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Nachricht vom 06.12.2022    

Altenpflegerin soll wegen schweren Raubes 6 Jahre und 6 Monate ins Gefängnis

Von Wolfgang Rabsch

Am Montag, dem 5. Dezember, fällte die 10. Strafkammer beim Landgericht Koblenz unter dem Vorsitz von Richter Michael Krack das Urteil in einem Prozess, der Schlagzeilen produziert hatte. Worum ging es in dem Verfahren? Der NR-Kurier hatte mehrmals von dem Verfahren berichtet.

Fotograf: Wolfgang Rabsch

Neuwied/Koblenz. Zusammengefasst die Anklage der Staatsanwaltschaft Koblenz

Die Altenpflegerin soll im Mai dieses Jahres als Mitarbeiterin in einem Altenpflegeheim im Kreis Neuwied einen damals 90 Jahre alten Bewohner mit einem starken Beruhigungsmittel bewusstlos gemacht haben, um ihm dann Bargeld in Höhe von zumindest 38.100 Euro zu stehlen. Das Tatopfer soll über mehrere Stunden bewusstlos gewesen und anschließend drei Tage im Krankenhaus behandelt worden sein. Zudem sei noch eine Geldbörse mit etwa 250 Euro Inhalt gestohlen worden.

Die Beweisaufnahme wurde fortgeführt mit der Einvernahme eines sachverständigen Zeugen vom Landeskriminalamt in Mainz, der mit der Erstellung eines daktyloskopischen Gutachtens beauftragt war. Der Zeuge berichtete, dass er den Auftrag hatte, auf bei der Hausdurchsuchung vorgefundenen Geldscheinen festzustellen, ob dort Fingerabdrücke von dem Bewohner des Altenheims nachgewiesen werden konnten. Auf einem Geldschein waren Fingerabdrücke des Geschädigten feststellbar. Die Vergleichsproben ergaben 15 Übereinstimmungen, zwölf Übereinstimmungen werden bereits als sehr gut angesehen, um den Fingerabdruck zuzuordnen.

Eine Kriminalbeamtin, die bei der Hausdurchsuchung vor Ort war, sagte aus, dass der Ehemann der Angeklagten belehrt wurde, bevor ihm der Durchsuchungsbeschluss gezeigt wurde. Der Ehemann äußerte sich zu dem Verdacht folgendermaßen: "Woher soll sie denn so viel Geld haben?"

Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft beantragte, einen rechtlichen Hinweis dahin gehend zu erteilen, dass die Angeklagte nicht nur wegen Paragraf 224 Absatz1 Nr. 5 StGB, sondern auch wegen Paragraf 224 Abs. 1 und Absatz 3 verurteilt werden kann. Zudem solle im Falle einer Verurteilung ein Berufsverbot für die Angeklagte als Altenpflegerin oder Altenpflegehelferin ausgesprochen werden. Weiterhin sollen die bei der Hausdurchsuchung vorgefundenen 31.050 Euro eingezogen, sowie ein Wertersatz über 6.700 Euro ausgesprochen werden.

Im BZR (Bundeszentralregisterauszug) waren insgesamt fünf Voreintragungen zu finden, unter anderem mehrfacher Betrug, Diebstahl und Urkundenfälschung. Bei drei Vorverurteilungen wurden Freiheitsstrafen zur Bewährung ausgesetzt. Der Vorsitzende verlas den Urteilstenor der Verurteilung wegen Diebstahls und Urkundenfälschung, der heftige Anschuldigungen enthielt, zum Schutz der Angeklagten hier aber nicht wiedergegeben wird.

Der Vorsitzende gab bekannt, dass keinerlei Erörterungen mit dem Ziel einer tatsächlichen Verständigung stattgefunden haben. Die Beweisaufnahme wurde einvernehmlich geschlossen.

Plädoyers von Staatsanwaltschaft und Verteidigung
In ihrem Plädoyer erwähnte die Oberstaatsanwältin, dass sie einen Zettel in zwei Rubriken aufteilt: zugunsten und zulasten der Angeklagten. Hinter "Zugunsten" habe sie ein großes Fragezeichen gesetzt, weil ihr beim besten Willen nichts Positives zur Angeklagten eingefallen sei. Zu ihren Lasten gehen die massiven Vorstrafen, der Vertrauensbruch zu einem schutzbedürftigen älteren Menschen, dass sie einen alten Menschen missbraucht habe und sich nicht zu einem Geständnis habe durchringen können.



Die Staatsanwaltschaft beantragt eine Freiheitsstrafe von sieben Jahren
Insgesamt beantragte die Staatsanwaltschaft Koblenz eine Freiheitsstrafe von sieben Jahren, Einziehung des vorgefundenen Geldbetrages in Höhe von 31.050 Euro und die 6.700 Euro als Wertersatz festzusetzen, ein Berufsverbot als Altenpflegerin oder Altenpflegehelferin auszusprechen und Fortdauer der Untersuchungshaft anzuordnen.

Rechtsanwalt Ecker als Vertreter des Nebenklägers beantragte Schuldfeststellung und schloss sich insgesamt weitestgehend dem Antrag der Staatsanwaltschaft an.

Rechtsanwältin Braun plädierte leidenschaftlich auf Freispruch, weil nicht eindeutig nachgewiesen werden könnte, dass ihre Mandantin den Zeugen betäubt hätte. Jede der Pflegerinnen auf der Station hätte die Gelegenheit dazu gehabt. Hilfsweise beantragte Rechtsanwältin Braun im Falle einer Verurteilung ein sehr mildes Urteil.

Beim letzten Wort der Angeklagten brachen wieder alle Dämme, sie weinte und konnte kaum verständlich sprechen: "Ich liebe meine Familie, sie geht mir über alles. Wenn ich verurteilt werde, habe ich alles das, was mir etwas bedeutet, verloren. Bitte, bitte glauben Sie mir, dass ich dem älteren Herrn nichts getan habe. Ich nehme meinen Beruf sehr ernst und käme nie auf den Gedanken, älteren Menschen etwas anzutun und ihnen falsche Medikamente zu verabreichen. Da mein Mann mir nach der letzten Verurteilung drohte, er würde sich scheiden lassen, wenn ich nochmals etwas machen würde, habe ich mir nichts mehr zuschulden kommen lassen, denn ich liebe meinen Mann. Ich sehne mich auch nach meinem Sohn, den ich sehr vermisse. Die Untersuchungshaft macht mich wirklich fertig, ich weiß nicht, wie ich das alles durchstehen soll."

Das Urteil im Namen des Volkes
"Die Angeklagte wird wegen schweren Raubs in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Das bei der Hausdurchsuchung vorgefundene Bargeld in Höhe von 31.050 Euro wird eingezogen, sowie ein Wertersatz in Höhe von 6.700 Euro festgesetzt. Weiterhin wird ein lebenslanges Berufsverbot für die Tätigkeit als Altenpflegerin oder Altenpflegehelferin ausgesprochen und der Haftbefehl bleibt aus den Gründen, die zu seinem Erlass führten, weiterhin aufrechterhalten."

In seiner sehr ausführlichen Urteilsbegründung führte Richter Michael Krack nochmals ausgiebig alle für und gegen die Angeklagte sprechenden Fakten und Indizien auf. Er ließ erkennen, dass die Kammer bei der Urteilsfindung keinerlei Zweifel an der Täterschaft der Angeklagten gehabt habe, die klare Indizienlage sprach dafür und konnte nicht glaubwürdig widerlegt werden. Die Kammer konnte auch keinen minderschweren Fall eines Raubs feststellen. Die Umstände des Tatgeschehens und der Planung, ließen keinen anderen Schluss zu, als einen schweren Raub anzunehmen.

Nach erfolgter Rechtsmittelbelehrung wurden keine Erklärungen abgegeben, darum ist das Urteil nicht in Rechtskraft erwachsen.



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