Snapchat, Gronkh und Bibi
Wie die Generationen Y und Z unsere Unternehmen verändern, beschrieb Online-Experte Felix Beilharz, einer der führenden Online-Experten Deutschlands, auf der Mitgliederversammlung des Arbeitgeberverbandes „vem.die arbeitgeber e.V.“ am 12. Mai. Er sagte unter anderem: „Die Digitalisierung beherrscht derzeit wie kein anderes Thema die Vorstandsetagen, die Marketingabteilungen und die Fachmedien. Kaum ein Unternehmen kann sich vor den Umwälzungen noch verschließen."
Urbar. Gleichzeitig treten seit einigen Jahren junge Menschen in die Arbeitswelt ein, die die Welt ausschließlich digital erlebt haben. Die mit ganz anderen Anforderungen und Wünschen an ein Unternehmen herantreten. Für diese Vertreter der so genannten Generationen Y und Z (also im Prinzip alle, die in oder nach den 80ern geboren wurden) sind viele Themen, die älteren Menschen Kopfzerbrechen bereiten, so alltäglich wie Frühstück und Zähneputzen.
Viele haben nie ein Problem ohne Hilfe von Google gelöst. Ist es da verwunderlich, dass Suchmaschinen auf Platz eins der vertrauenswürdigsten Medien stehen? Viele sind mit der Vernetzung über soziale Medien groß geworden. Ist es da verwunderlich, dass sie als erste Generation die Aussagen und Bewertungen von Online-Nutzern für vertrauenswürdiger empfinden als die ihrer persönlichen Freunde?
Diese Generationen gehen auch mit ganzen Produktkategorien anders um. Dass Musik mit einem physischen Produkt verbunden ist, das man erst einmal kaufen muss und das einem dann gehört, kommt jemandem, der Songs ausschließlich via Streamingdienst konsumiert, erheblich seltsam vor. Und eine Arbeitswelt ohne kollaborative Apps und vollständige Vernetzung ist für jemanden, der bereits beim Eintritt in die weiterführende Schule ein Smartphone besaß und stundenlang mit Freunden gemeinsam virtuelle Abenteuer bestand, unvorstellbar.
Für Unternehmen bedeuten diese Entwicklungen große Herausforderungen. Junge Mitarbeiter sind mit dem stationären oder mobilen Internet als festen Bestandteil des Lebens aufgewachsen. Sie erwarten auch ein Arbeitsumfeld, in dem sie diese digitalen Medien nutzen können. Grenzen zwischen Beruf und Privat verschwimmen dabei zunehmend. Wer einem Messekontakt per WhatsApp eine Nachricht schreibt, schickt auch danach noch schnell eine Nachricht an den Kumpel zuhause, ohne dabei ein schlechtes Gewissen zu haben. Ein „Social Media Verbot" am Arbeitsplatz ist für viele junge Menschen gar ein Grund, einen Arbeitgeber erst gar nicht in Betracht zu ziehen.
Auch auf die zunehmende Geschwindigkeit der Kommunikation müssen Unternehmen sich einstellen. Wer von klein auf mit WhatsApp und Snapchat aufgewachsen ist, lässt sich nicht mehr auf lange Entscheidungsprozesse und komplexe Hierarchien ein. Hier lauert wohl die größte Herausforderung für Unternehmen, sich auf diese „Generation Instant" einzustellen. Kurze Entscheidungswege, eine offenere Kommunikation und vor allem leistungsfähige Prozesse sind hierfür entscheidende Faktoren.
Junge Zielgruppen sprechen auch deutlich schlechter auf die üblichen Werbeformen an. Ständige Industrieskandale, Korruptionsmeldungen und Vorstandseskapaden haben zu einem tiefen Misstrauen gegenüber Unternehmen, aber auch klassischen Medien geführt. Laut verschiedener Umfragen sind die digitalen und sozialen Medien die einzigen Gattungen, die sich über ein wachsendes Vertrauen freuen können – klassische Medien verlieren rapide an Bedeutung.
Gleichzeitig genießen Meinungsmacher, so genannte Influencer, einen enormen Vertrauensvorschuss. Hierbei muss es sich nicht einmal um Fußballstars oder Schauspieler handeln – auch über YouTube und Instagram berühmt gewordene Personen haben enorme Fangemeinden um sich versammelt, die längst den Status der Teenie-Idole eingenommen haben. Erste Unternehmen erkennen inzwischen den Wert einer Kooperation mit diesen Multiplikatoren und setzen sie als Werbeträger ein. Doch auch hierbei gilt: Zu viel Hochglanz, zu viel Retusche und zu viel Werbeversprechen turnen ab. Eine Generation, die via Snapchat hautnah am Leben ihrer Idole teilhat, lässt sich nicht plötzlich durch rundgeschliffene Werbebeiträge begeistern, nur weil sie aus einer anderen Ecke kommen. Die vielbeschworene Authentizität wird hier tatsächlich eine immer stärkere Rolle spielen."
Der Online-Experte Felix Beilharz zeigte in seinem Vortrag auf, was die jungen Generationen von der digitalisierten Welt erwarten und gab gleichzeitig Hinweise, worauf sich Unternehmen einstellen sollten. Beilharz: „Denn Apps wie Snapchat und Instagram oder Idole wie Bibi und Gronkh sind nicht nur Hypes, sondern Meilensteine einer entscheidenden Entwicklung, die Unternehmer genau beobachten sollten, wenn sie auch in Zukunft einen Zugang zu ihren Kunden und künftigen Mitarbeitern/innen finden wollen."