NR-Kurier
Ihre Internetzeitung für den Kreis Neuwied
Nachricht vom 29.10.2019
Politik
Attraktivität des Westerwaldes bei jungen Menschen zu wenig bekannt
Wie attraktiv ist die Region Westerwald für die Fachkräfte der Zukunft? Diese Leitfrage war Gegenstand der Forschungsstudie „Zukunftsfähigkeit der Region Westerwald“, die die Ansprüche und Bedürfnisse von Schülerinnen und Schülern aus der Region bezüglich ihrer Berufswahl mit den regionalen Möglichkeiten sowie Anforderungen der Unternehmen in der Region Westerwald abgeglichen hat.
Von links: Bernhard Meffert, Achim Hallerbach, Hendrik Hering, Dr. Peter Enders, Prof. Dr. Christina Günther, Achim Schwickert und Winfried Heibel. Foto: ADG/Nitz FotografieMontabaur. Erfreulich ist das Ergebnis, wonach die Schüler nicht erst davon überzeugt werden müssen, dass die Region Westerwald selbst attraktiv ist. Vielmehr scheint es jedoch, dass die Arbeitgeber im Westerwald der jungen Generation die hohe Bandbreite der persönlichen und beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten in ihren Unternehmen noch deutlicher machen müssen – unter anderem durch zielgruppengerechte Kommunikation.

Knapp 900 Schülerinnen und Schüler aus den Landkreisen Westerwald, Altenkirchen und Neuwied sowie 133 Unternehmen hatten an der Studie teilgenommen, die unter der Schirmherrschaft von Hendrik Hering, Präsident des Landtags Rheinland-Pfalz steht und von Prof. Dr. Christina Günther und Nicole Gottschalck, beide von der WHU – Otto Beisheim School of Management, durchgeführt wurde. Die Initiative dazu entstand in Kooperation mit dem Forschungsinstitut ADG Scientific – Center for Research and Cooperation e.V. sowie verschiedenen Unternehmen und Organisationen aus der Region Westerwald.

„Der Westerwald hat großes und allzu oft unterschätztes Potenzial, dass wir besser nutzen wollen. Die Studie gibt uns wertvolle Informationen über Struktur der heimischen Wirtschaft und das Wissen der wichtigsten Akteure. Dies gibt uns die Grundlage durchdachte Konzepte für die Zukunft zu erstellen. Hierzu gehören insbesondere nachhaltige Lösungen für demografischen Wandel und Fachkräftemangel zu finden“, sagte Hendrik Hering, Präsident des Landtags Rheinland-Pfalz anlässlich der Präsentation der Studie auf dem Campus von Schloss Montabaur. „Die Schülerinnen und Schüler von heute sind die Fachkräfte von morgen. Deshalb ist es enorm wichtig zu erfahren, welche Erwartungen die jungen Menschen an ihren zukünftigen Arbeitsplatz und ihr Unternehmen haben. Die vorgelegte Studie leistet einen wertvollen Beitrag für die handelnden Personen im Westerwald. Die Studie führt Wirtschaft und Politik vor Augen, was sich Heranwachsende für ihre Zukunft wünschen und gibt Entscheidern somit die Chance, heute ihre Handlungen danach auszurichten und die Weichen für die Zukunft der Region zu stellen“, betonte Hering.

Prof. Dr. Christina Günther, WHU – Otto Beisheim School of Management, IHK-Lehrstuhl für kleine und mittlere Unternehmen, Autorin der Studie, sagte: „Eine Kernfrage der Studie war, nach welchen Kriterien Berufseinsteiger im Westerwald ihren ersten Arbeits- oder Ausbildungsplatz auswählen. Die Ergebnisse zeigen: Die Region Westerwald hat zwar eine gute Ausgangssituation mit beispielsweise einem breitgefächerten Angebot an Ausbildungsberufen, sowie dem von Schülerinnen und Schülern gewünschten Arbeitsklima, aber dieses Angebot ist den Schülern nicht durchgehend bekannt. Neben diesem reinen Informationsmangel scheint es für Schüler eine besondere Herausforderung, sich ihrer eignen Stärken und Interessen bewusst zu werden, und so das individuell passende Paket aus Ausbildungsberuf und -betrieb zu finden.“

Eine große Chance für Arbeitgeber auf der Suche nach geeigneten Auszubildenden und Arbeitskräften liegt, so Prof. Günther, darin, dem deutlichen Wunsch der Schüler nachzukommen, im Rahmen der Ausbildung auch Auslandserfahrung zu sammeln. „Die international aufgestellten Unternehmen in der Region sind sich dieses Potenzials noch kaum bewusst, und auch kleinere Betriebe könnten noch stärker von bestehenden Angeboten Gebrauch machen, ihren Auszubildenden einen Auslandsaufenthalt auch außerhalb des eigenen Betriebs zu ermöglichen“, so Günther.

Nicole Gottschalck, Doktorandin am IHK – Lehrstuhl für kleine und mittlere Unternehmen der WHU – Otto Beisheim School of Management und Mitautorin der Studie betonte anlässlich der Vorstellung der Studie die Bedeutung von Information und Kommunikation zwischen Arbeitgebern und potentiellen Arbeitnehmern: „Nach Selbsteinschätzung heben sich die regionalen Betriebe besonders durch die Qualität der Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten hervor – was wiederum von den Schülern nachgefragt wird. Es gilt nun, das bestehende große Angebot in den Unternehmen der Region besser an die Schüler heranzutragen. Durch Zusammenschlüsse von Unternehmen könnten Formate und Plattformen geschaffen werden, die sowohl den Schülern bei der Orientierung helfen, als auch kleineren Betrieben die Möglichkeit bieten, sich zu präsentieren.“

Viktoria Schäfer, die als Vorstandsvorsitzende und wissenschaftliche Leiterin des genossenschaftlichen Forschungsinstituts ADG Scientific – Center for Research and Cooperation e.V. die Studie seit dem Jahr 2017 projektkoordinierend unterstützt hat, betonte, dass die Akademie Deutscher Genossenschaften (ADG) nicht nur selbst mit Interesse die Ergebnisse der Studie aufgenommen hat. Über ihre Business School bietet sie bewährte duale oder berufsbegleitende Studiums- oder Weiterbildungsangebote am Standort Montabaur an, die die Attraktivität der Unternehmen und Organisationen im Westerwald als Arbeitgeber zusätzlich erhöhen können.

Alle beteiligten Teilnehmer an der Studie haben vereinbart, nach Abschluss der Studie weiterführend zusammenzuarbeiten, um die aufgezeigten Chancen aktiv zu nutzen. In gemeinsamen Workshops sollen Impulse und Ideen erarbeitet werden.


1. Die wichtigsten Ergebnisse der Umfrage der Schülerinnen und Schüler auf einen Blick:
• Das breitgefächerte Angebot an Ausbildungsberufen und die grundsätzlichen Gegebenheiten in puncto Arbeitsklima, Weiterbildung und Anforderungen in den Unternehmen zeigen, dass die Ausgangssituation in der Region Westerwald deutlich besser zu sein scheint, als es den Schülerinnen und Schülern bekannt ist.

• Die Schülerinnen und Schüler legen besonderen Wert auf sichere Ausbildungs- und Arbeitsverhältnisse, einen respektvollen Umgang miteinander sowie auf Weiterbildungsmöglichkeiten.

• Zwar nicht die erste Priorität, aber dennoch attraktiv: Die Aussicht, Karriere machen zu können und auch im Ausland tätig sein zu können, ist für viele Schülerinnen und Schüler von Bedeutung.

• Der primäre Informationskanal der befragten jungen Menschen zu Ausbildung und Beruf ist das Internet.

2. Handlungsoptionen für Unternehmen in der Region auf einen Blick:
• Wie die Studie zeigt, bieten die Unternehmen der Region eine Fülle an Ausbildungsplätzen in unterschiedlichen kaufmännischen und technischen Berufen an und sind dazu noch exportstark und mit mehreren Standorten auch teilweise sehr global aufgestellt. Hier verbergen sich enormes Potential und die Notwendigkeit, auf Unternehmensseite auf diese Karrierechancen in der Region in Kombination mit möglichen Auslandstätigkeiten hinzuweisen und somit attraktive Angebote an künftige Berufseinsteiger machen zu können.

• Die Ergebnisse bestätigen, dass der primäre Informationskanal junger Menschen das Internet ist. Für regionale Unternehmen bedeutet dies, dass sie sich vor allem online stärker präsentieren müssen, um potenzielle Bewerber grundsätzlich anzuwerben und auf leerstehende Auszubildendenstellen aufmerksam zu machen.

• Unternehmen der Region sollten das Arbeitsklima und die Sicherheit, die sie ihren Auszubildenden bieten können, noch stärker betonen.

• Darüber hinaus scheint es eine vielversprechende Stellschraube zu sein, die Vielfalt an Entwicklungsmöglichkeiten in den (traditionellen) Industrien der Region Westerwald wesentlich deutlicher hervorzuheben.

• Eine erstaunliche Erkenntnis aus der Unternehmensstichprobe ist, dass die Unternehmen zwar den Leerstand von Ausbildungsstellen beklagen, aber nur wenig Bereitschaft dafür zeigen, im Zusammenschluss mit anderen Unternehmen, um potenzielle neue Mitarbeiter zu werben. An dieser Stelle könnten regionalpolitische Maßnahmen greifen, etwa um eine öffentliche und „offizielle“ Bewerberplattform zu schaffen. Dem Schulterschluss über neutrale Dritte, wie zum Beispiel Verbänden, stehen die meisten Unternehmen der Region Westerwald offen gegenüber.

• Ein gebündeltes Auftreten der regionalen Unternehmen über eine neutrale Anlaufstelle für interessierte Ausbildungs- und Arbeitsplatzsuchende könnte eine gute Alternative sein und würde wiederum mehr Transparenz auf Seiten der Schülerinnen und Schüler schaffen und den Zugang zu Informationen über interessante Ausbildungs- und Arbeitsplätze erleichtern, und gleichzeitig die grund¬sätzlichen vielfältigen Möglichkeiten in der Region aufzeigen.

Die Studie in Kurz- und Langfassung auf der ADG-Website unter https://www.adgonline.de/forschung/whitepaper-zukunftsfaehigkeit-der-region-westerwald/. (PM Akademie Deutscher Genossenschaften ADG)
Nachricht vom 29.10.2019 www.nr-kurier.de