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Nachricht vom 07.01.2020
Region
Schon wieder wertvolle Biotope vernichtet
Als Günter Hahn von der Naturschutzinitiative e. V. zu Beginn des neuen Jahres eine Wanderung durch die Gemarkung von Leutesdorf machte, traute er seinen Augen nicht: Eine komplette Streuobstwiese ist verschwunden!
Hier stand einmal eine Streuobstwiese. Foto: privatLeutesdorf. Unterhalb der Brombeerschänke wuchsen am Waldrand auf einem Wiesengrundstück 19 Obstbäume. Jetzt steht nur noch einer, in dem vor langem ein Hochsitz errichtet wurde. Die Wiese ist aalglatt hergerichtet - so nichts mehr erinnert an die Obstwiese, die noch kürzlich da war. In der Nähe befindet sich ein Bienenstand. Jetzt fehlt den Bienen im Frühjahr die Blüte der Obstbäume. Und die Vögel und die Insekten und der Gartenschläfer und der Igel - wieder ein Stück Lebensraum weg.

Mehr noch. Im Leutesdorfer Wald entdeckte Hahn einen neuen Kahlschlag, den es nach Landeswaldgesetz nicht geben darf: 1,5 Hektar Buchenwald sind platt. Und das im FFH-Gebiet. Ein Stück weiter: ein halber Hektar Anpflanzung von nordamerikanischen Roteichen, weiter oben Douglasien. Beides wurde im geschützten Lebensraum "Waldmeister-Buchenwald" gemacht. Der Bewirtschaftungsplan des Gebietes sowie der forsteigene Fachplan sehen so etwas nicht vor - hier dürfen eigentlich nur einheimische Laubbäume dieses speziellen Waldtyps gepflanzt werden.

Die zuständigen Behörden hat Günter Hahn informiert. Aber nach seiner Erfahrung tut sich da nicht viel. Die Obstwiesen dürfen tatsächlich gerodet werden - wenn denn vorher die artenschutzrechtlichen Bestimmungen geprüft wurden und von der Naturschutzbehörde die Genehmigung vorliegt.

Ob das so ist, hat Hahn aber Zweifel: "Obstwiesen sind von den Naturschutzgesetzen nicht per se geschützt, so wie es die Naturschutzverbände seit vielen Jahren fordern. Dafür aber die Lebensstätten ihrer darin vorhandenen Arten. Die muss man vorher ermitteln. Der Bestand an Streuobstwiesen ist mittlerweile überall stark gefährdet und er gehört zu den artenreichsten Biotopen überhaupt. Auch der Forst besitzt Freibriefe, in dem die 'ordnungsgemäße forstwirtschaftliche Nutzung' auch durch die Naturschutzgesetze gewährleistet wird. Und wenn Umwelt- und Forstministerium in einem Hause sitzen, wie in Rheinland-Pfalz, wird sich nicht viel ändern.

Denn so lange in der freien Landschaft mit Gewinnerzielungsabsicht produzierenden Gewerbe im gleichen Hause mit dem Umweltministerium sitzen, wird sich trotz aller Bekundungen ihrer Ministerin garnichts ändern. Dass wir ohne biologische Vielfalt nicht existieren können und auch das gesunde Klima ohne biologische Vielfalt nicht funktioniert, kommt nicht an. Grundstückseigentümer denken zumeist an ihren eigenen Nutzen - da steht die biologische Vielfalt hinten an. Der Kommerz diktiert, wo es lang geht." (PM)
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