Buchtipp: Eine kurze Liste meiner Probleme von Mimi Steinfeld
Von Helmi Tischler-Venter
Mimi Steinfeld ist ein Pseudonym. Das ist nicht erstaunlich angesichts der Bekenntnisse, die die ich-Protagonistin „mit einem Finger auf einer Tastatur ohne Beschriftung“ publiziert: „Mein Leben ist oft geradezu unfassbar kompliziert. Damit meine ich nicht nur mein Liebesleben, aber mein Liebesleben ist meist der allerkomplizierteste Teil davon.“
Dierdorf/München. Cressida Catterberg ist eine chaotische junge Frau mit einem durchlaufenden momentanen finanziellen Problem. Sie nutzt gern das iPhone als ausgelagertes Gehirn und ist eine ganz wunderbare Mutter ohne Kinder, weil ihre eigene Mutter eine ganz schlechte Mutter war. Ihre Mutter ist ein Großteil ihrer Probleme. Cressida leidet unter ihrer rein weiblichen merkwürdigen Familie und sucht daher leidenschaftlich ihren Psychiater Samuel Lindholm auf. Dieser rät seiner Patientin, alle Gedanken aufzuschreiben. In erster Linie denkt Cressida, dass sie Lindholm liebt, aber mit zu vielen falschen Männern Sex hat, weil sie nicht Nein sagen kann.
Auch gegenüber den Schwestern Anna und Eva, den drei Tanten und der Mutter ist Cressi zu folgsam. Alle versammeln sich immer wieder pflichtbewusst um Mutter Evelines „Sterbebett“. Bei jedem Abschieds-Meeting verteilt die Mutter Erinnerungsstücke aus ihrer Schatulle an ihre Töchter. Beim letzten Mal sind es zu deren Schrecken drei Fotos der biologischen Väter. Cressis Vater entpuppt sich als Loser, ein depressiver Paketfahrer.
Mit dem Ableben der Mutter werden die Probleme nicht weniger, denn zunächst muss Cressi als diejenige, die weder Kinder noch einen richtigen Job hat, den alten Setter „Schröder“ mitnehmen, im Taxi zum Fotoshooting, bei dem sie als Stylistin arbeitet und zur kleinen Wohnung, die Cressi gemeinsam mit Lucinda Beckett bewohnt. Und in der sich auch noch Lucindas griechischer One-Night-Stand Mika samt seinem Wahnsinns-Oberkörper und knubbeligen behaarten Hobbitfüßen einnistet.
Weitere Probleme verursacht das Testament der tatsächlich verstorbenen Mutter, denn Cressi erbt das „Evvie’s“, ein altes, seit Jahren leerstehendes Bistro. Zudem will Mutter zu ihrer Beerdigung ein ganz bestimmtes Kleid tragen, sie will keinen Pfarrer auf ihrer Beerdigung haben und wegen ihrer Klaustrophobie eingeäschert werden, damit die Töchter anschließend ihre Asche (illegaler Weise) über dem Eisbach verstreuen können. Damit der letzte Wille der Mutter erfüllt wird, bestimmen die Familienmitglieder, dass Cressi die Urne wieder ausbuddeln und durch eine Dose ersetzen solle.
Dass Cressi sich vertretungsweise für ihre Schwester Eva ausgibt und einen Autor aufreißt, der sie als seine Muse verfolgt und Eva und Anna samt Nachwuchs plötzlich in Cressis Zimmer einziehen, läuft natürlich nicht ohne größere Folgeprobleme ab. Cressis Leben ist ein einziger Notfall, Dauerbeschäftigung für den Therapeuten.
Der originelle Roman ist sehr unterhaltsam von der mehrfach ausgezeichneten Autorin Beate Teresa Hanika geschrieben und bei Goldmann erschienen, ISBN 978-3-442-49170-4. (htv)
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