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Nachricht vom 23.10.2015    

In Bad Marienberg ein Zeichen für Miteinander gesetzt

Angst ist stets ein schlechter Ratgeber. Schwache Politik aber auch. In Bad Marienberg prallten zwei Lager von verunsicherten Bürgern aufeinander. Von der Polizei gut von einander abgeschirmt zogen Kritiker an der Flüchtlingspolitik durch die Innenstadt der Kurstadt. Die „Gegner von den Gegnern“ versammelten sich auf dem Marktplatz im Zentrum und setzten ein deutliches Zeichen gegen Fremdenhass.

Gegen Hass und Fremdenfeindlichkeit gingen in Bad Marienberg geschätzte 3000 Menschen auf die Straße. Fotos: Reinhard Panthel

Bad Marienberg. Weder Kundgebungen noch Demonstrationen sind dazu geeignet, die gegenwärtige Flüchtlingspolitik auf höchster Ebene und die damit verbundene Verunsicherung der Bürger zu entzerren. Es fehlt einfach eine klare politische Aussage mit erkennbaren Belastungsgrenzen, ein spürbares Miteinander aller Europäer und gezielteres Handeln der politisch Verantwortlichen. Bei dem gegenwärtigen Durcheinander wächst der Unmut der Bürger, die keine Antwort auf ihre berechtigten Fragen bekommen. Gut gemeinte Ratschläge und politische Parolen allein lösen keine Probleme.

Anders war es in der Kurstadt Bad Marienberg. Hier wurden so deutliche Zeichen gesetzt, dass ein Ruck durch die fast 3000 Versammelten spürbar wurde. Ministerpräsidentin Malu Dreyer war mehr als überrascht, als ihre klare Forderung für eine Willkommenskultur in Rheinland-Pfalz mit begeistertem Applaus und Hui-Wäller-Rufen eine nicht zu überhörende Zustimmung fand.

Stadtbürgermeisterin Sabine Willwacher fand die richtigen Worte zur Begrüßung aus gegebenem Anlass. So zahlreiche und hochkarätige politische Prominenz hatte es noch nie in der Kurstadt zuvor gegeben. Sie hatte allen Grund froh und stolz darüber zu sein, dass dem Aufruf zur Protestkundgebung und Mahnwache so viele Bürger aus allen Teilen des Westerwaldkreises gefolgt waren. Parlamentarier aus Ortsgemeinden, Verbandsgemeinden und Kreistagen des Westerwaldkreises und des Nachbarkreises Altenkirchen setzten durch ihre Anwesenheit ein deutliches Zeichen. Auch Politiker des Landtages Rheinland-Pfalz und einige Minister fühlten sich ebenso verpflichtet wie die CDU-Bundestagsabgeordneten Dr. Andreas Nick und Erwin Rüddel an diesem Abend deutlich Flagge zu zeigen gegen die Parolen der Demonstranten auf der Bismarckstraße, die zeitgleich ihrem Unmut gegen das Flüchtlingsaufnahmelager auf dem Stegskopf Ausdruck verliehen.

„Mit so viel Zuspruch und Solidarität hatte ich nicht gerechnet. Ich bin stolz auf Bad Marienberg, den Westerwald und auf jeden Einzelnen der versucht sich friedlich mit diesem Flüchtlingsthema auseinander zu setzen!“

Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) kam nicht allein, auch ihre Stellvertreterin Evelin Lemke (Grüne) zeigte Flagge in Bad Marienberg. Malu Dreyer lobte das Engagement der Westerwälder und des breiten Bündnisses, die Zeichen setzten für ein buntes Rheinland-Pfalz. „Wehret den Anfängen!“, mahnte sie und forderte null Toleranz gegen Menschenfeindlichkeit. „Wichtig ist, dass wir nicht schweigen oder einfach daheim sitzen“, merkte sie an und versicherte, „dass wir auf der Seite der Verfolgten stehen“. „Lasst den Rechten keine Chance und zeigt mehr Herz als Hass“. Man müsse dafür sorgen, dass sich die Gesellschaft nicht spalten lasse, rief sie in die Runde und erhielt dafür viel Beifall. „35 000 Flüchtlinge sind in Rheinland-Pfalz angekommen und 1500 Hilfesuchende ziehen Anfang November in die Unterkünfte des ehemaligen Militärlagers Stegskopf ein.“ Stadtbürgermeisterin Sabine Willwacher dankte der Ministerpräsidentin für diese klaren Aussagen.



Landrat Achim Schwickert freute sich ebenfalls über den guten Besuch dieser Veranstaltung von Menschen aus dem Westerwald und Kreis Altenkirchen. Er erinnerte an das Ende des zweiten Weltkrieges, als wir Deutschen auch auf die Hilfe anderer Menschen angewiesen waren, die uns nicht verwehrt wurde. Jetzt wären wir verpflichtet den Menschen zu helfen die bei uns Schutz und Hilfe erwarten. „Fallt nicht auf die Parolen der Hetzer herein“, mahnte er die Anwesenden. Er empfahl einen Pakt zu schmieden zwischen Bund, Land und Kommunen. Diese Forderung besiegelte er mit einem lautstarken „Hui Wäller!“

Deutliche Worte fanden auch der Gewerkschaftsvertreter der IG Metall und die beiden Geistlichen der evangelischen und katholischen Kirchen. Kerzen wurden entzündet und dann schloss sich eine Schweigeminute an, bevor die gelungene und aussagekräftige Kundgebung geschlossen werden konnte. Tief bewegt und beeindruckt traten die Menschen danach den Heimweg an. (repa)

Dazu ein Kommentar:
Viele politischen Köche verderben den Brei
Man nehme: jeweils eine Priese Intoleranz, religiösen Fanatismus, Unwissenheit und anerzogene Fremdenfeindlichkeit, füge alles zusammen und sorge dann dafür, dass „Gutmenschen“ und „Wutbürger“ als Köche fungieren. Lasse es auf kleiner Flamme lange genug köcheln und nach ein paar Stunden hat man eine ungenießbare Suppe.

Jetzt stellt sich die Frage: „Wer soll so etwas essen?“ Die schweigende Mehrheit in unserer Demokratie hat keinen Appetit mehr auf solche Menüs. Und dennoch wird diese Speise alltäglich angeboten. Man ekelt sich, wenn man das Fernsehen anschaut und Berichte über die im Sumpf stecken gebliebenen Flüchtlinge und deren Behandlung auf der Flucht ins christliche Abendland nachdenkt. Ist das die vielgepriesene Willkommenskultur in unserer westlichen Kultur?

Ist diese fremdenfeindliche Gesinnung erst jetzt bei uns in Deutschland spürbar geworden, obwohl in Syrien ein unmenschlicher Krieg den Menschen die Existenzgrundlage entzieht? Denken wir mal 70 Jahre zurück…. Als Deutschland in Schutt und Asche lag waren unsere „deutschen“ Flüchtlinge im Westerwald und anderswo auch nicht willkommen. Es waren deutsche Christen, die ihre zerbombte Heimat verloren oder aus Schlesien oder Ostpreußen vertrieben worden waren. Haben wir diese Menschen mit offenen Armen empfangen?

Was also können diese normalen Menschen aus Syrien dafür, dass sie Opfer verbrecherischer Politik wurden und derzeit um ihr nacktes Leben kämpfen und zu uns kommen? Zu uns nach Europa, wo doch alles viel besser ist. Wo aber auch deutlich wird, dass wir Europäer unseren eigenen Egoismus pflegen und lieber nehmen als geben. Wie hat es Bundeskanzlerin Angela Merkel formuliert: „Dann ist es nicht mein Land!“ Nach dieser Kundgebung in Bad Marienberg muss ich aber jetzt sagen: „Das ist mein Westerwald!“ Reinhard Panthel



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