wurden, Wasser-, Energie- und Reinigungskosten ebenso wie Müllabfuhr und Gebäudeversicherungskosten.

Beispiel: Streitfall Mehrfachanerkennung
In einem beim BFH bereits entschiedenen Verfahren (Az. X R 49/11) nutzte der Steuerpflichtige sein Arbeitszimmer für unterschiedliche Tätigkeiten. Dabei ging es um Arbeiten aus nicht selbstständiger Beschäftigung, selbstständiger Tätigkeit und darüber hinaus um Tätigkeiten im Rahmen eines Gewerbebetriebes. Deshalb begehrte er eine dreifache Anerkennung des Höchstbetrages von 1.250 Euro, die letztlich der BFH jedoch versagte, weil generell sämtliche Kosten für ein Arbeitszimmer nur abziehbar sind, wenn es den ausschließlichen Mittelpunkt aller Tätigkeiten darstellt. Auch in einem anderen Fall, einem noch nicht rechtskräftigen Urteil vom 25. Februar 2015 (Az. 2 K 1595/13), folgte das FG Rheinland-Pfalz der Auffassung des beklagten Finanzamtes und lehnte die steuerlich geltend gemachten Kosten für zwei Arbeitszimmer ab. Hier ging es darum, dass ein sowohl selbstständig als auch nicht selbstständig tätiger Steuerzahler mit zwei Wohnsitzen an beiden Orten die Kosten für je ein Arbeitszimmer geltend machen wollte. Das beklagte Finanzamt erkannte jedoch den Höchstbetrag von 1.250 Euro nur einmal an, unter anderem mit der Begründung, dass dieser Höchstbetrag personen- und objektbezogen und deshalb auch nur einmal jährlich anerkennungsfähig sei.


Der strenge Umgang mit dem Abzugsverbot der Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer liegt in der Schwierigkeit der Überprüfung, weil dies ein Eindringen in die Privatsphäre des Steuerpflichtigen erforderlich macht. Gleichzeitig ist die Unverletzlichkeit der Wohnung im Grundgesetz verankert. Dennoch ist eine Vielzahl von Gestaltungsmöglichkeiten vorhanden, um mit dem häuslichen Arbeitszimmer Steuervorteile zu erzielen. Mit den kürzlich ergangenen höchstrichterlich entschiedenen Sonderfällen wurde die Streitanfälligkeit dieser Thematik zwar eingegrenzt. Dennoch sollte bei der Komplexität der Materie idealerweise ein Steuerprofi herangezogen werden. Orientierungshilfe bei der Suche nach einem qualifizierten Berater gibt der Steuerberater-Suchdienst auf der Website der Steuerberaterkammer Rheinland-Pfalz unter www.sbk-rlp.de.



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