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Nachricht vom 13.01.2024    

Zickenzoff der Diven Désirée Nick und Anouschka Renzi in Neuwied

Von Helmi Tischler-Venter

Die beiden berühmten Schauspielerinnen Désirée Nick und Anouschka Renzi verkörpern ihre verstorbenen amerikanischen Kolleginnen Joan Crawford und Bette Davis in deren legendärem Schlagabtausch im Jahr 1961 beim Dreh von "Was geschah wirklich mit Baby Jane?" Die Premiere am Freitag, dem 12. Januar war ausverkauft.

Fotos: Helmi Tischler-Venter

Neuwied. Den Zoff bringen die Schauspielerinnen so intensiv auf die Bühne des Schlosstheaters Neuwied, dass die Zuschauer das Rollenspiel glatt vergessen können, zumal Désirée Nick sich schon mal mit eigenem Namen am Telefon meldet.

Zwei nebeneinanderliegende Garderoben im Stil der sechziger Jahre, aber ohne Trennwand bilden die Kulisse für das nicht nur verbale Duell der beiden konkurrierenden Diven. Davis stellte den ehemaligen Kinderstar Baby Jane Hudson dar, die ihre auf einen Rollstuhl angewiesene Schwester Blanche alias Crawford quält.

Désirée Nick beherrscht die Bühne mit raumgreifender körperlicher Präsenz, umwerfender schauspielerischer Variabilität und explosiver Stimmgewalt. Für die eitle Hollywood-Diva Crawford gibt es offenbar kein Tabu. Sie hat und braucht Mumm - und das sprichwörtlich in Form von Sekt. Alkohol ist ihr ständiger Begleiter und guter Freund. Mit ihm ist es "wundervoll, eine Perfektionistin zu sein. Eine Joan Crawford ist es sich schuldig, immer tipptopp auszusehen!" Mangelnde Bildung macht die ehemalige Tänzerin mit hemmungslosen Intrigen wett.

Anouschka Renzi steht als Bette ihrer Konkurrentin im Abschießen bissiger Fiesigkeiten kaum nach, doch sie gibt die wählerische, kritische Schauspielerin mit Bühnenerfahrung und zwei Oscars, einem mehr als Crawford. Bette Davis war es wichtig, durch ihre schauspielerischen Fähigkeiten aufzufallen und weniger durch ihr Aussehen: "Ich war keine Hupfdohle, die sich auf ihr Aussehen verlassen konnte. "Mir war es immer egal, wie ich aussah, solange ich nur wie meine Figur aussah." Konsequenterweise schminkt sie sich selbst als Baby Jane hässlich. Selbstbewusst meint sie: "Meine Fans lieben das, wenn ich etwas riskiere."

Mit Humor, aber auch Reue und Selbstkritik blicken die beiden Filmlegenden auf ihre Leben zurück, die viele Unterschiede aufweisen, aber auch zahlreiche Parallelen: Beide Frauen mussten sich aus schwierigen Kindheitsverhältnissen hochkämpfen, hatten je vier Ehemänner und zahlreiche Affären mit Hollywoodgrößen wie Spencer Tracy, Yul Brunner oder Rex Hudson. Einig waren sie sich, dass das Filmgeschäft ein grausamer Dschungel ist, in dem Männer die Beutegreifer sind. Der weibliche Kampf um Anerkennung und finanzielle Beteiligung ist somit schier aussichtslos. Ihr Regisseur Bob Aldridge liebt böse, widerwärtige Dinge. Da Männer so mängelbehaftet sind und Frauen auf vielerlei Arten weh tun, stellen sie unisono fest: "Wir hätten heiraten sollen!"



Die Einigkeit währt nur kurz, denn die Gegnerschaft der beiden Frauen zieht sich auch in ihr Privatleben, hat doch Bette eine von Joans Ehen zerstört. Für Joan, die nie vor der Besetzungscouch zurückschreckte, weil Sex eine Frau jung hält, war Clark Gable der König "mit dem Instinkt eines wilden Stieres" und Verständnis für Joans Reinlichkeitsfimmel. Für Alfred Hitchcock hat Joan ein paar Jahre ausgesetzt, dann wurde sie von ihrem Hollywood-Vater aus dem Nest geschmissen.

Doch auch Bettes Privatleben verlief so dramatisch wie viele ihrer Filmgeschichten. Ein Ehemann starb, von den anderen ließ sie sich scheiden, denn "keiner war Manns genug, Herr Bette Davis zu werden". Nur ihrer große Liebe William Wyler trauert sie nach, jedoch weigerte der sich, für sie seine Frau zu verlassen. Sie leidet auch darunter, dass ihre Tochter Barbara Hyman, die Älteste unter ihren drei Kindern, sie in einem Buch als Rabenmutter darstellt. Nach ihrer eigenen Meinung war Frau und Mutter ihre beste Rolle.

Bette nutzt mitleidlos die Unflexibilität ihrer Feindin aus, indem sie den Regisseur nächtens immer zu Änderungen des Drehplans überredet, wohl wissend, dass das Joan zur Verzweiflung treibt. Deren Hysterie motiviert Bette, schadenfroh zu tanzen.

Joan, die vor Bettes Gemeinheiten Angst hat, revanchiert sich, indem sie sich einen Bleigürtel umlegt, bevor die fragile Kollegin sie aus dem Rollstuhl heben muss, während sie süffisant murmelt: "Ich werde Rücksicht nehmen auf Miss Davis Rücken."

Nach einem körperlichen Gerangel, bei dem Joan heftiger und lauter als Bette ist, finden die erschöpften Kämpferinnen Einigkeit in der Feststellung: "Keine Zusammenarbeit! Nie mehr!" Beide Frauen brauchen es sehr, gemocht zu werden und ein sicheres Zuhause zu haben. Sie kennen einander und ihre Tricks sehr gut. Zum Abschied sichern sie sich Hollywood-like gegenseitig Professionalität und gute Manieren zu.

"Bette & Joan" ist allein für den Genuss von Désirée Nicks überwältigend intensiver Darstellkraft den Besuch wert, Dialekt-Imitationen, Kabarettanklänge und Stand-up-Comedy inklusive. Bis 28. Januar kann man das äußerst amüsante Stück im Schlosstheater Neuwied noch sehen. Karten gibt es unter www.schlosstheater.de. (htv)


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