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Nachricht vom 15.11.2022    

Altenpflegerin soll 90-jährigen Heimbewohner betäubt und 38.000 Euro geraubt haben

Von Wolfgang Rabsch

Wenn die Vorwürfe, die einer 42-jährigen Altenpflegerin aus dem Kreis Neuwied gemacht werden, sich bewahrheiten sollten, dann wäre das eine nicht alltägliche Straftat. Das Verfahren hat am 14. November vor der 10. Strafkammer des Landgerichts Koblenz unter dem Vorsitz von Richter am Landgericht Michael Krack begonnen.

Landgericht Koblenz. (Foto: Wolfgang Rabsch)

Kreis Neuwied. Der Anklagevorwurf der Staatsanwaltschaft Koblenz lautet wie folgt: Die Altenpflegerin soll im Mai 2022 als Mitarbeiterin in einem Altenpflegeheim im Kreis Neuwied einen damals 90 Jahre alten Bewohner mit einem starken Beruhigungsmittel bewusstlos gemacht haben, um ihm dann Bargeld in Höhe von zumindest 38.100 Euro zu stehlen. Das Tatopfer soll über mehrere Stunden bewusstlos gewesen und anschließend drei Tage im Krankenhaus behandelt worden sein. Zudem sei noch eine Geldbörse mit etwa 250 Euro Inhalt gestohlen worden sein.

Da sich die Angeklagte seit Mitte Mai 2022 in Untersuchungshaft befindet, wurde sie in Handfesseln in den Gerichtssaal geführt. Nach Verlesung der Anklageschrift beriet sie sich zunächst mit ihrer Pflichtverteidigerin. Es folgte die Erklärung, dass zur Sache keine Angaben gemacht werden, jedoch zu den persönlichen Verhältnissen.

Wechselhafte Vita der Angeklagten
Die Angeklagte hat eine abgeschlossene Lehre als Friseurin und auch eine Zeit lang in diesem Beruf gearbeitet. Sie war daneben auch als Nageldesignerin tätig und hat verschiedene Putzstellen angenommen. Sie holte schließlich die Mittlere Reife nach und hat danach als Stationshilfe in einer Psychiatrie gearbeitet. Darüber kam sie dann zur Altenpflege, weil sie die Arbeit in der Psychiatrie extrem belastete. Die Angeklagte begann in einem Seniorenheim eine Ausbildung zur Altenpflegerin. Ihr wurde dort allerdings fristlos gekündigt, da sie während der Ausbildung eine Heimbewohnerin bestohlen hatte. Deshalb wurde sie bereits wegen Diebstahls zu einer Geldstrafe verurteilt.

Nun brachen bei der Angeklagten alle Dämme. Sie erlitt auf der Anklagebank Weinkrämpfe und beteuerte unter Tränen immer wieder: "Ich kann mir bis heute nicht erklären, warum ich damals gestohlen habe. Es tut mir so leid, ich habe das bis heute nicht verarbeitet, schäme mich deshalb sehr und habe seitdem psychische Probleme." Nach der fristlosen Kündigung bewarb sich die Angeklagte in dem Pflegeheim, wo der angeklagte Vorfall mit dem 90-Jährigen passiert sein soll. Bei ihrer Bewerbung verschwieg die Angeklagte der Heimleitung, dass ihr bei ihrem vorherigen Arbeitgeber wegen Diebstahls fristlos gekündigt wurde. "Ich wollte unbedingt meine Ausbildung zur Altenpflegerin beenden, was jedoch nicht klappte, weil ich im Mai 2022 wegen des Vorfalls verhaftet wurde und seitdem in U-Haft sitze", sagte die Angeklagte.

Im Jahr 2007 befand sich die Angeklagte in Privatinsolvenz. Dazu sagte sie: "Mehrmals in der Woche erhielt ich Mahnungen von einem Inkassounternehmen, weil ich Rechnungen nicht bezahlen konnte. Die Sache wuchs mir über den Kopf, deshalb habe ich keine Briefe mehr geöffnet, diese einfach in einem Schrank gestapelt."

Umfangreiche Beweisaufnahme
Im Laufe der nun folgenden umfangreichen Beweisaufnahme, die sich über den ganzen Tag erstreckte, wurden insgesamt zehn Zeugen vernommen. Fast alle Zeugen stammten aus dem beruflichen Umfeld der Angeklagten in der Pflegeeinrichtung, darunter auch der Leiter des Altenpflegeheims. Der Zeuge bekundete, dass die Angeklagte bei ihrer Bewerbung verschwiegen hatte, dass ihr in dem anderen Pflegeheim wegen Diebstahls fristlos gekündigt wurde. Als er über Umwegen davon erfuhr, kam es natürlich zu einem Mitarbeitergespräch. "Da ich ihr abgenommen habe, dass sie ihr Fehlverhalten glaubhaft bereut, wollte ich ihr eine zweite Chance geben", meinte der Zeuge.



Von dem Diebstahl des Bargeldes bei dem Senior hatte der Einrichtungsleiter erst nach der Rückkehr des Opfers aus dem Krankenhaus erfahren. Das Opfer sei trotz seiner 90 Jahre voll orientiert, rüstig, ja sogar fit, weil er viel spazieren gehen würde. Er benötige keinen Betreuer, wäre voll geschäftsfähig und würde sich auch noch um seine Bankgeschäfte selbst kümmern. Auf seine Fragen hin hätte der Senior erklärt, dass die Angeklagte im gegen seinen Willen Tropfen verabreicht hätte, obwohl er das nicht gewollt habe. Er nahm die Flüssigkeit dann doch zu sich, als die Angeklagte sagte, die Tropfen wären vom Arzt verordnet worden. Die Angeklagte soll sogar gesagt haben, ‚Ich gehe nicht weg, bevor du die Tropfen getrunken hast´. Am Schlüsselbund der Angeklagten fand sich, wie später festgestellt wurde, auch ein Schlüssel zum Wertfach des Opfers. Dieser Schlüssel wurde nicht von der Heimleitung zur Verfügung gestellt.

Mehrere Zeuginnen aus dem Altenpflegeheim berichteten, dass der vorher so vitale Senior nach seiner Rückkehr aus dem Krankenhaus körperlich stark abgebaut habe. Außerdem soll er mehrmals gesagt haben, dass er vergiftet worden wäre. Eine Altenpflegerin sagte aus, dass sie den Mann leblos in seinem Bett vorgefunden habe, dann sofort Kolleginnen zu Hilfe gerufen und Notarzt und Rettungswagen angefordert habe.

Der Ehemann der Angeklagten, der ebenfalls als Zeuge geladen war, berief sich nach eingehender Belehrung durch den Vorsitzenden auf das ihm zustehende Aussageverweigerungsrecht.

Der Vorsitzende erklärte noch während der Beweisaufnahme, dass die Geldscheine, die bei der Hausdurchsuchung der Angeklagten vorgefunden wurden, beim Landeskriminalamt daktyloskopisch auf Fingerabdrücke untersucht würden. Das Ergebnis der analytischen Untersuchung läge jedoch noch nicht vor.

Die Hauptverhandlung wurde unterbrochen. Sie soll am 28. November fortgesetzt werden, unter anderem mit der Vernehmung des inzwischen 91-jährigen Opfers, der am Tag des ersten Verhandlungstermins seinen Geburtstag feierte. Der NR-Kurier wird weiter berichten.


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