Pressemitteilung vom 28.12.2025 
Das Gedächtnis der Nation: So arbeitet das Bundesarchiv in Koblenz
Das Bundesarchiv in Koblenz ist ein zentraler Ort für die Bewahrung deutscher Geschichte. Hier lagern wertvolle Dokumente, darunter auch die berüchtigten gefälschten Hitler-Tagebücher und Schindlers Liste.
Koblenz. Regale reihen sich dicht aneinander, dicke Wände schützen die Räume mit den Tausenden von Akten. In unscheinbaren grauen Kartons oder Aktenordnern verbirgt sich nicht weniger als die Geschichte Deutschlands. Im Bundesarchiv in Koblenz bewahren die Dokumente viele Geschichten - für diejenigen, die danach suchen. Informationen sind hier jedoch nicht so leicht zu finden wie in Bibliotheken.
Jährlich übernimmt das Bundesarchiv kilometerweise neue Akten aus Bundesinstitutionen wie dem Kanzleramt, Ministerien und Behörden, erläutert Sprecher Elmar Kramer. Zuletzt waren es etwa vier bis sechs Aktenkilometer, was mehr als 200.000 Aktenbänden entspricht. Das Bundesarchiv entscheidet dann, welches Material "archivwürdig" ist. Meist sind dies etwa 20 Prozent.
540 Aktenkilometer sind archiviert
Das Bundesarchiv hat deutschlandweit 23 Standorte, der Hauptsitz befindet sich in Koblenz. Rund 2.300 Menschen arbeiten bei der Behörde, davon 300 in Koblenz. Insgesamt lagern mehr als 540 Aktenkilometer in den Archiven, rund 80 Kilometer davon in Koblenz. Am Hauptsitz gibt es fünf Stockwerke für die Magazine, erklärt Mitarbeiterin Manuela Hambuch. Drei Stockwerke befinden sich oberirdisch, zwei unterirdisch. Die Bauweise sorgt für eine natürliche Klimatisierung mit einer konstanten Temperatur von 18 Grad und einer Luftfeuchtigkeit von rund 50 Prozent. "Wenn die Luftfeuchtigkeit zu hoch ist, besteht Schimmelgefahr, ist sie zu niedrig, besteht die Gefahr, dass das Papier zerbröselt", erklärt Hambuch.
Alle Dokumente im Archiv erhalten zunächst eine genaue Signatur, unter der sie wiederzufinden sind. Ob digitalisiert oder nicht: "Originale bleiben erhalten, das ist ganz wichtig."
Gefälschte Hitler-Tagebücher lagern in Koblenz
Besonders bekannt sind die gefälschten Hitler-Tagebücher. 1983 veröffentlichte das Magazin "Stern" vermeintliche Tagebücher von Adolf Hitler, die sich als Fälschung herausstellten - einer der größten Medienskandale der Bundesrepublik. "Sie sind eigentlich nur eine Quelle oder besser noch ein Symbol für die mediale Dummheit einer Gesellschaft und als solches sind sie ein Objekt, das zeigt, wie in der Bundesrepublik der 1980er Jahre damit umgegangen wurde", sagt Michael Hollmann, Präsident des Bundesarchivs. "Der Inhalt der vermeintlichen Tagebücher ist völlig irrelevant."
Auch Dokumente zur Paulskirchenversammlung und Schindlers Liste sind hier zu finden. "Wir sind ja nicht ohne Grund das Gedächtnis der Gesellschaft", sagt der Präsident. Viele aktuelle Themen, die früher schon wichtig waren - wie die Wehrpflicht oder die Rente - finden hier ihren Platz.
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Jedes Jahr werden acht Petabyte digitalisiert
Hollmann betont, dass man daran arbeite, möglichst viele Unterlagen online verfügbar zu machen, soweit Datenschutz oder Persönlichkeitsrechtsschutz dem nicht entgegenstehen. Dies sei eine Herausforderung, ebenso wie die sichere Speicherung. "Denn das digitale Material wächst jedes Jahr um rund sechs bis acht Petabyte", erklärt Hollmann. Zum Vergleich: Ein Standard-Handyspeicher hat 128 Gigabyte, ein Petabyte entspricht rund einer Million Gigabyte - das wären dann rund 8.200 Smartphones. Und das mal sechs oder acht. "Das will gesichert werden, das will auch dann auf dem Stand der Technik jeweils wieder verfügbar gehalten werden", sagt Hollmann.
Platznot und Geldprobleme
Auch Künstliche Intelligenz (KI) ist seit Längerem im Einsatz. Ein abgeschlossenes Projekt nutzte KI, um Namen und Orte in Kolonialakten zu suchen, indem die Tastatureingabe in mögliche Varianten der Sütterlin-Handschrift übersetzt wurde. "Sie sucht dann diese Varianten als Bild in den gescannten Archivalien und findet auf diese Art und Weise Namen, Personen und Orte, die Archivnutzer und auch die Archivarinnen und Archivare sonst nie gefunden hätten", sagt Hollmann. Dafür habe man dem Rechner aufwendig das Lesen beigebracht. "Das war ein Prozess über viele Monate, mit einer ganzen Reihe von Leuten. Wenn eine KI also intensiv trainiert werden muss, stellt das auch ein Ressourcenproblem dar."
Ressourcenprobleme bestehen weiterhin: "Die öffentlichen Haushalte sind seit Jahren erheblich unter Druck", erklärt Hollmann. Der Etat stagniert, während die laufenden Kosten steigen. "Wir müssen die steigenden Kosten auf breiter Front dadurch kompensieren, indem wir am Personal sparen und freigewordene Stellen nicht nachbesetzen." Auch der Platz wird knapp. "Unsere Archivmagazine sind voll", sagte der Präsident. Um die Regierungsunterlagen unterzubringen, müssten bereits behelfsmäßige Ausweichliegenschaften angemietet werden. "Ganz besonders dringend, aber auch vergleichsweise einfach machbar wäre das in Koblenz. Wir haben hier neben unserem Gebäude die Fläche für drei weitere Magazintürme - das ist schon beim Bau 1983 so vorgesehen worden."
Trotz der Digitalisierung bleibt der analoge Platz wichtig. "Bei der Menge an Archivgut, die wir im Bundesarchiv verwahren, kann man noch lange digitalisieren, bis wirklich alle Unterlagen, die online verfügbar gemacht werden können, auch tatsächlich verfügbar sein werden."
(dpa/bearbeitet durch Red)
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