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Nachricht vom 22.07.2025    

Freispruch wegen Vergewaltigung der Ehefrau unter Betäubung

Von Wolfgang Rabsch

Ein überraschendes Ende nahm der Prozess vor der sechsten Strafkammer des Landgerichts Koblenz am 22. Juli, bei dem der Angeklagte sich wegen gravierenden Straftaten zu verantworten hatte.

Foto: Wolfgang Rabsch

Koblenz. Die Staatsanwaltschaft warf dem 42 Jahre alten Angeklagten vor, über einen Zeitraum von mehreren Jahren regelmäßig sexuelle Übergriffe (unter anderem Vergewaltigungen) zum Nachteil seiner Ehefrau begangen zu haben. Der Angeklagte soll dabei diverse Betäubungsmittel verwendet haben, um sich die Geschädigte gefügig zu machen. Als Tatort war ein Ort in der Verbandsgemeinde Montabaur angegeben. Wie oft die Ehefrau unter Betäubung vergewaltigt wurde, kam nicht genau zur Sprache, es sollen aber mindestens sieben Vergewaltigungen stattgefunden haben.

Die Kuriere hatten von der Eröffnung des Verfahrens berichtet und konnten den Prozess nicht weiter verfolgen, weil die Öffentlichkeit wegen "Verletzung der Intimsphäre des Angeklagten" auf Antrag der Verteidigung ausgeschlossen wurde.

Es waren noch weitere Fortsetzungstermine anberaumt, die unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden sollten – zum heutigen Termin wurde die Öffentlichkeit kurzfristig wiederhergestellt, da ein Sachverständiger vom Landeskriminalamt (LKA) ein Gutachten über die Wirkung von Betäubungsmitteln erstatten sollte, welche im Zusammenhang mit den Ermittlungen sichergestellt werden konnten.

Aufhebung des Haftbefehls und Rücknahme der Nebenklage
Zunächst wurde festgestellt, dass der Haftbefehl gegen den Angeklagten vor einigen Tagen aufgehoben wurde. Daraufhin folgte die nächste Überraschung, als der Vorsitzende bekannt gab, dass die Ehefrau des Angeklagten (die geschädigte Zeugin) per Mail mitgeteilt hatte, dass sie umgehend die Zulassung zur Nebenklage zurücknähme. Sie würde sich auch keiner Begutachtung stellen, die Ärzte nicht von ihrer Schweigepflicht entbinden und vor Gericht von ihrem Aussageverweigerungsrecht betreffend ihres Ehemanns Gebrauch machen. Weiterhin entzöge sie ihrer Rechtsanwältin Sandra Buhr die Erlaubnis, sie als Nebenklägerin vor dem Landgericht zu vertreten, da das Vertrauensverhältnis zu ihr eklatant zerrüttet sei.

Staatsanwaltschaft und Rechtsanwältin Buhr sehr verwundert über Rücknahme der Nebenklage
Die Staatsanwaltschaft bemängelte, dass die Mail nicht wirksam sei, da der Inhalt der Mail im direkten Zusammenhang mit der Haftentlassung des Angeklagten stehen würde. Es wäre kein Zufall, dass nun diese Kehrtwende erfolgt sei. Die Staatsanwaltschaft bestand auf Ladung der Ehefrau des Angeklagten.



Besagte Mail erhielt Rechtsanwältin Buhr zwei Tage nach der Haftentlassung des Angeklagten, nachts um 02:39 Uhr. In ihrer Stellungnahme erklärte Rechtsanwältin Buhr, dass sie praktisch “aus allen Wolken gefallen sei“. Sie hatte der Ehefrau umgehend einen geheimen Zufluchtsort arrangiert, nachdem die Zeugin ihr mitteilte, nach der Haftentlassung ihres Ehemannes Angst vor ihm zu haben. Die Mail wurde nach Auffassung von Rechtsanwältin Buhr auf einem Computer vorgeschrieben, da die Rücknahme der Nebenklage juristisch einwandfrei begründet wurde. Rechtsanwältin Buhr hätte unmittelbar nach Eingang der Mail ihre Mandantin angerufen, die nach wenigen Sekunden den Inhalt bestätigte und sofort auflegte.

Rechtsanwältin Marion Faust erwiderte, dass ihr Mandant keinen Einfluss auf seine Ehefrau genommen habe und sofort nach seiner Haftentlassung zu seinen Eltern nach Kiel gefahren sei.

Durch Beschluss des Vorsitzenden wurde anschließend die Bestellung von Rechtsanwältin Sandra Buhr als Vertreterin der Nebenklage aufgehoben, da ein wirksamer Widerruf vorliegen würde.

Der Sachverständige vom Landeskriminalamt fand bei seinen Untersuchungen vorgefundener Beweismittel, dass es Hinweise auf Verwendung von sogenannten “Poppers“ gab. Er erläuterte die Wirkung von “Poppers“, denen aphrodisierende und schmerzhemmende Wirkungen zugeschrieben würden. “Poppers“ erzeugen keine Halluzinationen, jedoch eine kurzzeitig anhaltende Euphorisierung im Hinblick auf sexuelle Praktiken.

Der Vorsitzende stellte fest, dass keine Gespräche zur Herbeiführung einer tatsächlichen Verständigung (sogenannter Deal) stattgefunden hätten und schloss die Beweisaufnahme, nachdem die Öffentlichkeit während der Dauer der Plädoyers erneut ausgeschlossen wurde.

So kann nur vermutet werden, dass die Staatsanwaltschaft angesichts der Beweislage Freispruch beantragt hatte und die Verteidigung des Angeklagten diesem Antrag folgte. Das letzte Wort des Angeklagten ist auch nicht bekannt.

Urteil im Namen des Volkes (nach Wiederherstellung der Öffentlichkeit)
Der Angeklagte wird auf Kosten der Staatskasse freigesprochen. Für die erlittene Untersuchungshaft ist der Angeklagte zu entschädigen. In der Urteilsbegründung führte der Vorsitzende aus, dass keine verwertbaren Beweismittel vorgelegen hätten, nachdem die Ehefrau des Angeklagten von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch gemacht hat und das Gericht deshalb keine Grundlage für eine Verurteilung gehabt hätte. Rechtsmittelbelehrung wurde erteilt, das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.


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