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Nachricht vom 02.02.2022    

Oldtimer: Was mit dem H-Kennzeichen erlaubt ist - und was nicht

Ein Fahrzeugmuseum in Süddeutschland hat vor einigen Jahren seinen Bestand verkleinert. Einige fabrikneue klassische Wohnmobile wurden zum Verkauf angeboten. Das begeisterte viele Oldtimerfans und sie standen Schlange, um sich eines der Stücke zu sichern. Doch die Käufer erlebten beim Versuch, die alten Schätzchen zuzulassen, eine böse Überraschung: Da die Wohnmobile noch nie angemeldet waren, galten sie rechtlich nicht als Oldtimer. Das H-Kennzeichen fiel damit aus. Doch auch eine normale Neuzulassung war nicht möglich. Die alte Motorentechnik erfüllte keinerlei Grenzwerte, was eine Erlaubnis für den Straßenverkehr unmöglich machte. Das Museum hat inzwischen einen Rückkauf angeboten. Die zeigt aber, wie die schwierig die Zulassung von Oldtimern sein kann.

Foto Quelle: pixabay.com / klaushausmann

Was ist ein Oldtimer?
Für die offizielle Zulassung eines Fahrzeugs zum Oldtimer muss der Tag der Erstzulassung - und eben nicht des Produktionsdatums - mehr als 30 Jahre zurückliegen. Außerdem muss sich das Fahrzeug im Originalzustand befinden oder zumindest entsprechend der zeitgenössischen Technik und Mode modifiziert sein. Das ist gerade heute ein sehr "heißes Eisen". Die fröhlich-verrückte Auto-Tuning-Mode der 80er erreicht jetzt ebenfalls dieses kritische Alter. Die verbreiterten, tiefergelegten und weitreichend umgebauten Mantas, Golfs, Sciroccos und 190er haben damit auch gute Chancen auf eine Oldtimer-Zulassung. Im Zweifelsfall entscheidet ein Gutachten darüber. Alles andere würden dem Sinn des Oldtimer-Gedankens und seinen Status entgegenlaufen. Schließlich handelt es sich bei einem klassischen Automobil um ein "schützenswertes, historisches Kulturgut". Und das schließt eben alle historisch verbürgten Variationen mit ein. Wenn das nur Walter Zender noch erlebt hätte!

H-Kennzeichen und was es bringt
Das H auf dem Nummernschild weist ein Fahrzeug als "historisch" aus. Es hat damit einige Vorteile, jedoch auch ein paar Nachteile. Mit einem H-Kennzeichen treten folgende Berechtigungen in Kraft:

- Befahren von Umweltzonen trotz unpassender Schadstoffklasse
- reduzierter Steuersatz
- ggf. Wegfall der Gurtpflicht (Bei Fahrzeugen vor der EZ 1974).

Die Nutzung eines H-Zulassungsfähigen Fahrzeugs ist jedoch eingeschränkt. Es darf weitestgehend frei für private Zwecke genutzt werden. Bei gewerblicher Verwendung sind aber folgende Riegel vorgeschoben:

- kein Bekleben mit gegenwärtiger Werbung
- keine Vermietung
- keine Nutzung historischer LKW für reguläre, gewerbliche Zwecke.

Der Einsatz eines Fahrzeugs mit H-Kennzeichen als "Daily Driver" ist nicht gestattet, aber geduldet. Mangels schwieriger Nachweislage der nicht dem Erhalt dienenden Verwendung wird in diesen Fällen von einer Ahnung abgesehen. Ganz anders sieht dies bei einer gewerblichen Nutzung aus. Wird ein Oldtimer mit H-Kennzeichen offiziell vermietet, kann dies ein Verfahren wegen Steuerhinterziehung nach sich ziehen. Das musste beispielsweise ein Taxifahrer in Berlin erleben, der seinen alten /8er Mercedes zu diesem Zweck eingesetzt und beworben hat. Das zeigt, dass auch die Kombination "Fahrer und Fahrzeug" von der gewerblichen Nutzung H-zugelassener Oldtimer ausgeschlossen ist. Es geht eben bei dieser gesetzlichen Regelung darum, die Fahrzeuge zwar öffentlich sichtbar zu machen, die weitere Verwendung auf deren Erhalt und Pflege zu beschränken.

Beim Thema "Bekleben mit Werbung" kommt es wieder auf den originalen Charakter an. Auch straßenzulassungsfähige Rallye-Fahrzeuge sind als Oldtimer zertifizierbar. An diese gehört aus Originalitätsgründen die Beklebung mit zeitgenössischer. Man stelle sich mal einen Ford GT40 ohne "Gulf" Aufkleber vor!

Umgekehrt darf der Oldtimer aber nicht als "Hingucker" für gegenwärtige Werbebotschaften verwendet werden. Das Bekleben von Klassikern aus Werbezwecken ist damit nicht gestattet, sofern das Fahrzeug einen H-Status erhalten soll.

Umbauten an Oldtimern
Wie am Beispiel der Spoiler und Tuningteile erwähnt, ist der Umbau von klassischen Automobilen nicht grundsätzlich verboten. Manche Ergänzungen und Erweiterungen sind sogar teilweise verpflichtend. Denn auch ein Oldtimer muss sich im Straßenverkehr sicher bewegen können. Das macht einige Modifikationen unumgänglich. Um daraus keinen Freibrief abzuleiten, seinen Klassiker nach Belieben und Geschmack neu zu gestalten, sind die zulässigen Umbauten klar geregelt.

Verpflichtende Umbauten:
- Signalanlage: Warnblinker, Bremslicht, Abblendlicht, Blinker, Fernlicht, Rückfahrlicht, Leuchtweitenregulierung
- Diebstahlsicherung: Lenkradschloss, Alarmanlage, Panzerzündspule, Schalthebelsperre
- Sicherheitsgurte ab Baujahr 1974.

Bei der Beleuchtungsanlage ist noch das Produktionsdatum darüber entscheidend, wie weit diese Verpflichtungen gehen. Warnblinklichter müssen alle klassischen Automobile besitzen, Fernlicht oder eine Leuchtweitenregulierung ist erst für jüngere Fahrzeuge verpflichtend. Jedoch ist der Einbau einer umfassenden Signalanlage in jedem Fall angezeigt. Ob Oldtimer oder nicht, sobald man sich im öffentlichen Straßenverkehr bewegt, sollte man in diesem Punkt keine Kompromisse eingehen. Die Gutachter sind bei der passiven Sicherheit sehr wohlwollend.

Geduldete Umbauten:
Bei Umbauten kommt es auf die Originalität oder den originalen Charakter der Modifikationen an. Manche Anpassungen dienen auch aktiv dem Erhalt des klassischen Fahrzeugs. Dazu zählt beispielsweise der Umbau des Stromnetzes von 6 auf 12 Volt. Dies kann dazu dienen, die Leuchtmittel für die Signalanlage von klassischen und störanfälligen Glühlampen auf moderne LED-Leuchtmittel zu ermöglichen.

Der Umbau einer originalen Auspuffanlage auf eine Variante aus Edelstahl wird ebenfalls problemlos geduldet. Abgasanlagen wurden von Beginn der Automobiltechnik an aus V2A hergestellt, weswegen diese durchaus dem originalen Charakter dienlich sein können. Außerdem gewährleistet eine Edelstahl-Auspuffanlage eine höhere Betriebsbereitschaft des Klassikers.

Reparaturen und Instandsetzungen sind, solange sie fachgerecht durchgeführt wurden, kein Problem bei der H-Zulassung. Das bedeutet, dass größere Rostlöcher verschweißt sein müssen. Das Verwenden von kiloweiser Spachtelmasse wird jedoch beim Gutachter auf wenig Gegenliebe stoßen.

Der Einbau einer Servolenkung dient ebenfalls der Sicherheit. Sie macht das Fahrzeug beherrschbarer und verhindert damit aktiv ein ungünstiges Fahrverhalten. Der Umbau ist zwar ein weitreichender technischer Eingriff, wird aber in den meisten Fällen vom Gutachter geduldet. Gleiches gilt für die Nachrüstung von Sicherheitsgurten in Fahrzeugen vor dem Baujahr 1974.

Bremsen sind bei klassischen Fahrzeugen ein besonders heißes Thema. Die bärenstarken Boliden der "Muscle Car" Ära aus den USA fallen in diesem Punkt äußerst unangenehm aus. So wurden die tonnenschweren Charger, Challenger, Camaros und Firebirds der 1970er zwar mit hubraum- und PS-starken V8 Motoren ausgestattet. Für die Verzögerung gab es ab Werk aber nur schlappe Trommelbremsen. Glücklicherweise hat die Tuning-Industrie dieses Problem bereits damals erkannt und Umbausätze für Scheibenbremsen angeboten. Der Umbau einer Bremsanlage stellt deshalb beim H-Gutachten kein Problem dar, solange es die Sicherheit des Fahrzeugs erhöht.

Verbotene Modifikationen
Um einem Wildwuchs bei der Oldtimerei vorzubeugen, sind der Modifizerbarkeit von klassischen Fahrzeugen enge Grenzen gesetzt. Das beginnt mit weitreichenden Umbauten der Karosserie. Die Umwandlung eines Oldtimers zum Pickup, zur Stretch-Limousine oder zum Cabriolet mag zwar optisch reizvoll sein. Mit Originalität hat das jedoch nichts mehr zu tun. Auch vergleichsweise milde Modifikationen wie der Einbau eines Sonnendachs werden mit höchster Wahrscheinlichkeit zum Verlust des H-Status führen.

Gleiches gilt für den Antrieb. So löblich der Umbau eines "alten Stinkers" auf einen modernen, schadstoffarmen Motor auch ist - historische Originalität ist das dann nicht mehr. Immerhin wird ein Retrofit-Klassiker mit einem neuen Antrieb auch wieder für Umweltzonen zulässig und kann Steuervorteile genießen. Der gewerblichen Nutzung steht damit nichts mehr im Wege. Heute kann man sein beliebig altes Fahrzeug sogar mit einem Elektroantrieb ausstatten lassen. Bei manchen Ü30ern mag das stilistisch passen. Man denke an die japanischen "Raumschiffe" der 80er. Ein Subaru XT mit Elektroantrieb macht das futuristische Konzept dieser Design-Ikone erst komplett. Bei einem flüsterleisen Charger von 1969 sollte der Elektroumbau aber nur für Irritationen sorgen.

Mit dem Oldtimer Geld verdienen
Der gewerblichen Nutzung von H-zugelassenen klassischen Automobilen sind wie beschrieben enge Grenzen gesetzt. Das schließt aber die Möglichkeiten, die Kosten für den Oldtimer durch einen kleinen Nebenverdienst zu schmälern, jedoch nicht vollständig aus. Klassische Fahrzeuge sind als Fotomotiv besonders beliebt. Sie dienen als Hintergrund für Mode-Shootings und für vieles mehr. Hier kann ein eigener Internet-Auftritt oder ein direktes Anschreiben von Agenturen dabei helfen, das Auto entsprechend zu vermarkten.

Die Filmindustrie hat ebenfalls einen ständigen Bedarf an klassischen Automobilen. Fahrzeuge sind in der Filmsprache etablierte Indikatoren für die Gegenwart der Erzählung. Auch hierfür gibt es zahlreiche Agenturen, die sich auf die Recherche von klassischen Fahrzeugen für Filmproduktionen spezialisiert haben.

Soll das Fahrzeug mehrere Tage für Shootings oder Aufnahmen ausgeliehen werden, sollte man es sicherheitshalber dennoch abmelden. Das H-Kennzeichen wird bei der Aufnahme ohnehin durch eine zeitgenössische Plakette ersetzt. Der Verdacht der unzulässigen Nutzung und damit verbundenen Steuerhinterziehung wird damit von vornherein ausgeschlossen. (prm)

Externer Autor:
Malthe Henriksen



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