Volksfest beim Weltmarktführer
Riesen-Ansturm beim Tag der offenen Tür von Wirtgen in Windhagen – Essen und Trinken: Alles umsonst
Windhagen. „Ganz schön voll geworden!“, sagt Jürgen Wirtgen, als er sich in der Mittagszeit zusammen mit seinem Bruder Stefan eine Currywurst mit Pommes in dem brechend vollen Gastronomiezelt auf dem Wirtgen-Gelände holt.
Der Ansturm war überwältigend: Geschätzte 20.000 Menschen kamen gestern zum Tag der offenen Tür der Wirtgen-Group in Windhagen. Das waren noch einmal deutlich mehr als beim letzten Besuchertag vor 6 Jahren, als 14.000 Interessierte über das Werksgelände entlang der A3 flanierten.
Die Veranstaltung glich auch diesmal wieder einem Volksfest: Essen und Trinken spendierte die Firma ihren Gästen, alles war umsonst. Stattdessen wurde um eine Spende für die Kinder in Not-Stiftung von Gisela Wirtgen, der Ehefrau des verstorbenen Firmengründers Reinhard Wirtgen gebeten. Von 1983 an bis heute ist die Seniorchefin des Unternehmens ununterbrochen Vorsitzende der Stiftung „Kinder in Not“. Die Hilfe findet weltweit statt. Besonders auf den Phillipinen, in Indien, Brasilien und Chile. In dieser Zeit haben Gisela Wirtgen und ihre wenigen Helfer insgesamt 14,5 Millionen Euro an Spenden eingenommen und verteilt.
Das Geld fließt ohne Abzüge für Verwaltungskosten in die Projekte. Gefördert werden die Bereiche Schule und Beruf, Gesundheit und Familienhilfe. Nur einen hauptamtlichen Mitarbeiter hat die Stiftung, außerdem noch eine Halbzeit-Beschäftigung sowie 400-Euro-Kräfte. Das Spendenziel gestern hatten sich die Mithelfer um Gisela Wirtgen hoch gesteckt: 100.000 Euro an diesem einen Tag wollten sie einsammeln.Ob das Ziel erreicht wurde, wird man sehen, wenn die über das Werksgelände verteilten Kassen gezählt wurden.
Unterdessen setzt das von Gisela Wirtgens Söhnen Stefan und Jürgen geführte Unternehmen unbeirrt seinen Wachstumskurs fort. Seit 1996, sagen die Brüder, ist der Jahresumsatz von 350 Millionen Euro auf jetzt 1,8 Milliarden Euro gewachsen. Das ist eine jährliche Umsatzsteigerung von 20 Prozent. In dieser Größenordnung, so Stefan Wirtgen, soll die Firma auch in den kommenden Jahren wachsen. Wirtgen ist laut eigener Aussage Weltmarkführer für Straßenbaumaschinen.
Die stärksten Wachstumsmärkte sind China, Indien und Brasilien. Jürgen Wirtgen: „Hier entwickeln sich unsere Geschäfte besonders dynamisch.“ In China und in Indien entstehen zurzeit neue Wirtgen-Fabriken. Die Maschinen von Wirtgen werden zu 90 Prozent für den Export gebaut. Insgesamt beschäftigt die Wirtgen-Gruppe 5.000 Mitarbeiter, allein in Windhagen 1.300. Hier, in dem kleinen Dorf an der Landesgrenze zu Nordrhein-Westfalen, sind innerhalb von 18 Monaten – bis zum Jahresende – 200 Neueinstellungen geplant. Das wird für Wirtgen nicht allzu schwer werden. Die Jobs hier sind begehrt, weil ein sicherer Arbeitsplatz.
Am Standort Windhagen sind innerhalb der nächsten zwei Jahre Investitionen von 40 Millionen Euro geplant. 121 Lehrlinge bildet Wirtgen zurzeit aus. Hauptsächlich für den eigenen Bedarf. Die Ausbildung lässt sich das Unternehmen mehr kosten als die meisten anderen Betriebe. Lehrlinge bekommen zusätzlich zur Berufsschule noch flankierenden Stützunterricht von Wirtgen-Ausbildern. Im bundesdeutschen Durchschnitt liegt die Ausbildungsquote von Unternehmen bei 3 Prozent. Wirtgen liegt mit 9 Prozent weit über diesem Durchschnitt.
Stefan und Jürgen Wirtgen sind mit der Unterstützung ihres Unternehmes durch die Politik und die kommunale Verwaltung sehr zufrieden. Besonders erwähnen sie die gute Zusammenarbeit mit der Ortsgemeinde, der Verbandsgemeinde Asbach und dem Kreis Neuwied. Nur ein Problem drückt die beiden jungen, dynamischen Firmeninhaber momentan etwas. Das ist der Mangel an genügend qualifizierten Bewerbern für die von Wirtgen zu vergebenden Ingenieursstellen im Unternehmen. 70 zusätzliche Ingenieure könnten bei Wirtgen ihre Karrieren beginnen – wenn sie sich bewerben würden. Um Ausbildungsstellen bei dem Weltmarktführer können sich Hauptschüler, Realschüler und Abiturienten bewerben. Holger Kern
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