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Nachricht vom 09.12.2014    

Leukämiepatient trifft seinen Lebensretter aus Rheinbrohl

Der 53-jährige Albert Bossink traf fünf Jahre nach der Transplantation fremder Stammzellen den Menschen, der ihm mit der Spende das Leben retten wollte. Auf dem Hof der Stefan-Morsch-Stiftung, Deutschlands ältester Stammzellspenderdatei, stehen sich zwei Menschen zum ersten Mal gegenüber und strahlen.

Erinnerungsfoto der ersten Begegnung. Albert Bossink (rechts), 53 Jahre aus Nordrhein-Westfalen, und Andreas Rosbach, 29 Jahre aus Rheinbrohl. Foto: privat

Rheinbrohl. Gerade haben sich die beiden Männer zum ersten Mal in ihrem Leben gesehen. Und trotzdem wirken beide vertraut – könnten Vater und Sohn sein oder gute Freunde. Tatsächlich aber hat der jüngere dem älteren das Leben gerettet – durch eine Stammzellspende.

Auf der Wand des Stiftungsgebäudes sieht man den Kopf eines Jungen: Stefan Morsch. Nach ihm wurde vor fast 30 Jahren die erste deutsche Stammzellspenderdatei benannt. Fast zwei Jahre nach seinem Tod. Stefan Morsch war der erste Europäer, dem durch eine Stammzelltransplantation die Chance auf Leben gegeben werden konnte. Diese Therapie von Leukämiepatienten war damals noch in den Anfängen. Stefan hatte die Idee eine Datei aufzubauen, die Stammzellspender registriert. Dann bekam der Junge kurz nach der Transplantation eine Lungenentzündung und starb daran. Aber die Hoffnung, dass man Menschen mit einer Stammzellspende das Leben retten kann, blieb. Und aus diesem Gedanken heraus haben Stefan Morschs Eltern die Stiftung zur Hilfe für Leukämie- und Tumorkranke gegründet: 1986.

Auch Albert Bossink hat Leukämie und Andreas Rosbach ist einer jener 380.000 Spender, die heute bei der Stefan-Morsch-Stiftung als Spender registriert sind. Weltweit gesehen ist er einer von mehr als 20 Millionen registrierten Stammzellspender. Alle diese Spender stehen über ein weltweit verbundenes Netzwerk von Spenderdateien bereit, um im Ernstfall Leben zu retten. Jeder von Ihnen ist einzigartig, genauso einzigartig wie die genetischen Merkmale, die jeder Mensch besitzt.

Albert Bossink, gebürtiger Niederländer, bekam vor fünf Jahren die Nachricht, dass er Leukämie hat. Es war 2008, als er nachts wegen Herzproblemen in ein Krankenhaus in Rheine (Kreis Steinfurt) eingeliefert wurde. Wenige Tage später stand die Diagnose fest: Multiples Myelom, eine Art von Leukämie. Bossink erinnert sich noch genau an den Moment, als der behandelnde Arzt ihm erklärte, dass die Krankheit nicht heilbar sei: „Dann ging er und ließ mich allein. Das war schrecklich.“ Er war verzweifelt, auch seine Familie war geschockt. Nach drei Tagen fasste er einen Entschluss: „Ich dachte, es muss jetzt weitergehen.“ Familie und Freunde sind für ihn da: „Eigentlich hatte keiner Scheu vor meiner Erkrankung. Wahrscheinlich, weil ich von Anfang an offen über die Krankheit gesprochen habe. Ich wurde von allen gut unterstützt. Die Krankheit war nicht immer im Vordergrund.“

Er wurde in ein Krankenhaus in Münster verlegt. Dort machten die Ärzte ihm Hoffnung: „Eine Stammzelltransplantation könnte mir vielleicht helfen, sagten sie.“ Eine solche Transplantation ist aber nur möglich, wenn sich ein Spender findet, der die gleichen genetischen Merkmale besitzt. Es wurde eine Suchabfrage über das Netzwerk der Stammzellspenderdateien gestartet. In der Datei der Stefan-Morsch-Stiftung wurde mit Andreas Rosbach der passende Spender für Albert Bossink gefunden: „Da wusste ich, es geht wieder ein Stück weiter.“

Andreas Rosbach ist seit 2005 in der Stammzellspenderdatei registriert. Bei einem Beachsoccer-Turnier in Bad Breisig trifft er mit seinem Junggesellenverein das Team der Stefan-Morsch-Stiftung, die tagtäglich unterwegs ist, um Menschen über die Chancen der Stammzellspende aufzuklären. Doch der Förderschullehrer muss nicht aufgeklärt werden. Er wollte sich schon länger typisieren lassen, jetzt war die Gelegenheit da. Ein Fingerhut voll Blut genügt heutzutage, um die die genetischen Merkmale zu erfassen.

Als er 2009 von der Stefan-Morsch-Stiftung gefragt wird, ob er als Stammzellspender helfen will, ist für ihn klar: „Das ist selbstverständlich. Es war nie eine Frage, ob ich das mache.“ Zu diesem Zeitpunkt wissen beide noch nicht, wer der andere ist. Durch die Stammzellspende kreuzen sich stets zwei bis dahin völlig unterschiedliche Lebenswege. Erst zwei Jahren nach der Stammzellspende besteht die Möglichkeit, je nach Gesetzeslage des Landes, in dem der Patient lebt, dass Spender und Patient einander kennenlernen können.



Fünf lange Jahre sind seit der Transplantation vergangen. Albert Bossink hat die Transplantation gut überstanden. Er hat geheiratet und strahlt Zuversicht aus – obwohl der Blutkrebs nicht verschwunden ist. Seinem Spender hat er schon kurz nach der Transplantation einen Brief geschrieben. Das ist gesetzlich erlaubt, aber nur anonymisiert. Nach zwei Jahren konnten beide dann direkt Briefe und Mails austauschen.

Vor kurzem traf Bossink dann zum ersten Mal den Menschen, der für ihn die Stammzellen gespendet hat: Den 29-jährigen Andreas Rosbach aus Rheinbrohl – seinen „Schutzengel“, wie Bossink ihn nennt. „Ich fühle mich als Teil von ihm“, sagt Bossink. Und er sagt noch etwas: „Ich hab ihn schon von weitem erkannt“, erzählt der 53-Jährige. „Wir haben zusammen gegessen und uns lange unterhalten. Es war sehr vertraut“, sagt Rosbach. „Wir sind uns sogar ein bisschen ähnlich: Wir essen beide gerne Wild und Fisch. Und wir schwitzen beide schnell und viel“, fügt Bossink lachend hinzu.

Auf ihr erstes Treffen haben sich die beiden sehr gefreut. „Ich habe mich schon vorher gut mit Andreas verstanden. Ich habe ihn als freundlichen Menschen kennengelernt. Vor dem Treffen hatte ich keine Bange“, sagt Albert Bossink. „Die Idee, dass wir uns jetzt treffen, kam von Andreas.“
„Er hat einen großen Stellenwert in meinem Leben“, sagt Andreas Rosbach über Albert Bossink. „Er ist nicht mehr der unbekannte Patient.“ Auch im Leben von Albert Bossink ist Andreas Rosbach ein wichtiger Teil geworden: „Ich weiß, er will nicht, dass ich ihn Lebensretter oder Schutzengel nenne. Er sagt, für ihn ist es selbstverständlich, zu helfen. Aber für mich ist es lebenswichtig.“

Treffpunkt, gemeinsam mit Bossinks Ehefrau und Rosbachs Lebensgefährtin, war ein Hotel-Restaurant im rheinland-pfälzischen Birkenfeld. Am Morgen nach dem Treffen hat Rosbach in der Entnahmeeinheit der Stefan-Morsch-Stiftung noch einen wichtigen Termin. Er spendet Lymphozyten für Albert Bossink, weil der noch nicht ganz geheilt ist. Lymphozyten gehören zu den weißen Blutkörperchen und sind aktive Immunzellen. Sie werden Bossink vorbeugend gegeben, um einen möglichen Rückfall der Leukämie zu verhindern. Bei einer Nachkontrolle im März stellte der behandelnde Arzt Hinweise für einen möglicherweise erneuten Ausbruch der Krankheit fest.

Albert Bossink würde Rosbach gerne zur Entnahme begleiten, aber er muss stattdessen nach Münster ins Krankenhaus, wo ihm die Lymphozyten verabreicht werden – an seinem 53. Geburtstag: „Das schönste Geschenk, was man kriegen kann“, ergänzt er.

Trotz einem möglichen Rückfall denkt Bossink positiv: „Auch wenn der Krebs wieder kommen sollte, ich hatte schöne fünf Jahre.“ Vor drei Jahren, an seinem 50. Geburtstag, hat er geheiratet. „Schon immer hab ich gesagt, dass ich an meinem 50. heirate. Und ich hab es gemacht! Als ich den Befund ‚Leukämie‘ bekam, sah es nicht danach aus. Aber ich bin noch hier und meine Zeit will ich genießen.“


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