Werbung

Nachricht vom 16.11.2021    

BUND kritisiert Bebauungspläne in VG Dierdorf scharf

Der BUND erhebt umfangreiche Einwendungen wegen zügellosen Flächenverbrauchs bei der Ausweisung von Neubaugebieten in der Verbandsgemeinde Dierdorf. Klima-, Boden- und Hochwasserschutz werden Angabe gemäß missachtet.

Hier in den Auen Großmaischeid soll ein neues Baugebiet entstehen. Archivfoto: Wolfgang Tischler

Dierdorf. „Die Gemeinden verplanen gerade die Naturräume rund um unsere Dörfer, als gäbe es kein Morgen. Mit fadenscheinigen Argumenten und Daten betreibt zum Beispiel die Verbandsgemeinde Dierdorf für Großmaischeid und Marienhausen eine Bebauungsplanung, die weder die Klimakrise oder den Hochwasserschutz ernst nimmt noch die Zukunft künftiger Generationen sichert.“ Mit diesem drastischen Fazit fasst der BUND-Regionalbeauftragte für Koblenz und das nördliche Rheinland-Pfalz Egbert Bialk die umfangreichen Stellungnahmen des Umweltverbandes zu vier laufenden Bebauungsplanungen in Großmaischeid und Marienhausen zusammen. Der Naturverbrauch müsse deutlich zurückgefahren werden, Innenentwicklung Vorrang erhalten und mit belastbaren Daten ein unvermeidbarer Bedarf an Neubauplätzen nachgewiesen werden. Bialk: „Der Beschleunigungs-Paragraf 13b des Baugesetzbuches wird dazu missbraucht, schnell noch Neubaugebiete auf Vorrat zu genehmigen.“

Zum Hintergrund:
Im § 13b des Baugesetzbuches BauGB hat man Gemeinden in einem vereinfachten Verfahren von der Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung befreit, allerdings nur bis zu einer Flächengröße von 10 000 Quadratmetern und eigentlich mit dem Ziel für mehr bezahlbaren Wohnraum zu sorgen. Dies wird aber gerade in kleinen, ländlichen Gemeinden zur vereinfachten Vorratshaltung genutzt, und man heizt damit hier den Flächenverbrauch weiter an, wie auch das Umweltbundesamt bemängelt. Die Wohnungsnot dort zu mindern, wo sie am meisten drückt, in den Metropolen, wird damit nicht erreicht.

Der „Flächenfraß“ droht aktuell auch in der Verbandsgemeinde Dierdorf überhand zu nehmen. In Großmaischeid werden zeitgleich gleich drei Bebaubauungspläne genehmigungsreif gemacht: „Burwiesenstraße“, „Dörnchen“ und „Zu den Auen“ Hinzu kommt in Marienhausen noch der Bebauungsplan „Auf den Herzenberg“.

In Großmaischeid trickst die Verwaltung ganz offensichtlich mit der Größe, denn man teilt die insgesamt über 22.000 Quadratmeter in drei Einzelpläne und ist dann jeweils unter dem Grenzwert von 10.000 Quadratmetern. Sie stehen aber in einem engen sachlichen, räumlichen und zeitlichen Zusammenhang, das ist auch nach Meinung des Rechtsanwaltes Tobias Kroll unzulässig ohne eine fundierte Umweltverträglichkeitsprüfung. Auch die Maßgabe des § 2 BauGB, dass die Bauleitpläne benachbarter Gemeinden, also hier mit Marienhausen, aufeinander abzustimmen sind, wurde missachtet.

Eine Wohnungsnot infolge steigender Bevölkerungszahlen in der Verbandsgemeinde ist nicht zu erkennen. Für die Gemeinde Marienhausen wird von der Verbandsgemeindeverwaltung behauptet, es gebe eine stabile, leicht ansteigende Einwohnerzahl. Dabei ist dort die Bevölkerung jetzt schon klar rückläufig, von 530 auf 493 in den letzten zehn Jahren, also ein Minus von sieben Prozent. Für den BUND sind das „Taschenspielertricks, um Grundstücke zu erschließen und lukrativ zu veräußern. Auch innerörtliche Grundstücke bleiben so unbebaut, Möglichkeiten der Nachverdichtungen bleiben ungenutzt, und künftige Leerstände sind vorprogrammiert. Eine Datenerhebung hierzu fehlt in den Unterlagen. Der Grundsatz der vorrangigen Innenentwicklung nach § 1 BauGB wird auf den Kopf gestellt. Zwar haben die Kommunen weitreichende Planungshoheiten, aber die bundesweit geltenden Gesetze dürfen dabei nicht grob missachtet werden.“



Hierzu gehört insbesondere auch der Klimaschutz im Sinne einer Sicherung der Lebensgrundlagen und Freiheits- und Gestaltungsspielräume künftiger Generationen. Dies ist nicht nur im § 1a des BauGB ausdrücklich hervorgehoben, es hat sogar Verfassungsrang: Am 24. März 2021 fällte das Bundesverfassungsgericht ein weitreichendes Urteil, das alle staatlichen Ebenen zu deutlich verstärkten Maßnahmen gegen die Klimakrise verpflichtet. Diese müssen so wirksam und konkret sein, dass auch die Kinder, Enkel und Nachgeborenen ihre Grundrechte in der Zukunft frei ausüben können. Das gilt auch für den Bereich der Bauleitplanung, also die Kommunen. Die vorliegenden Bebauungspläne genügen diesem Anspruch nicht, sie sind völlig neu zu überdenken und zu überplanen oder aufzugeben. Auf Projektebene haben sich durch die Aufnahme des Schutzgutes Klima in das UVP-Gesetz auch die Anforderungen an die Umweltprüfungen für Einzelvorhaben verschärft. Hier müssen die Auswirkungen auf Treibhausgase und das Globalklima untersucht und bewertet werden. Allgemeine Klimaschutzziele wie im Klimaschutzkonzept des Kreises Neuwied müssen konkretisiert werden. Das fehlt.

Die Stellungnahmen des BUND enthalten auch detaillierte Mängellisten bei der Bewertung des Artenschutzes. Da keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt wurde, bleiben die Aussagen der Verwaltung meist im Pauschalen und Allgemeinen. Weder die Auswirkung auf geschützte Flora und Fauna, seien es Greifvögel oder Fledermäuse, wurden berücksichtigt noch die Verluste an den verschiedenen Biotoptypen. Auch der Verlust an fruchtbarem Boden, wichtig für die Weiterexistenz einer bäuerlichen Landwirtschaft und für die Speicherung von CO₂ und Wasser, bleibt unausgeglichen.

Die Quellbereiche und Quellbäche, Zuflüsse zum Großmaischeider Bach und Holzbach dürfen nach der Wasserrahmenrichtlinie der EU sich nicht verschlechtern. Und nach der furchtbaren Flutkatastrophe an der Ahr sollte jedem Planer und jedem Ratsmitglied auch in Dierdorf klar sein, dass wir die Hochwassergefahren durch Starkregen niemals unterschätzen dürfen.

Der BUND fordert aus all diesen Gründen und wegen gravierender Planungsdefizite die Gremien in der VG Dierdorf dazu auf, die vier Bebauungspläne so nicht zu beschließen. (PM)


Lokales: Dierdorf & Umgebung

Jetzt Fan der NR-Kurier.de Lokalausgabe Dierdorf auf Facebook werden!


Anmeldung zum NR-Kurier Newsletter


Mit unserem kostenlosen Newsletter erhalten Sie täglich einen Überblick über die aktuellen Nachrichten aus dem Kreis Neuwied.

» zur Anmeldung



Aktuelle Artikel aus der Region


Hündin Lina: Ein wunderbarer Hund braucht Hilfe

Region. Anfangs zeigte die Hündin ein leichtes Lahmen am Vorderbein, jedoch wurde das Bewegungsbild täglich schlechter und ...

St. Hubertus Schützenbruderschaft Steinshardt krönt neue Majestäten

St. Katharinen. Der 1. Brudermeister Marc Graziola eröffnete die Versammlung und stellte seinen Rechenschaftsbericht vor. ...

Abend der Feuerwehren der VG Bad Hönningen: Dank und Wertschätzung für die Einsatzkräfte

VG Bad Hönningen. Am Freitag (12. April) fand im Römersaal in Rheinbrohl der Abend der Feuerwehren der Verbandsgemeinde Bad ...

"Sonntags:zeit" bei Heilig Kreuz Neuwied: Kinderchor "Regenbogenkinder" als musikalisches Highlight

Neuwied. Dass Sonntage sich nicht nur zum Ausschlafen eignen, beweist die Offene Gemeinde Heilig Kreuz Neuwied mit ihrer ...

Martin Diedenhofen macht auf Förderung für Musikensembles aufmerksam

Landkreise Neuwied/Altenkirchen. Martin Diedenhofe Abgeordnete betont: "Bei uns in der Region haben wir viele Musikvereine, ...

Sanierung des Skiliftes am Salzburger Kopf im Westerwald

Stein-Neukirch. Der ortsansässige Wintersportverein (WSV) am Salzburger Kopf betreibt am Osthang des "Saalberg", direkt an ...

Weitere Artikel


25 Jahre Hochwassernotgemeinschaft am Rhein

Neuwied. Anlässlich der diesjährigen Mitgliederversammlung am 18. November kehrt die HWNG Rhein an ihren Gründungsort Köln ...

Naturnah: Kita Rommerdorf veranstaltete Elternabend im Wald

Neuwied. Die Erzieherinnen haben festgestellt, dass heutzutage Kindheit immer weniger im Freien und in der Natur stattfindet, ...

Abwechslungsreiches Herbsttraining auf Gut Hohenunkel

Unkel. Den Auftakt machte Anfang November das sogenannte Freispringen, bei diesem springt das Pferd ohne Reiter über ein ...

Neueröffnung: Massage- und Körpertherapie in Bad Hönningen

Bad Hönningen. Hier erfährt man auf professionelle Weise den Umgang mit dem Wohlfühleffekt und der fachlichen Einzigartigkeit ...

Malu Dreyer: Ehrenamtlicher Einsatz gehört zum Lebensgefühl von Rheinland-Pfalz

Bendorf/Mainz. „Es macht mich stolz, auch in diesem Jahr Rheinland-Pfälzer und Rheinland-Pfälzerinnen auszuzeichnen, die ...

Die besten Tipps gegen trockene Haut im Winter

Warum die Haut im Winter austrocknet
Kälte, aber auch Wärme zählen im Winter zu den größten Herausforderungen für unsere ...

Werbung