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Nachricht vom 13.02.2022    

Forst verstößt im Kaltenbachtal gegen fachliche Praxis und ökologische Waldwirtschaft

Der Umweltverband Naturschutzinitiative e.V. (NI) erachtet die forstlichen Arbeiten im Kaltenbachtal als einen schwerwiegenden und verantwortungslosen forstlichen Eingriff in das Ökosystem Wald mit seinen streng geschützten Arten. Wichtige Lebensräume für Tiere und Pflanzen sowie Wander- und Erholungsgebiete für Menschen wurden erheblich beeinträchtigt oder sogar zerstört.

Fahrspuren im Wald. Fotos: NI

Rheinbrohl. Diese forstlichen Eingriffe sind nicht die einzigen Verstöße des zuständigen Revierleiters gegen die sogenannte „gute fachliche Praxis“. Der Revierleiter und der zuständige Forstamtsleiter werden nach Auffassung des Naturschutzverbandes NI ihrer Verantwortung gegenüber unseren Wäldern nicht gerecht. Hierüber wurde bereits auch in der Fachpublikation Naturschutz Magazin, Ausgabe 02/2020 ausführlich berichtet.

„Darüber hinaus wünschen wir uns im Zeitalter des Artensterbens, dem Verlust an biologischer Vielfalt und der Lebensräume ein stärkeres Engagement der Naturschutz- und Forstbehörden für den Natur- und Artenschutz“, erklärten Harry Neumann, Landesvorsitzender der NI und Biologe Günter Hahn, Sprecher der NI im Kreis Neuwied.

Der Umweltverband fordert eine naturverträgliche Bewirtschaftung der Wälder, keine naturwidrigen Aufräum- und Aufforstungsprogramme und keine neuen Monokulturen im Wald. Außerdem fordert die NI FFH-Verträglichkeitsprüfungen in europäischen Schutzgebieten.

Um eine weitere fachliche Expertise zu den katastrophalen Zuständen im Kaltenbachtal einzuholen, hat die Naturschutzinitiative (NI) die beiden Biologen Prof. Dr. Eberhard Fischer und Dr. Dorothee Killmann von der Universität Koblenz-Landau, Campus Koblenz, Abteilung Biologie gebeten, zu den forstlichen Arbeiten im Kaltenbachtal Stellung zu nehmen.

Stellungnahme von Prof. Dr. Eberhard Fischer und Dr. Dorothee Killmann

"Bei einer Geländebegehung des FFH-Gebietes "Wälder zwischen Linz und Neuwied" und angrenzenden Wäldern konnten wir feststellen, dass zahlreiche Altbuchen und damit potentielle Biotopbäume für Fledermäuse, Spechte und Eulen im FFH-Gebiet gefällt wurden.

Darüber hinaus wurden Habitate des Steinkrebses an Leubsdorfer und Ariendorfer Bach sowie am Kaltenbach aufgesucht. Der Steinkrebs ist eine nach der FFH-Richtlinie prioritär geschützte Art und wird dort im Anhang II geführt. In Rheinland-Pfalz steht er auf der Roten Liste als „gefährdet“ (RLP 3). Seine Lebensstätten dürfen nicht beeinträchtigt werden. Eine Verschlechterung seiner Populationen ist nicht zulässig. Steinkrebse leben in sauerstoffreichen, relativ schnell fließenden Bächen naturnaher Wälder. Sie benötigen ein stabiles, kiesig-steiniges Substrat, in das sie ihre Höhlen graben.



Beide Bachtäler sind durch die Forstarbeiten extrem stark beeinträchtigt. Hier wurden am Hang sogenannte Fichtenkalamitätsflächen kahlgeschlagen.

Im Leubsdorfer und Ariendorfer Bach sind die Habitate durch Holzpolter überbaut, zudem findet sich Ast- und Stammholz direkt im Bachlauf. Im Bereich des Kaltenbachs wurden die Arbeiten mit Hilfe von schweren Forstmaschinen durchgeführt. Die bis zu einem Meter tiefen Fahrspuren sind direkt im geschützten Biotop des Bachlaufes und am Hang erkennbar.

Die Verdichtung des Bodens, die Freistellung der Bachläufe und die damit einhergehende plötzliche Veränderung des Mikroklimas sind gravierend und führen nach unserer Ansicht zu einer deutlichen Verschlechterung des Steinkrebs-Lebensraumes und des gesamten Ökosystems Wald. Eine Restaurierung des Geländes im Kaltenbachtal ist aufgrund der Schwere der forstlichen Eingriffe sehr fraglich.

Wir verweisen auch auf unsere Fachpublikation ‚Ökologische Waldwende – Jetzt‘, deren Grundsätze hier in erheblicher Art und Weise verletzt wurden“, so die Biologen Prof. Dr. Eberhard Fischer und Dr. Dorothee Killmann.

Harry Neumann und Günter Hahn betonen, dass es zu den Rodungsflächen im Kaltenbachtal keine direkte Wegeanbindung und auch keine Rückegassen für die hier eingesetzten Großgeräte gibt. Umso unverständlicher ist es, dass der Harvester mit offensichtlicher Unterstützung des zuständigen Försters mitten durch den Bestand des schützenswerten und naturschutzfachlich wertvollen Hainsimsen-Buchenwaldes auf mehreren hundert Metern gefahren ist.

Der Harvester hat damit den wertvollen, natürlichen Waldboden stark verdichtet und irreversibel geschädigt. Neumann und Hahn gehen davon aus, dass zum Beispiel die dort im Boden überwinternden Feuersalamander und andere Kleintiere zerquetscht und damit getötet wurden. Die Harvesterspuren verlaufen sogar senkrecht zum Waldhang, so dass der Boden bei Regen erodiert und in den Kaltenbach eingeschwemmt wird. Dort lebt der Steinkrebs, dessen Höhlen dann zugeschwemmt werden. (PM)


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