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Nachricht vom 13.09.2023    

Mit 148 km/h durch Weißenthurm gerast - Landgericht Koblenz muss nach Revision erneut verhandeln

Von Wolfgang Rabsch

Die 14. Strafkammer des Landgerichts Koblenz, hat erneut über einen Fall zu verhandeln, der nach eingelegter Revision der Staatsanwaltschaft durch den Bundesgerichtshof (BGH) an das Landgericht zurückverwiesen wurde. Durch Urteil einer anderen Strafkammer war der Angeklagte am 29. Juni 2022 unter anderem wegen versuchten Mordes zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und acht Monaten verurteilt worden.

Foto: Wolfgang Rabsch

Koblenz. Die zu verhandelnden Tatvorwürfe lauten: Eine Polizeistreife wollte 3. Februar 2021 in Weißenthurm eine Verkehrskontrolle durchführen, dieser entzog sich der Angeklagte jedoch und gab Gas. Es begann eine Verfolgungsjagd durch Weißenturm. Der Angeklagte raste durch verschiedene Straßen in Weißenthurm mit wesentlich überhöhter Geschwindigkeit, wobei er teilweise eine Höchstgeschwindigkeit von 148 Kilometern pro Stunde erreicht haben soll, sodass die Polizei die Verfolgung wegen Eigen- und Passantengefährdung abbrach.

Auf seiner Flucht raste der Angeklagte in Richtung Rhein, selbst in der verkehrsberuhigten Zone, wo sich Eltern mit ihren Kindern bewegten, habe er nicht abgebremst. Ein Vater konnte angabegemäß gerade noch den Kinderwagen mit Baby zurückziehen, sonst wäre dieser unweigerlich erfasst worden. Eine Mutter soll ihren Sohn im allerletzten Moment zurückgezogen haben, als der Abstand zwischen dem Kind und dem Auto nur noch wenige Zentimeter betragen habe. Konnte sie so den sicheren Tod seines Sohnes verhindern? Der Angeklagte fuhr unbeirrt weiter, bis er vom Hochwasser am Rhein aufgehalten wurde. Er habe bis zur Motorhaube im Wasser gestanden, wendete und raste zurück.

Die Polizei hatte inzwischen Straßensperren eingerichtet, auf eine soll der Angeklagte mit einer Geschwindigkeit von bis zu 148 Kilometern pro Stunde zu gerast sein und bremste erst im letzten Moment bis auf 64 Kilometern pro Stunde ab. Am Streifenwagen stehende Polizisten konnten sich nur durch einen Sprung zur Seite und auf das daneben befindliche Gleisbett retten. Dem Angeklagten gelang es trotzdem, an den Streifenwagen vorbeizufahren und weiter zu flüchten. Nur durch Zufall, so die Ansicht der Staatsanwaltschaft, kamen mehrere Menschen relativ unverletzt mit dem Schrecken davon. Der Angeklagte habe aber billigend in Kauf genommen, dass Menschen zu Tode hätten kommen können.

Der BGH hat die Urteilsfeststellungen des Landgerichts Koblenz vom 29. Juni 2022 im Hinblick auf zu den Taten vom 3. Februar 2021 aufgehoben, da die Überprüfung ergeben habe, dass Rechtsfehler zugunsten und zulasten des Angeklagten gemacht wurden. Demzufolge hat die 14. Strafkammer im Hinblick auf die Taten vom 3. Februar 2021 noch einmal die Beweisaufnahme durchzuführen, um zu überprüfen, ob nicht nur wegen der beiden Kinder, sondern auch bezüglich der drei sie begleitenden Erwachsenen versuchter Mord mit gemeingefährlichen Mitteln (durch das Auto) vorgelegen habe. Demzufolge wäre auch das in der ersten Instanz ausgesprochene Urteil einer Überprüfung zu unterziehen und müsse neu gefasst werden.



Nach dem Verlesen der verkürzten Anklage der Staatsanwaltschaft Koblenz verlas der Vorsitzende Richter das Urteil des BGH vom 13. April 2023 mit einer sehr umfangreichen Urteilsbegründung. Auf Anraten seines Verteidigers, Rechtsanwalt Philipp Grassl aus Koblenz, sagte der Angeklagte zunächst nicht zur Sache aus.

Akute Lebensgefahr für Fußgänger?
Als einzige Zeuginnen waren an diesem Verhandlungstag zwei Frauen geladen, die mit ihrem zweijährigen Kind, beziehungsweise Enkelkind, in der Bahnhofstraße in Weißenthurm spazieren gegangen waren. Dort ist es sehr eng, es gibt eigentlich keinen Bürgersteig und der Straßenrand ist rechts und links mit Autos zugeparkt, zudem befindet sich dort eine 30-er-Zone. Die Frauen wollten zum Rhein gehen, als das Auto mit wesentlich überhöhter Geschwindigkeit angerast kam und keinerlei Anstalten machte, abzubremsen. Eine Zeugin: "Wenn wir uns nicht geistesgegenwärtig hinter ein geparktes Auto gerettet hätten, wären wir unweigerlich überfahren worden. Doch der Schrecken war noch nicht vorbei, denn der Raser konnte wegen des Hochwassers am Rhein nicht weiterfahren. Er drehte um und kam nun wieder mit weit überhöhter Geschwindigkeit direkt auf uns zugefahren. Wenn wir uns nicht erneut hinter ein geparktes Auto in Sicherheit gebracht hätten, wären wir vermutlich wieder von dem Raser an- oder überfahren worden".

Die Hauptverhandlung wurde unterbrochen und wird am 25. September 2023 fortgesetzt. Zu diesem Termin sind weitere Zeugen geladen. Wir werden weiter berichten. (Wolfgang Rabsch)



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