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Nachricht vom 23.03.2023    

Freudenberg nimmt mit einer bewegenden Trauerfeier Abschied von Luise

Von Jennifer Patt

Am Mittwochabend (22. März) nahm die Stadt Freudenberg Abschied von der zwölfjährigen Luise. Die Trauerfeier für die Angehörigen fand in der evangelischen Kirche im engsten Kreis statt. An Luises ehemaliger Schule wurde der Gottesdienst per Livestream übertragen und gab allen die Möglichkeit, sich von Luise zu verabschieden.

An Luises Schule wurden Blumen abgelegt.
(Fotos: Jennifer Patt)

Freudenberg. In der evangelischen Kirche in Freudenberg fand die Trauerfeier für Luise im engsten Kreis statt. Der Gottesdienst wurde per Livestream übertragen. Die Polizei schirmte die Öffentlichkeit großflächig ab. An Luises Schule wurde die Trauerrede 1:1 übertragen.

Die Aula, die man für Feierlichkeiten, Zeugnisausgaben und fröhliche Schülern kennt, wurde zu diesem Zweck umfunktioniert. Auf dem Podium befindet sich ein liebevoll hergerichteter Schrein. Ein Foto des Mädchens ist umgeben von Blumen und Kerzen. Alle Augen sind auf ein Bild von Luise gerichtet, was ein unbeschwertes Mädchen mit einem Lächeln zeigt. Etwa 600 Menschen nehmen Abschied von Luise.

Momente der Stille
Es sind Momente, die selbst erfahrene Berufsgruppen verstummen lassen. Journalisten, Ärzte, Juristen, Polizisten und viele andere sind fassungslos. Wo sonst professionell agiert wird, herrscht Ratlosigkeit, Erschütterung. Das Schicksal der getöteten Luise (12) hinterlässt Fragen. Luise wurde aus ihrer Mitte gerissen und hinterlässt ein schmerzliches Loch bei Eltern, Verwandten, Freunden und ihrem gesamten Umfeld. Es fällt schwer, Worte zu finden, für dieses unfassbare Geschehen.

Pfarrer hält ergreifende Traueransprache
Um 18 Uhr beginnt Gemeindepfarrer Thomas Ijewski seine Trauerrede. Er richtet Worte an die Trauergemeinde in der Kirche und in der Aula: "Luise ist tot. Eure Luise! Ihr trauert, unsere Stadt Freudenberg trauert und das ganze Land. Heute sind wir hier, an ihrem Sarg. Um uns gemeinsam an Luise zu erinnern. Um von ihr Abschied zu nehmen." Ijewski macht in seiner Rede deutlich, wie schwer es in so einer Situation sei, am Glauben festzuhalten. Er berichtet über Luises Leben und nimmt Luise somit ein Stück Anonymität – vielen ist Luise nur aus den Medien bekannt. Tiere waren dem Mädchen am wichtigsten, nicht nur die eigenen Meerschweinchen, Luise sammelte Regenwürmer von der Straße auf, damit sie nicht überfahren würden. "In dieser Kirche haben wir Luise getauft. Haben sie Gott ans Herz gelegt. Hier nehmen wir auch von ihr Abschied." Luise habe auch nach ihrem Tod viel Gutes bewirkt, so Pfarrer Ijewski: "Fremde Menschen gehen aufeinander zu, teilen ihre Emotionen, sind füreinander da. Menschen kommen einander näher und Hass darf keine Chance haben." Auf Bitten von Luises Familie richtet Ijewski ein Wort des Dankes aus: "Danke an alle Menschen, die in den vergangenen Tagen an Luise gedacht haben, danke allen Polizisten, Feuerwehrleuten, den Hundestaffeln, denen, die alles gegeben haben, um Luise noch rechtzeitig zu finden." Auch wenn die Mühe nicht erfolgreich war, so haben die Helfer Hoffnung geschenkt und nichts unversucht gelassen.



Kein alltäglicher Anlass
Nach der Trauerfeier lassen viele Menschen Luftballons vor der Schule steigen. Die Trauernden liegen sich in den Armen und spenden einander Trost. Der Kriminalpolizeiliche Meldedienst Siegen (KPD) ist mit etwa 100 Polizisten im Einsatz. "Im Hintergrund hatten wir Unterstützung der Bereitschaftspolizei, diese musste glücklicherweise nicht eingesetzt werden", so Pressesprecher Meik Scholze (KPD Siegen-Wittgenstein). "Der Verkehr musste geregelt werden und ein solcher Anlass ist für niemanden alltäglich und lässt sich schwer einschätzen", so Scholze weiter. Das Ordnungsamt und die Feuerwehr sind auch anwesend.

Das ganze Land trauert
Die Stimmung ist schwer in Worte zu fassen, Kommunalpolitiker Iven Soick (FDP) aus dem nahegelegenen Hilchenbach zeigt sich sichtlich bestürzt: "Sowas kennt man doch eigentlich nur aus den Nachrichten, für den Kreis Siegen-Wittgenstein ist dies unvorstellbar." Soick ist nicht als Politiker anwesend, sondern aus persönlichen Gründen: "Ich bin unglaublich berührt und komme aus Gründen der allgemeinen Anteilnahme." Der ehemalige Polizist Dirk Thomas (57) reiste rund 230 Kilometer aus Herford an. "Die Tat hat mich persönlich aufgewühlt", so Thomas. "Am Anfang spürte ich eine unfassbare Wut in mir. Mit dem heutigen Tag habe ich meinen Frieden gefunden, ich hege keinen Groll mehr. Der Gottesdienst und die Menschen haben mich berührt, und zum Nachdenken gebracht." (JP)



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