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Pressemitteilung vom 30.07.2025    

Finanzielle Herausforderungen für Kommunen: Landrat Hallerbach warnt vor Systemkollaps

Die steigenden Kosten in kommunalen Bereichen, insbesondere in Kindertagesstätten, belasten die Haushalte der Kommunen. Landrat Achim Hallerbach aus dem Kreis Neuwied schlägt Alarm und fordert eine sachliche Diskussion über notwendige Veränderungen.

Symbolbild (Foto: Pixabay)

Kreis Neuwied. "Wenn den ausufernden Ausgabeverpflichtungen der Kommunen nicht spürbar entgegengewirkt wird, fahren unsere Systeme zu Lasten aller Bürger eher früher als später gegen die Wand", erklärt Landrat Achim Hallerbach. Er hebt die finanziellen Auswirkungen des Bundesteilhabegesetzes, die Flüchtlingskosten und den öffentlichen Personennahverkehr hervor. Besonders betroffen sind die Kindertagesstätten, deren Kosten ungebremst steigen. Im Gegensatz dazu werden in Nordrhein-Westfalen Kita-Gebühren erhoben, um die finanzielle Belastung zu reduzieren, was in Rheinland-Pfalz nicht der Fall ist.

Der geschäftsführende Direktor des Landkreistages, Andreas Göbel, hatte zuvor pragmatischere Lösungen gefordert, um Schaden für Staat und Gesellschaft abzuwenden. Sein Vorschlag, auch die Standards bei den Kindertagesstätten zu überprüfen, stieß auf Kritik von Elternverbänden und Gewerkschaften. Landrat Hallerbach hält diese Kritik für unverständlich und betont die Notwendigkeit, Standards zu verändern, um einen völligen Zusammenbruch des Systems zu verhindern. Dabei sollen die Standards für die direkte Betreuung der Kinder unangetastet bleiben.

Hallerbach ruft Kritiker zu konstruktiven Gesprächen auf, um die Punkte sachlich zu beleuchten. Er unterstreicht, dass das größte Problem der Mangel an Arbeits- und Fachkräften sei. Ohne Anpassungen könnten Kitas nur noch begrenzt oder gar nicht mehr öffnen. "Die jetzigen Regelungen setzen da klare Vorgaben", erklärt Hallerbach, der auch Dezernent für den Bereich Kinder- und Jugendhilfe ist.

Kosten der Kitas kosten den Kreis Millionen
Aktuell trägt der Landkreis Neuwied ohne die Stadt Neuwied eine Summe von 29,1 Millionen Euro für Personalkosten in Kindertagesstätten. Wird die Erstattung an die Stadt Neuwied für das Jahr 2024 einbezogen, erhöht sich dieser Betrag um rund 20 Millionen Euro. Insgesamt belaufen sich die Ausgaben auf etwa 50 Millionen Euro. Hinzu kommen erhebliche Unterhalts- und Bauinvestitionen, die mit zusätzlichen 15 bis 20 Millionen Euro zu Buche schlagen.

Vor zehn Jahren lagen die Baukosten für eine Kitagruppe noch bei rund 500.000 Euro. Heute müssen dafür etwa 1,1 bis 1,2 Millionen Euro veranschlagt werden, was einer Verdopplung gleichkommt. "Diese Kostenspirale muss und kann nur gestoppt werden, wenn über Standards gesprochen wird", so Landrat Achim Hallerbach. Er fordert Lösungen, die Kinder und Eltern berücksichtigen, ohne Qualitätsstandards zu senken.

Bürokratie stellt auch hier ein Hindernis dar
Ein Hauptproblem sieht Hallerbach in der Bürokratie und den strengen Dokumentationspflichten, die Erzieherinnen belasten. Auch die Anforderungen an die Qualifikation des Personals hält er für zu hoch: "Wir müssen weg von der Akademisierung des Erziehungswesens. Man braucht nicht für alles studierte Leute."



Hallerbach plädiert für mehr Flexibilität beim Personaleinsatz, insbesondere in Randzeiten, und schlägt vor, qualifizierte Eltern stärker einzubeziehen. "An manchen Stellen bieten sich Väter und Mütter freiwillig an", betont er. Sollten aktuelle Vorschriften dem entgegenstehen, müssten diese angepasst werden. Der Gesetzgeber sei bei Verschärfungen schnell, bei Lockerungen jedoch oft zögerlich.

Der Personalmangel in den Kitas ist ein bekanntes Problem, das durch das starre System des Landeskitagesetzes und den Fachkräftemangel verschärft wird. "Und genau darauf müssen wir unsere Systeme anpassen, nicht mit mehr Anforderungen und mehr Standards, sondern mit Anpassungen der Standards an die Lebenswirklichkeiten und Finanzen", betont Landrat Achim Hallerbach. Er unterstützt zudem den Appell des Landkreistag-Direktors, die Baustandards auf ein vernünftiges Maß zu reduzieren.

Keine Landes-Rahmenvereinbarung in Sicht
Die Kritik von Landrat Achim Hallerbach und LKT-Direktor Andreas Göbel richtet sich auch gegen die fehlenden verbindlichen Finanzierungsregelungen im seit dem 1. Juli 2021 gültigen Kita-Gesetz. Die Verantwortung wurde auf die lokale Ebene verlagert, was bei freien Kita-Trägern für Unsicherheit sorgt. Eine Landes-Rahmenvereinbarung liegt auch nach vier Jahren noch nicht vor. Hallerbach bezeichnet dies als unverantwortlich.

Die Forderung nach einer vorgezogenen Evaluierung des Kita-Gesetzes, um Anpassungen vorzunehmen, findet bei der Landesregierung kein Gehör. Hallerbach warnt: "Sollte hier nicht eingegriffen und die Negativspirale gestoppt werden, gehen die Kommunen kaputt." Er sieht eine Lösung in der Überprüfung und Anpassung der bestehenden Standards.

Probleme angehen, statt an den derzeitigen Vorgängen festzuhalten
"Um das Kollabieren der Kommunen zu verhindern, brauchen wir dringend eine neue gesamtgesellschaftliche Übereinkunft aller Sozialpartner und Akteure," fordert Hallerbach. Der demographische Wandel, Bürokratie und Akademisierung führen zu einem Mangel an Personalressourcen und finanziellen Mitteln. Diese Herausforderungen müssen angegangen werden, um die finanzielle Notlage der Sozialsysteme zu vermeiden. (PM/Red)



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