Altenkirchens Wäller Buchhandlung: Nach Brand Rückkehr ins Ur-Geschäft fest eingeplant
Wie der Zufall manchmal so spielt: Wegen eines Brandschadens muss Solveig Prusko ihre Wäller Buchhandlung in der Altenkirchener Wilhelmstraße von jetzt auf gleich schließen. Doch nur wenige Meter entfernt steht ein Ladenlokal leer, in dem das Geschäft fast ohne Unterbrechung fortgeführt werden kann.
Altenkirchen. Im Nachgang blickt sie beinahe entspannt auf den 18. April zurück. „Niemandem ist etwas passiert, auch mir nicht“, sagt Solveig Prusko mit inzwischen einer gehörigen Portion zeitlicher Differenz zu jenem Dienstag, an dem ihr Geschäft, die Wäller Buchhandlung in der Altenkirchener Wilhelmstraße, Schauplatz eines Großeinsatzes der Feuerwehr wurde. Sie hatte kurz nach Mittag einen Brand entdeckt, nachdem zweimal ein verdächtiges „puff puff“ zu hören gewesen und der Strom ausgefallen war. Die Kontrolle des Sicherungskastens offenbarte den Grund. „Ich stand einer hellen Flammenwand gegenüber“, beschreibt Prusko das Erlebte, das nur eine einzige Reaktion zur Folge hatte: die Alarmierung der Rettungskräfte. Alle seien schnell am Ort des Geschehens gewesen, vor dem Haus mit der Nummer 45 hätten schließlich eine Menge Löschfahrzeuge gestanden. „80 Wehrleute waren da, und alle hatten was zu tun. Ich habe nunmehr Hochachtung vor diesen Freiwilligen“, lobt sie das Team, das sich der Bekämpfung des Feuers angenommen hatte, galt es doch, auch ein Übergreifen auf benachbarte Gebäude zu verhindern. Nach ersten Erkenntnissen der Brandermittler sei Kabelfraß von Tieren mit anschließendem Funkenübersprung die Ursache für das Entzünden gewesen. Der Schwelbrand habe sich dann weiter Richtung Dach ausgebreitet, in der Zwischendecke wie ein Baum verzweigt. Inzwischen steht nach der gutachterlichen Inaugenscheinnahme des Objektes fest, dass das markante Haus mit der schönen Fassade (Baujahr 1902) komplett entkernt und im Innenbereich erneuert werden muss. Derzeit ist die Rede von einer Mindestdauer für die Sanierung von rund einem Jahr. Unbewohnt waren das erste und zweite Obergeschoss. Dem zunächst nicht anwesenden Mieter der Wohnung unterm Dach war schließlich für wenige Minuten gestattet worden, an der Seite eines Feuerwehrmannes seine wichtigsten Habseligkeiten zusammenzusuchen und in Sicherheit zu bringen.
Ware musste gesäubert werden
Buchhandlungsgeschäftsführerin Prusko stuft „ihren Schaden“ als nicht allzu hoch ein. Zum Teil musste Schulbedarf neu geordert werden, da diese „Abteilung“ am stärksten von dem Unglück betroffen war. „Viele Dinge waren noch im Lager und blieben unversehrt“, zeigt sie einen vorteilhaften Umstand auf, „auch viele Kinderbücher konnten gerettet werden.“ Einher mit den Gedanken um den Fortbestand des Geschäftes ging die Dekontamination der Ware von Ruß, Dreck, Gestank und anschließender Lüftung. Das sei schon recht aufwendig gewesen, erinnert sich Prusko und dankt den Wehrleuten, die „ich angefleht habe, meine Arbeitsgeräte wie Computer und Co. samt Kabel zu retten, was zum Glück gelang. Da vieles noch funktionstüchtig war, liegen uns Kundendaten, Bestellungen und Verläufe vor. Lediglich mein Laptop war kaputt“. So schnell wie das Feuer um sich gegriffen hatte, beinahe ebenso fix tat sich für Prusko ein im Handumdrehen umzusetzender Ansatz für den Fortbestand der Wäller Buchhandlung ohne vielmonatige Schließung auf. Ihr Vermieter bot ein nur wenige Meter entfernt gelegenes und ebenfalls ihm gehörendes Ladenlokal an, dessen Mieter den Vertrag bereits gekündigt hatte. Die Details waren schnell geklärt, der Noch-Nutzer froh, schon früher die Räume in der Wilhelmstraße 49 verlassen zu können.
Deutliche Verkleinerung
So wurde das Innenleben in Windeseile von Energieberatung auf Buchladen getrimmt (nur wenige handwerkliche Tätigkeiten waren erforderlich), die letzten Regale noch an den Stadtfest-Tagen Anfang Mai zusammengeschraubt, während vor der Tür bereits ein Flohmarkt angeboten wurde. Das einzige Manko: „Von unseren einstmals 140 Quadratmetern Verkaufsfläche sind nur 40 übrig geblieben. Das ist eine echte Herausforderung“, weiß Prusko, „aber der Service ist genauso gut und so groß wie vorher. Schon jetzt können wir feststellen, dass unsere Stammkunden die neue Lokation annehmen.“ Egal, wie lange die Abstinenz vom originären Standort auch dauert, „wir sind hochgradig motiviert, wieder ins alte Refugium einzuziehen.“ Sie hoffe, dass die Kunden weiterhin so zu stöbern wissen wie sie es zuvor getan hätten. Denn je größer die Fläche, je höher sei die Verweildauer, und damit gehe auch in den meisten Fällen ein Kauf einher. Die Kunden fühlten sich in einer großzügigeren Umgebung unbeobachtet, „während hier doch alles sehr eng ist und viele immer noch, vielleicht unbewusst, auf Abstandsregeln aus der Corona-Pandemie achten“.
Auch ein Wasserschaden
Nach wie vor ist Prusko froh, seit der Eröffnung am 19. März 2019 auch während der Virus-Herrschaft „nie richtig zu gehabt zu haben“. Online-Shop mit Auslieferungen und Abholstation lauteten die Hilfsmittel, um den wirtschaftlichen Fortbestand nicht zu gefährden. Selbst ein größerer Wasserschaden, wenige Tage vor der Flutkatastrophe entlang der Ahr im Juli 2021 warf Prusko, auch Autorin und Herausgeberin von Kinderbüchern (unter anderem Serie über Emmi Cox, die Gewürzdetektivin), nicht aus der Bahn. Die Berieselung von oben infolge des Bruchs eines alten Schlauches an einem Hahn hatte vor allem den Kassenbereich in Mitleidenschaft gezogen. „Als ich die Tür aufschloss, hörte sich ein ungewöhnliches Wasserrauschen“, kramt sie in den Erinnerungen. Einen Tag lang musste das Geschäft ruhen, ein „Container voll weggeschmissen“ werden. „Drei Trockungsgebläse brummten uns sechs Wochen lang die Ohren voll“, erzählt Prusko, „wäre es ein paar Tage später passiert, hätten wir keine Geräte mehr bekommen, weil der Markt wegen des Ahrtals leer gefegt gewesen war“. So sind die gut vier Jahre seit dem Start nicht gerade eintönig verlaufen. Gedanken, dass vielleicht ein Fluch über dem Haus (ehemals auch Schuhgeschäft Feisel) liegen könnte, hat sie nie richtig groß werden lassen. Nach Wasser und Feuer ist es ihr wichtig zu beobachten, inwieweit sich Ukraine-Krieg, Energiekrise und Inflation auf den Umsatz auswirken, der seit Eröffnung kontinuierlich gestiegen sei. Fakt ist, dass die Zahl der Kunden sinkt, „das betrifft aber alle in der Stadt“. Deswegen war es eminent wichtig, in unmittelbarer Nähe des „Geburtsortes“ der Wäller Buchhandlung die Übergangslösung zu etablieren. Sie weiß: „Wenn man uns nicht findet, verliert man auch Kunden.“ Eine Aufgabe war sowieso nie ein Thema: „Und wenn ich dann für das ,Großstadtimage’ meiner Bücherei gelobt werde, weil Kunden nicht mehr nach Köln oder Bonn fahren, dann ist das ein weiterer Ansporn, die Rückkehr fest im Blick zu haben.“ (vh)
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