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Nachricht vom 26.11.2025    

Aus der Massentierhaltung in die Idylle des Westerwalds: Pauline und Silke sehen zum ersten Mal die Sonne

Von Eva Maria Hammer

Ein Parkplatz einer Autobahn-Raststätte ist ein ungewöhnlicher Ort für einen Neuanfang. Doch genau hier, an einem der Sammelpunkte der Tierschutzinitiative "PLAnbe", die sich der Rettung und Vermittlung von Legehennen widmet, beginnt nach jeder Ausstallung das zweite Leben vieler Tiere. Sie werden nach dem Ende ihres wirtschaftlichen Legedurchlaufs vor dem routinemäßigen Transport zum Schlachthof bewahrt. Für zwei von ihnen - Pauline und Silke - bedeutet dies den ersten Schritt zu einem Leben im Westerwald, fern der Enge der Legehennenanlage.

Hallo, Leben! Hallo, Freiheit! Dieser Blick sagt alles: Die geretteten Legehennen Pauline (vorn) und Silke (Mitte/hinten) genießen sichtlich die Sonne und das frische Gras im Westerwald. (Fotos: Saskia M.)

Westerwald. Aus dem Westerwald kommend hielten Saskia M. und ihr Lebensgefährte an einem Morgen im August an der Raststätte nahe Limburg. Der Platz war bereits belebt: Helfer von "PLAnbe" koordinierten die Übergaben, Adoptanten warteten auf ihre Tiere, Transportboxen standen bereit.

Für jede Aktion plant die Initiative weiträumige Routen durch ganz Deutschland - von Olpe über Leverkusen und Münster, von Meschede bis Hannover, von Kassel bis Schweinfurt, von Wiesbaden bis Heidelberg, von Montabaur bis Trier, von Alzey bis Stuttgart, von Bonn bis Aachen. Hinzu kommen Übergaben in Städten wie Hamburg, Regensburg, Leipzig oder Dresden. Das Ziel ist eine bundesweite Vermittlung, unabhängig vom Wohnort der Adoptanten.

In einer der Transportboxen warteten zwei Hennen, die die junge Frau unmittelbar berührten. "Wir wissen, dass die Tiere oft in schlechtem Zustand sind, aber der erste Anblick schockt trotzdem", sagt sie im Gespräch mit den Kurieren. "Beide wirkten ausgemergelt und erschöpft, das Federkleid war sehr struppig und teilweise kaum vorhanden." Die Übergabe verlief sachlich: Hinweise, Papiere, ein kurzer Blick auf die Tiere, die sich ohne Gegenwehr aufnehmen ließen.

Im Auto, bei halb geöffneter Tür und einem Moment Ruhe, wurde dem Paar noch deutlicher, was dieser Schritt bedeutet: Für diese beiden Hennen beginnt erstmals ein Leben unter artgerechten Bedingungen.

Heilung unter freiem Himmel: Mit Sandbad und Sonne zurück ins Leben

Zu Hause wartete die bereits vorhandene Hühnerschar. Nach einem kurzen Moment des Pickens zur Rangklärung akzeptierten die anderen Tiere die Neuankömmlinge unerwartet schnell. Beide Hennen zeigten sich ungewöhnlich zutraulich. Schon am ersten Tag ließen sie sich anfassen und blieben ruhig im Arm - eine seltene Reaktion bei Tieren, die vorher kaum menschlichen Kontakt hatten.

Doch die neue Freiheit brauchte einen kleinen Anstoß. Den entscheidenden Moment nach der ersten Nacht schildert das Paar so: "Als wir morgens den Stall öffneten, kamen wie immer alle Hühner zügig heraus. Nur die beiden blieben im Stall sitzen. Wahrscheinlich, weil sie es einfach nicht gewohnt waren. Wir haben sie dann mit der Hand herausgesetzt, und das haben sie wohl sofort verstanden. Mittlerweile kommen sie ebenfalls morgens prompt aus dem Stall und gehen abends auch freiwillig wieder rein."

Tag für Tag im neuen Zuhause schwand die Erschöpfung der beiden Tiere. Was zum Vorschein kam, war nicht nur eine erstaunliche Anpassungsfähigkeit an neue Abläufe, sondern vor allem die Ausprägung von zwei ganz individuellen Hennen-Persönlichkeiten. Eine Henne stürzte sich ungeduldig aufs Futter, während die andere vorsichtig zusah und Schritt für Schritt mutiger wurde. "Unsere Pauline frisst jedes Mal, als ob es kein Morgen gäbe", sagt Saskia M. lachend.

"Ein Schlüsselmoment", erinnert sich die Hühnerhalterin, "war der Tag, an dem beide zum ersten Mal gemeinsam im Sandbad lagen - völlig eingestaubt und entspannt. Es wirkte, als würden sie zum allerersten Mal ihr eigenes Gefieder richtig wahrnehmen."



Der Käfig ist Vergangenheit. Jetzt erleben die Tiere die Welt mit allen Sinnen: den Duft von frischem Heu, die Wärme der Sonne auf dem nun nachwachsenden Gefieder und das neue Gefühl von Erde und Gras unter den Krallen. Die Tierfreundin resümiert: "Ich denke, sie haben verstanden, dass sie jetzt frei sind und ihr restliches Leben genießen dürfen. Es ist herrlich, ihnen zuzusehen und zu wissen, dass es ihnen jetzt und für immer gut gehen wird."

Vom Nummerntier zum Individuum: Pauline und Silke

Beide Hennen erhielten einen Namen - wie der Rest der Schar. Das Paar entschied sich für die Namen Pauline und Silke. "Sie sind Haustiere, keine Nutztiere. Und sie gehören dazu", erklärt die Adoptantin. Besucher reagieren häufig erstaunt: "Da braucht man keinen Fernseher mehr", lautet ein wiederkehrender Kommentar.

Und tatsächlich: Die Hennen beweisen täglich, dass sie weit mehr sind als Nutztiere. Jedes Tier zeigt einen eigenen Rhythmus und Charakter - mal neugierig, mal schüchtern, mal überraschend komisch. Saskia M. muss schmunzeln, wenn sie an eine Szene denkt: Eine der Hennen trat in einen Streifen Klebeband und lief daraufhin sichtlich irritiert herum. Eine kleine, unerwartet witzige Einlage, die diesen neuen, bunten Alltag ausmacht.

Aktuell: Hunderte Hennen im ungewissen Warten
"PLAnbe" organisiert die Übernahme der Tiere aus den Legebetrieben, die tierärztliche Erstversorgung, temporäre Pflegeplätze und die bundesweite Logistik in enger Abstimmung mit den Veterinärbehörden.

Die nächste große Rettungsaktion war ursprünglich für Ende November geplant (Die Kuriere berichteten). Doch aufgrund der aktuellen Vogelgrippe-Lage muss die Initiative reagieren. Am 21. November veröffentlichte "PLAnbe" auf Instagram folgende Erklärung: "Leider kann unsere Rettung am 29. und 30. November aus Sicherheitsgründen nicht stattfinden! Wir werden die Übernahme und Transporte wieder planen, sobald die Seuchengefahr vorbei ist, da wir keine Tiere, sowohl gerettete als auch andere, in Gefahr bringen möchten! Bitte haltet eure Plätze frei, damit wir diesen Hennen ihr versprochenes Leben schenken können! Wir vermitteln weiter und nutzen die Zeit, also meldet euch."

Obwohl die Transporte pausieren, läuft die Uhr weiter: Rund 300 Hennen warten aktuell auf Adoptanten. Die Vermittlung bleibt aktiv - trotz Verschiebung.

Adoption, Spenden, Mithilfe: Jeder Beitrag zählt
Pauline und Silke haben ihren Neuanfang bereits gefunden. Hunderten weiteren Hennen steht dieser Schritt noch bevor - sobald die Lage es zulässt. Menschen, die adoptieren oder die Initiative "PLAnbe" unterstützen möchten, finden Informationen zu Routen, Terminen, benötigten Materialien und Spendenmöglichkeiten über die offiziellen Kanäle der Tierschützer:

Kontaktformular für Adoptanten
Instagram: @planbe_huehnerrettung
PayPal-Spendenlink

Jede Adoption und jede Spende tragen dazu bei, Hennen, die sonst im Alter von 16 bis 20 Monaten im Schlachthof enden würden, ein Leben zu ermöglichen, in dem sie morgens die Sonne begrüßen und im Gras scharren dürfen.



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