Zwischenfazit zur Cannabis-Legalisierung: Wie geht es in Rheinland-Pfalz weiter?
RATGEBER 18+ | Hinweis: Dieser Absatz ist für ein erwachsenes Publikum bestimmt und behandelt Themen (beinhaltet ggf. Links), die sich an Personen ab 18 Jahren richten. Knapp ein Jahr ist vergangen, seitdem Cannabis in Deutschland legalisiert wurde, zumindest teilweise. Besitz und Anbau sind seither unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt. Die Reform versprach Entlastung für Polizei und Justiz, klare Regeln für Konsumierende und einen geregelten Zugang zu einer Substanz, die jahrzehntelang kriminalisiert war. In Rheinland-Pfalz wurde dieser neue Rahmen früh aufgenommen. Doch wie tragfähig ist das bisherige Modell? Und vor allem: Wohin bewegt sich das Land jetzt? Ein Blick auf Entwicklungen, Herausforderungen und die nächsten Weichenstellungen.

Was erlaubt ist und warum das in der Praxis nur die halbe Antwort ist
Der rechtliche Rahmen ist eindeutig. Erwachsene dürfen bis zu 25 Gramm Cannabis mit sich führen, zu Hause sind 50 Gramm erlaubt. Der Anbau von drei Pflanzen ist legal, solange der Zugang kontrolliert bleibt. Der Konsum in Fußgängerzonen ist zwischen 7 und 20 Uhr tabu, ebenso in der Nähe von Schulen, Spielplätzen und ähnlichen Einrichtungen. Für junge Erwachsene unter 21 Jahren gilt zusätzlich ein Limit von maximal zehn Prozent THC.
Soweit die Theorie. Doch im Alltag zeigt sich: Zwischen Paragraph und Praxis klaffen Lücken. Wie sieht Kontrolle in kleineren Orten aus, wo Ordnungsämter personell dünn aufgestellt sind? Wie wird mit Grauzonen beim Anbau umgegangen? Und inwieweit sind Konsumierende überhaupt ausreichend informiert? In Rheinland-Pfalz sind es nicht die Grundsatzfragen, die drücken, vielmehr die Details. Genau da entscheidet sich, wie gut ein Gesetz tatsächlich greift.
Legale Bezugswege brauchen Orientierung, gerade in der Anfangsphase
Verlässliche Informationen sind in der Übergangsphase Gold wert. Gerade dann, wenn Unsicherheit herrscht, wo es legale Produkte gibt und welche Sorten zugelassen sind. Die Plattform Flowzz hat sich in diesem Umfeld als wichtige Hilfestellung etabliert. Als größtes deutsches Verzeichnis für Cannabissorten und Apotheken mit gültigen Verschreibungen liefert sie Übersicht in einem Markt, der gerade erst entsteht.
Für Rheinland-Pfalz bedeutet das: Patienten mit medizinischer Indikation erhalten einen niedrigschwelligen Zugang zu Informationen. Gleichzeitig hilft Flowzz auch Konsumierenden ohne Rezept, sich zu orientieren, etwa bei der Unterscheidung von CBD- und THC-Produkten oder beim Verständnis von Wirkung und Dosierung. In einem Bundesland mit vielen ländlichen Regionen, wo der Zugang zu spezialisierten Apotheken eingeschränkt sein kann, schafft die Plattform einen digitalen Ausgleich.
Justiz und Polizei: neue Freiräume, alte Herausforderungen
Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: In Rheinland-Pfalz sanken die Cannabisdelikte seit der Reform um mehr als 50 Prozent. Die Zahl der Verkehrsunfälle mit THC-Beteiligung ging zurück, von 235 im Jahr 2023 auf 173 im Folgejahr. Auch insgesamt nahm die Belastung der Polizei durch Drogendelikte sichtbar ab.
Gleichzeitig entstand neuer Aufwand. Rund 10.000 Verfahren aus der Vergangenheit wurden überprüft. In über 2.400 Fällen passte man das Strafmaß rückwirkend an. Was wie Entlastung klingt, bedeutete für die Justiz zunächst mehr Arbeit. Staatsanwaltschaften und Gerichte mussten Personalressourcen umschichten, Fristen prüfen, Fälle neu bewerten. In der Praxis sorgte das für Verunsicherung, insbesondere bei komplexen Verfahren, bei denen Cannabis nicht die einzige Rolle spielte.
In der Polizeipraxis zeigen sich aktuell neue Lernkurven. Beamte berichten von Uneinheitlichkeit in der Bewertung von Mengen oder THC-Gehalt. Nicht überall sind die Abläufe klar geregelt, nicht alle Einsatzkräfte wurden gleichzeitig geschult. Besonders auf kommunaler Ebene fehlt es teilweise an einheitlichen Standards.
Social Clubs als Experiment mit vielen Stellschrauben
In Rheinland-Pfalz wurden bislang etwa zehn Cannabis Social Clubs genehmigt, rund 35 weitere befinden sich im Antragsverfahren. Das Prinzip: Mitglieder bauen gemeinschaftlich Cannabis an und geben ihn unter Auflagen weiter. Kein Verkauf, keine Werbung, keine öffentliche Abgabe. Alles kontrolliert, dokumentiert und auf Eigenbedarf begrenzt.
Auf dem Papier klingt das praktikabel. In der Umsetzung zeigen sich jedoch zahlreiche Hürden. Die Clubs müssen aufwendige Antragsunterlagen einreichen, inklusive Präventionskonzept, Hygieneplan und Jugendschutzstrategie. Die Wartezeit auf Genehmigung kann mehrere Monate betragen. Hinzu kommen Anforderungen an Sicherheitskonzepte und Verwaltungsstruktur.
Viele dieser Clubs sind formal als Vereine organisiert. Diese Rechtsform bringt Vorteile bei der Haftung, aber auch Pflichten bei Buchführung, Transparenz und interner Struktur. Gerade für kleinere Initiativen ohne Verwaltungserfahrung bedeutet das: viel Engagement und noch viel mehr Papierkram.
Politisch sind die Clubs umstritten. Während die SPD sie als Modellprojekt für legale Versorgung verteidigt, kritisiert die CDU mangelnde Kontrolle und verweist auf mögliche Schlupflöcher. Das Thema ist dabei längst nicht mehr nur juristisch. Es geht auch um Ideologie: Welches Bild von Drogenpolitik will man fördern? Und wie viel Vertrauen traut man den Bürgern zu?
Der Schwarzmarkt weicht zurück, aber langsam
Obwohl die Zahlen der Anzeigen sinken, bleibt der illegale Handel präsent. Besonders dort, wo legale Bezugswege fehlen oder schwer zugänglich sind. Eigenanbau ist nicht für alle realistisch, Social Clubs befinden sich vielerorts noch im Aufbau. In vielen Gemeinden gibt es noch keine Strukturen, die den Bedarf auffangen könnten.
Hinzu kommt: Auf dem Schwarzmarkt sind Produkte verfügbar, günstig und häufig mit höherem THC-Gehalt. Viele greifen weiter darauf zurück, aus Bequemlichkeit oder fehlender Alternative. Polizei und Landeskriminalamt sprechen von einer Verlagerung, nicht von einer Verdrängung.
In Rheinland-Pfalz zeigt sich dieser Effekt besonders deutlich in ländlichen Regionen. Die Reform wirkt, aber sie ersetzt nicht über Nacht ein informelles System, das sich über Jahre etabliert hat. Je schneller offizielle Wege stabil und einfach zugänglich sind, desto mehr wird der Schwarzmarkt an Bedeutung verlieren. Noch ist es allerdings nicht so weit.
Im Herbst 2025 steht ein Termin mit Signalwirkung an
Bis zum Herbst 2025 soll eine erste umfassende Evaluierung der Legalisierung vorliegen. Rheinland-Pfalz wird Teil dieser Bewertung sein, mit eindeutigen Zahlen und politischen Positionen. Schon jetzt ist klar: Die Debatte um die Zukunft der Reform wird härter geführt werden als die zu Beginn.
Die CDU in Mainz bringt Verschärfungen ins Gespräch. Weniger Spielraum für Clubs, strengere Auflagen für Konsumzonen, mehr Befugnisse für die Polizei. Die SPD dagegen setzt auf Stabilisierung: klare Regeln, aber keine Rückschritte. Entscheidend wird sein, wie sich die bisherige Umsetzung in messbaren Ergebnissen niederschlägt.
Auch gesellschaftlich wird sich zeigen, ob die Akzeptanz wächst oder Gegenreaktionen zunehmen. Kommunen spielen dabei eine zentrale Rolle, sie genehmigen, sie kontrollieren, sie gestalten. Je besser diese Schnittstellen funktionieren, desto größer ist die Chance, dass das Modell tragfähig bleibt.
Rheinland-Pfalz steht an der Schwelle zur zweiten Phase
Die Zwischenbilanz fällt differenziert aus. Es gibt Fortschritte: weniger Verfahren, neue Strukturen, mehr Transparenz. Gleichzeitig bleiben offene Fragen, stockende Prozesse und politische Unsicherheit. Rheinland-Pfalz hat einen funktionierenden Einstieg geschafft. Doch nun entscheidet sich, ob daraus auch ein dauerhaft tragfähiges Modell wird.
Wirkliche Stabilität entsteht erst dann, wenn die Umsetzung auch im Alltag funktioniert. Die kommenden Monate sind entscheidend. Rheinland-Pfalz steht damit exemplarisch für eine Phase des Übergangs, irgendwo zwischen Korrektur, Chance und Richtungsentscheidung. (prm)