15. Westerwaldpreis feierlich im Keramikmuseum Höhr-Grenzhausen vergeben
Von Helmi Tischler-Venter
Das Keramikmuseum Westerwald in Höhr-Grenzhausen ist zu einem international anerkannten Aushängeschild avanciert. Das zeigt die europaweite Teilnahme mit mehr als 600 Bewerbungen von herausragenden Keramikkünstlern am Westerwaldpreis. Die Sieger wurden am Freitagabend (27. September) geehrt. Alle von der Jury angenommen Arbeiten können im Keramikmuseum bis zum 15. Juni 2025 bewundert werden.
Höhr-Grenzhausen. Zu Beginn der kurzweiligen Vernissage begrüßte Achim Schwickert, Landrat des Westerwaldkreises, im Namen aller Westerwälder zahlreiche Gäste und Kommunalpolitiker. Er beglückwünschte die Preisträger, die im Mittelpunkt der Veranstaltung standen. Schwickert freute sich über ein Doppeljubiläum: In diesem Jahr findet neben dem 15. Westerwaldpreis auch das 50-jährige Jubiläum des Westerwaldkreises statt. Durch Zusammenlegung des Oberwesterwaldkreises, der das Landschaftsmuseum einbrachte und des Unterwesterwaldkreises, der an der Gründung des Keramikmuseums arbeitete, entstand der Westerwaldkreis mit den regionaltypischen Schwerpunkten Basalt und Ton. Höhr-Grenzhausen stellt mit Forschungsinstituten und Bildungseinrichtungen das Zentrum für Keramik dar. Das Highlight für das Keramikmuseum, der Westerwaldpreis, sei mittlerweile europäisch geworden, stellte der Landrat mit Stolz fest.
Prof. Dr. Jürgen Hardeck, Staatssekretär im Ministerium für Familie, Frauen, Kultur und Integration des Landes Rheinland-Pfalz, meinte, es sei ihm als Westerwälder eine besondere Ehre, die Schirmherrschaft übernehmen zu können, denn "Keramik ist wichtig, toll und künstlerisch." Hardeck fand es großartig, dass wieder viele talentierte Künstler sich mit besonderen Werken um den renommierten Preis beworben haben. Das Museum zeige sowohl historische als auch zeitgenössische Keramik, sogar aktuellste Tendenzen der Keramikverarbeitung und -kunst. Der Westerwald nehme eine besondere Stellung ein und der Westerwaldpreis schaffe Innovationskraft. Auf Künstler haben neue Wege und ganz besonderes Material immer schon Attraktion ausgeübt, wodurch die Grenzen zwischen Kunst und Kunsthandwerk oft fließend erscheinen.
Wolfgang Letschert erlebte die Preisverleihung zum ersten Mal als Stadtbürgermeister. Die Stadt Höhr-Grenzhausen unterstreicht ihre Aufgabe, Keramik und insbesondere die Tradition des Salzbrands zu pflegen, durch den jährlich verliehenen mit 10.000 Euro datierten Westerwaldpreis. Weltweit herausragenden Ruf genießt die Stadt durch Forschungs- und Bildungseinrichtungen, die Vielseitigkeit garantieren, die wiederum eine wichtige Grundlage für Wachstum und Image von Stadt und Region darstellt.
Museumsleiterin Dr. Nele van Wieringen wies darauf hin, dass die 1973 ins Leben gerufene Auszeichnung dazu dient, den Dialog von Keramik und Kunst in der Region zu fördern und den kulturellen Austausch zu pflegen. Das sei angesichts der hohen Zahl an Bewerbungen aus ganz Europa mit vielfältigen Arbeiten hervorragend gelungen. Pro Teilnehmer konnten zwei keramische Arbeiten eingereicht werden. In der ersten Phase gingen im Onlineportal insgesamt 627 Bewerbungen ein. Die Fachjury wählte basierend auf den Fotos 90 Werke von 76 Künstlerinnen beziehungsweise Künstlern aus. In einer zweiten Runde wurden die Arbeiten dann vor Ort im Keramikmuseum begutachtet und die Preisträger bestimmt.
Den Preis der Stadt Höhr-Grenzhausen in der Kategorie "Salzbrand", verlieh Jurymitglied Wolfgang Lösche, ehemaliger Leiter der Galerie Handwerk in München an Bodil Manz aus Dänemark. Die Künstlerin, die auf der Suche nach neuen Ausdrucksformen mit achtzig Jahren zum ersten Mal mit Salzbrand arbeitete, war eigens aus Dänemark angereist. Ihre massiven Zylinder, deren reduziertes Dekor eine Hommage an die Wüste und an Donald Judd darstellt, passen wunderbar zur traditionellen westerwälder Gebrauchskeramik, der die Künstlerin zuerst in Form eines Gurkengefäßes der Mutter begegnete.
Mit dem Förderpreis, dotiert mit 3.000 Euro, wurde Beate Gatschelhofer aus Österreich geehrt. Die 30-Jährige gestaltete eine großformatige Steinzeug-Skulptur mit bemalten Einschnitten. Die sanft geschwungenen, organischen Formen ergeben von jeder Seite ein anderes Bild.
In der Kategorie "Freie Keramik" verlieh die Jury den mit 6.000 Euro dotierten zweiten Preis an Nora Arrieta aus Deutschland. Überfluss und Überlastung sind nach van Wieringen Schlagworte für ihre "Toteninsel". Zahlreiche Gegenstände wimmeln auf und um die Skulptur und Abziehbilder widerspiegeln die mediale Bilderrealität unserer Zeit. Eine große grüne Schere schneidet ein Mobiltelefon durch, um den ständigen Strom zu stoppen. Das überreiche Dekor mit Goldanteilen erinnert an Meißner Porzellan und Arnold Böcklins Gemälde mit dem gleichen Titel.
An Irina Razumovskaya aus Russland, die mit ihrer Familie jetzt in Großbritannien lebt, ging der mit 10.000 Euro dotierte erste Preis. Ihre Skulptur "Bleed" ist ein ikonischer Beitrag und tiefgreifende Auseinandersetzung mit menschlichen Einwirkungen auf die Natur. Sie hat einen gedrehten Zylinder mit verschiedensten Glasuren bearbeitet, sodass eine Art aufspringende Rinde entsteht, aus der an manchen Stellen blutige Spuren fließen. Van Wieringen betonte, dass das Werk tiefschichtige Botschaften über unsere Welt vermittele, komplexen Realitäten unserer Zeit werde mit Sensibilität und kritischem Bewusstsein begegnet.
Alle preisgekrönten Werke sind mit den 90 Werken der zweiten Juryrunde bis 15. Juni 2025 im Keramikmuseum ausgestellt. Ein Besuch der hochkarätigen Ausstellung ist sehr empfehlenswert. Zudem sind alle 76 Künstlerinnen beziehungsweise Künstler in einem Katalog abgebildet, der bei Arnoldsche Art Publishers, Stuttgart, erscheint. htv
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