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Nachricht vom 16.06.2025    

Tanzen für den Erhalt: Gießen feiert sein Herzensfestival trotz Zukunftssorgen

Von Lara Schumacher

Tausende feiern, tanzen und schwitzen bei 30 Grad – das „Stadt ohne Meer“-Festival hat auch in diesem Jahr wieder bewiesen, warum es mehr ist als nur ein Musikevent. Trotz Sorgen um die Zukunft strahlt das Wochenende voller Melodien, Zusammenhalt und Festival-Charme eine Kraft aus, die weit über das Line-up hinausgeht.

Trotz Hitze, Staub und Sorgen: Tausende feiern ihr Herzensfestival im Gießener Grünen. Fotos: Lara Jane Schumacher/Art of Jane

Gießen. Vom 12. bis 14. Juni wurde Gießen einmal mehr zur Festivalstadt – mit leuchtenden Quallen über dem Infield, Glitzer auf den Wangen der Besucherinnen und ganz viel Herzblut hinter den Kulissen. „Stadt ohne Meer“, das liebevoll kuratierte Musikfestival im Schiffenberger Tal, fand 2025 bereits zum siebten Mal statt. Doch in diesem Jahr schwang ein ernster Unterton mit: Steigende Kosten hatten das Team im Vorfeld zu einem offenen Appell an die Fans veranlasst. Fast ausverkauft müsse man sein, um überhaupt die Ausgaben decken zu können. Die Reaktion? Ein Schulterschluss der Community – rund 5.000 Besucher pro Tag kamen, um das Festival zu feiern und zu unterstützen.

Das Gelände präsentierte sich wie gewohnt familiär und kreativ: Zwei nebeneinanderliegende Bühnen – „Schwätzer“- und „Elefantenklo“-Stage – sorgten für fließende Übergänge zwischen den Acts. Dazwischen: Tischtennisplatten, Kicker, eine Surfmaschine, vegane Essensstände und ein Awareness-Team, das nicht nur sichtbar war, sondern aktiv für Sicherheit und Wohlbefinden sorgte. Besonders beliebt: die Station für kostenloses Trinkwasser und die kreative Siebdruckaktion, bei der mitgebrachte Kleidung mit Festivalmotiven veredelt werden konnte. Kleine Highlights wie ein Freundschaftsbänder-Bastelstand oder temporäre Klebe-Tattoos mit dem Timetable trugen zum Wohlfühlcharakter bei.

Trotz der drückenden Hitze von über 30 Grad war die Stimmung gelöst. Wasserpistolen, klappbare Flaschen und ausreichend Schattenplätze halfen dabei, die Temperaturen auszuhalten. „Die Leute passen gut aufeinander auf, das kostenlose Wasser hilft“, lobte ein Mitglied des Sanitätsteams am Freitagabend. Die Hitze schien den Gästen eher Festivalfeuer als Sorgenfalten ins Gesicht zu treiben.

Der musikalische Auftakt begann bereits am Donnerstag mit einem Warm-Up Special, das lokalen Bands eine Bühne bot – eine Erweiterung des früheren Newcomer-Spots. Am Freitag startete das Hauptprogramm mit Paula Engels, gefolgt von OG Lu, Boondawg und Berq. Berq, der Berliner Singer-Songwriter mit melancholischen Beats und eindringlicher Stimme, zeigte, warum er derzeit als einer der spannendsten deutschen Newcomer gilt. Um 22.00 Uhr folgte Kasi, eine Gießener Band, die dem Festival bereits seit Jahren verbunden ist. Den Höhepunkt des Abends bildete Clueso– ein Wunschkandidat der Veranstalter, wie Jonas Schubert von OK Kid höchstpersönlich ankündigte. Er trat kurz vor dem Headliner auf die Bühne, dankte allen Anwesenden für ihre Unterstützung und stellte klar: Man gebe alles in der Macht stehende, um das Festival trotz aller Hürden fortsetzen.



Clueso selbst hatte sichtlich Spaß – auch wenn er während des Auftritts über „Salat auf dem Ohr“ klagte. Doch der gebürtige Erfurter, der einst mit Rap begann und heute Pop und Singer-Songwriter-Stil vereint, meisterte die Situation charmant: Mit einem spontanen Freestyle in bester „Alte-Schule“-Manier gewann er das Publikum endgültig für sich.

Am Samstag begann das Musikprogramm mit Jassin, gefolgt von Ebow, Team Scheisse, Josi Miller und Kwame.E. Alli Neumann betrat um 21.00 Uhr die Bühne und brachte mit ihrer Mischung aus Pop, Punk und Krawall-Charme das Publikum zum Tanzen. Dilla überzeugte mit klarer Stimme und ehrlichem Deutschpop, bevor Blumengarten sanftem Synthpop den Abend gefühlvoll ausklingen ließ. Den Abschluss bildeten um Mitternacht die Drunken Masters mit einem energetischen DJ-Set.

Die Gäste zeigten sich insgesamt begeistert, wenngleich nicht jeder Act alle Erwartungen erfüllte. „Der Main Act für Freitag wurde im Voraus sehr hochgepusht – wir hatten ein bisschen mehr erwartet“, sagte eine Besucherin aus Mittelhessen. Nichtsdestotrotz hat sie sich über Clueso gefreut und ergänzt: „Man merkt, dass das hier mit Liebe gemacht ist. Und dass Newcomer hier wirklich eine Chance bekommen, finde ich stark.“ Andere äußerten die Sorge, dass das Festival trotz aller Bemühungen vielleicht nicht fortbestehen könne. Dass es trotzdem 2025 so stimmungsvoll über die Bühne ging, war vielen ein echtes Anliegen: „Man merkt einfach, wie viel Herzblut hier drinsteckt“, so ein Besucher. „Es wäre wirklich schade, wenn das aufhört.“

Der Veranstalter gab sich am Ende vorsichtig optimistisch. Mit Pfandspenden, treuen Fans und einem Konzept, das auf Gemeinschaft und Nachhaltigkeit setzt, wurde das Festival in diesem Jahr zu einem eindrucksvollen Zeichen: Gießen will nicht nur Stadt ohne Meer bleiben – sondern Stadt mit Musik, Vielfalt und Zukunft. LJS


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