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Nachricht vom 23.08.2021    

Bahn soll Tempolimits zur Fehlerbehebung nutzen

Pro Rheintal schreibt Bundesparteien und Kanzlerkandidaten vor der Wahl an, um Zustimmung zu den Kernforderungen für eine Bahn-Lärmschutzzone im Rheintal und Rheingau zu erhalten und bis dahin sofortige Tempolimits auszusprechen.

Bis zu 8.000 Züge zählte die Landesmessstelle in Oberwesel allein im April dieses Jahres. Eine untragbare Belastung für die Bevölkerung ebenso wie für den Tourismus und die heimische Wirtschaft. Deshalb fordert Pro Rheintal von der Politik eine Bahn-Lärmschutzzone für Tourismusregionen. Fotos: privat

Neuwied. Nein, es ist nicht leiser geworden im Rheintal und Rheingau, weder durch die Bremsumrüstung der Güterwaggons noch durch Schienenschleifen oder Schienendämpfer. Auch der Verkehr wird nicht weniger, sondern mehr. Für die Menschen in der Region wie auch für die touristischen Betriebe und die Wirtschaft insgesamt sind die jahrzehntelangen Versäumnisse im Schienengüterverkehr und der daraus resultierende Lärm zu einer nicht länger tragbaren Belastung geworden. Mehr als 2.000 Anwohner bestätigen dies in einer umfassenden Befragung durch Pro Rheintal, die in den kommenden Wochen in einem mehr als 100 Seiten umfassenden Buch und Bericht veröffentlicht wird.

„Es soll ein Aufgabenheft für die neue Bundesregierung sein“, sagt Frank Gross. Der Pro Rheintal-Chef hat jetzt die im Bundestag vertretenen Parteien und Fraktionen sowie die Kanzlerkandidaten angeschrieben und um Stellungnahme gebeten, ob man im Falle einer Regierungsbeteiligung hinter den Kernforderungen des Bürgernetzwerks steht und Tempolimits umsetzen will. Die Stellungnahmen der Politik will Pro Rheintal noch vor der Bundestagswahl veröffentlichen, um den Bahnlärmbetroffenen Hinweise zu geben, wo sie am ehesten auf Unterstützung hoffen dürfen.

Die Ereignisse der letzten Jahre, so Gross, hätten gezeigt, dass bei der Bahn zwar viel geredet und geworben würde, aber wenig gehandelt. Im Gegenteil, Hangrutsche, Zugentgleisungen und Gefahrgüterunfälle kämen zu den Lärmbelastungen noch hinzu und hätten sich zu einer konkreten Gefahr für das Rheintal und den Rheingau entwickelt. Nachts, wenn die Güterzüge nicht von Personenzügen aufgehalten würden und mit freier Fahrt und über 100 km/h durch die Wohngebiete ratterten, seien die Lärmpegel am höchsten wie auch das Risiko für Unfälle. Für Menschenleben bestünde hier eine konkrete Gefahr, weil die Feuerwehren nicht einmal informiert seien, welche Gefahr- und Militärgüter da im Vollspeed durch Rheintal und Rheingau polterten.

Hinzu komme, dass völlig unpassend mitten in der Tourismus-Saison weitere Arbeiten zur Streckenertüchtigung vorgenommen würden. „Wir sind die Ausweichstrecke, von der seitens der Politik so oft die Rede ist“, sagt Gross. Denn nach dem Bau der ICE-Trasse Köln – Frankfurt wurden Rheintal und Rheingau gezielt für den Güterverkehr ertüchtigt und als Hauptstrecke des europäischen Güterverkehrs ausgebaut. Allein im April 2021 verkehrten nach dem rechtsrheinischen Hangrutsch bei Kestert laut Aufzeichnungen der Landesmessstelle in Oberwesel auf der linken Rheinseite 8.000 Züge innerhalb dieses einen Monats. Nachdem im August in Rüdesheim und Assmannshausen vier Brücken erneuert werden, ist linksrheinisch (nach dem Streik) erneut mit einer ähnlichen Verkehrsbelastung zu rechnen. Das alles in der Hauptsaison des Tourismus. Hoteliers in Rüdesheim und Assmannshausen haben bereits Unterschriften gesammelt und eine Klage eingereicht, denn ihre Gäste bleiben entweder weg oder fordern später Schadensersatz. Der Imageschaden für die Region ist unausweichlich.



Selbst der Bundesverband der Deutschen Industrie beklagt in seinem Strategiepapier zum klimafreundlichen Umbau des Güterverkehrs den Zustand der Güterbahn, der weit entfernt von moderner Technik sei und somit nicht gerüstet für die anfallenden Transportaufgaben. Pro Rheintal ergänzt hierzu, dass der Lärm der Züge ein hörbarer Indikator ihres technischen Zustandes sei. Bei langsamer Fahrt könne man sich Waggon für Waggon anhören, was mit den Fahrzeugen los sei. Bei voller Fahrt hingegen lägen die Spitzenwerte immer noch bei 110 dB(A) und in Wahrheit bei bis zu 120 oder 130 dB(A), wenn man die Dämpfung durch die A-Filter-Bewertung einmal weglasse. Durch das immer höhere Gewicht der Waggons, die längeren Züge und die hohen Fahrgeschwindigkeiten innerhalb der geschlossenen Ortschaften potenziere sich all das nachts zu Lärmbelastungen, die nicht länger tragbar seien und sofortige Maßnahmen wie Tempolimits erforderten.

Pro Rheintal sieht gute Aussichten, mit dem Bürger-Buch Bahnlärm genügend Aufklärung zu leisten, um die Bundesregierung endlich zu einem Einschreiten in Sachen Bahnlärm am Rhein zu bewegen und durch Tempolimits und Nachtfahrverbote der Bahn Zeit einzuräumen, ihre Waggons und Strecken in Ordnung zu bringen und die erforderlichen Lärmschutzmaßnahmen umzusetzen.
(PM)



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