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Nachricht vom 18.09.2025    

Toter bei Brand in "Schrott-Immobilie" – Angeklagter beim Amtsgericht Altenkirchens freigesprochen

Von Wolfgang Rabsch

Mit einem überraschenden Urteil endete am Amtsgericht Altenkirchen der Prozess gegen einen 75-jährigen Mann. Ihm war fahrlässige Tötung nach einem Brand in einem ehemaligen Hotel vorgeworfen worden.

Fotograf: Wolfgang Rabsch

Mit einem unerwarteten Urteil endete der Prozess vor der Einzelrichterin beim Amtsgericht in Altenkirchen, bei dem es um den Vorwurf der fahrlässigen Tötung ging.

Was war geschehen?
Dem 75-jährigen Angeklagten war im November 2022 in einem Ort der Verbandsgemeinde Hamm/Sieg die Nutzung eines ehemaligen Hotels zu Wohnzwecken wegen fehlendem Brandschutz untersagt worden. Die Räumung des Gebäudes wurde angeordnet. Trotzdem hatte der Angeklagte Teile des Gebäudes weitervermietet. Bei einem Brand im Februar 2023 kam eine Person ums Leben. Die Staatsanwaltschaft Koblenz warf dem Angeklagten deshalb fahrlässige Tötung vor, da das Opfer nicht gestorben wäre, wenn der Angeklagte sich an die behördliche Anordnung gehalten hätte.

Angewendete Strafvorschrift: § 222 StGB (Wer durch Fahrlässigkeit den Tod eines Menschen verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft).

Vor Eintritt in die Beweisaufnahme erklärte die Vorsitzende Richterin, dass bislang keinerlei Gespräche zur Herbeiführung einer tatsächlichen Verständigung (sogenannter Deal) stattgefunden hätten. Rechtsanwalt Thomas Düber aus Altenkirchen wurde dem Angeklagten als Pflichtverteidiger beigeordnet. Er teilte mit, dass sein Mandant zur Sache nicht aussagen werde, sich aber zu seinen persönlichen Verhältnissen äußere.

Mit sichtbarem Stolz erklärte der Angeklagte, er sei ein angesehener Hotelier gewesen und habe unter anderem Hotels am Rhein und im Westerwald geführt. Das ehemalige Hotel in der Verbandsgemeinde Hamm/Sieg sei durch einen früheren Brand massiv in Mitleidenschaft gezogen worden. Er habe es renoviert und die Räume überwiegend an psychisch kranke Menschen oder Personen ohne festen Wohnsitz vermietet. Seine Einkünfte bestünden aus einer Rente von 419 Euro sowie Mieteinnahmen von etwa 1.000 Euro.

Rechtsanwalt Düber bestritt zu Beginn der Beweisaufnahme den Vorwurf der fahrlässigen Tötung. Selbst der Brandsachverständige habe die Entstehung des Feuers nicht eindeutig nachweisen können. Für den Verteidiger lag die wahrscheinlichste Brandursache in einem Fehlverhalten des Opfers, das starker Raucher und Alkoholiker gewesen sei. Eine Pflichtwidrigkeit sei seinem Mandanten nicht nachzuweisen.

Eine „Schrott-Immobilie“ als Bleibe für problematische Menschen
Anschließend wurden mehrere Zeugen vernommen, darunter zwei Personen, die aus der Haft mit Handfesseln vorgeführt wurden. Ein Zeuge, der Hausmeister des Objekts gewesen sein soll, beklagte sich beim Herausführen aus dem Sitzungssaal, dass er wegen eines Kilogramms Schrott in Haft müsse.

Die Aussagen der Zeugen zeichneten ein katastrophales Bild des ehemaligen Hotels, das sich in einem menschenunwürdigen, heruntergekommenen Zustand befunden habe. Überall habe Müll gelagert. Es seien Heizungen aufgestellt gewesen, die für den Innenbereich nicht zugelassen waren, darunter Pellet-Heizungen und Katalytöfen. Zudem gab es offen verlegte Elektroleitungen und Autoreifen, von denen die Profilflächen abgetrennt waren, um damit möglicherweise zu heizen. Ein Berufsbetreuer, der seinen Betreuten dort besucht hatte, schilderte, er habe diesen sofort aus dem Gebäude herausgeholt, nachdem er die Zustände gesehen hatte.



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Der Hausmeister sagte aus, er habe regelmäßig nach dem späteren Opfer geschaut, da er ahnte, dass dieser nicht mehr lange leben würde. Dessen Tagesablauf habe nur aus Rauchen, Trinken und Schlafen bestanden. Unter dem Tisch vor der Couch hätten mindestens fünf Mülltüten mit Plastik, Essensresten, Kronkorken und Zigarettenkippen gestanden. Er habe den Hausbesitzer auch auf die große Brandgefahr hingewiesen. Ein weiterer Zeuge berichtete, dass sich in der Garage unter dem Haus etwa 20 bis 30 Gasflaschen befunden hätten.

Der Brandsachverständige erklärte in seinem Gutachten, es gebe keine Hinweise auf eine vorsätzliche Brandstiftung. Aufgrund der starken Hitzeentwicklung habe die Brandursache nicht eindeutig festgestellt werden können. Es sei nicht auszuschließen, dass das spätere Opfer mit einer nicht vollständig ausgedrückten Zigarette das Feuer verursacht habe. Auch ein defekter Ofen komme als Ursache in Betracht.

Der Auszug aus dem Strafregister des Angeklagten enthielt drei Vorstrafen. Nach Schließen der Beweisaufnahme hielten die Prozessbeteiligten ihre Plädoyers.

Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft sah die Anklage durch die Beweisaufnahme bestätigt und beantragte eine Freiheitsstrafe von einem Jahr wegen fahrlässiger Tötung, aussetzbar zur Bewährung auf drei Jahre, sowie eine Geldauflage von 2.000 Euro zugunsten eines gemeinnützigen Vereins.

Rechtsanwalt Düber argumentierte, das Feuer sei durch Selbstverschulden des Opfers im Zusammenhang mit dessen Nikotinsucht entstanden. Daher beantragte er Freispruch und verglich die Situation mit der eines Waffenherstellers, der nicht für einen Mord verurteilt werden könne, der mit einer von ihm produzierten Waffe begangen wurde. Für seinen Mandanten gelte „in dubio pro reo“ – im Zweifel für den Angeklagten. Der Angeklagte schloss sich diesem Antrag an.

Urteil im Namen des Volkes
Der Angeklagte wurde auf Kosten der Staatskasse freigesprochen.

In der Urteilsbegründung stellte die Vorsitzende Richterin fest, dass keine eindeutige Brandursache nachzuweisen sei. Mehrere Möglichkeiten seien denkbar gewesen, was auch der Brandsachverständige bestätigt habe. Daher sei im Zweifel für den Angeklagten zu entscheiden gewesen, was folgerichtig zum Freispruch führte.

Nach erfolgter Rechtsmittelbelehrung wurden keine Erklärungen abgegeben. Das Urteil ist somit noch nicht rechtskräftig.


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