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Nachricht vom 26.01.2019
Kultur
Sex mit der Ex mit Folgen
„Ein kenntnisreicher und humorvoller Blick auf heutige Paarbeziehungen verspricht das Theaterstück „Atmen“ von Duncan Macmillan“, so kündigten die Veranstalter, der Förderverein Brückrachdorf und die Stadt Dierdorf die Vorstellung in der Sängerhalle Brückrachdorf am Samstagabend (26. Januar) an. Ortsvorsteher Thomas Kreten und Raffaela Schroeder begrüßten die Gäste und wiesen auf das anschließend zur Verfügung stehende Buffet hin.
Die einzige Requisite der beiden Schauspieler war die Wippe. Fotos: Wolfgang TischlerBrückrachdorf. Nach der Begrüßung wurde es ganz dunkel im Saal. Ein Schrei von der Schauspielerin Naemi Simon, das Licht auf der Bühne ging an und die Besucher erblickten sie auf einer Wippe stehend und auf der Gegenseite Kollege Christian Mark. Die Wippe auf einem dicken Holzklotz war auch die einzige Requisite der beiden Theaterleute.

Die Wippe symbolisierte das Auf und Ab des Lebens des gespielten Paares. Mal war sie oben, dann wieder er, manchmal saßen auch beide in der Mitte oder Szenen spielten sich unterhalb der Wippe ab. Das Teil konnte sich auch drehen und so wurden Zeitsprünge symbolisiert. Das Stück „Atmen“ ist ein Einakter über 80 Minuten, der die Zuschauer geistig in Atem hält. Schnelle Dialoge mit Gedankensprüngen wechseln sich manchmal mit Monologen ab, die die Gedankenwelt von Mann oder Frau offenbaren.

In einem zeitlich raffiniert verschachtelten Dialog, der manchmal ganze Jahre überspringt, handelt das Stück Atmen von der Wiege bis zum Grab des Paares. Die Bandbreite der Gefühle ist fast unendlich; Da wechselt sich Panik mit Euphorie ab, die wieder in Ernüchterung und Selbstzweifel verfällt. Im Mittelpunkt steht die Frage nach einem eigenen Kind. „Ja, nein, vielleicht, geht gar nicht“, sind Stationen des Dialoges und der Auseinandersetzung der Beiden. „Vielleicht sollten wir lieber ein Kind adoptieren“, ist auch eine Option die ins Spiel kommt.

Auch die Orte der Dialoge sind skurril, wie zum Beispiel in der Schlange an der Kasse bei IKEA oder im Auto bei Eiseskälte. Wer eine Komödie mit Klamauk erwartet hatte, der war enttäuscht. Es gab natürlich Lacher aus dem Publikum, wenn sich die oder der eine oder andere an Szenen seiner Ehe erinnert fühlte.

Skurril war auch die fiktive Szene auf der öffentlichen Toilette, auf der schließlich das Kind gezeugt wurde. Die Freude und Euphorie war aber schnell dahin, denn die Besucher wurden Zeuge einer Fehlgeburt. Während die Frau in Trauer, Gedanken und Selbstzweifel fiel, küsste er eine neue Kollegin im Büro. Das Aus der Beziehung.

Monate später trafen sich die Beiden wieder, obwohl sie es ursprünglich nicht wollten. Sie mit neuer Frisur, von der er sehr angetan war. Obwohl er inzwischen verlobt war und dies in dem Treffen auch bekundete, kam es zum Sex. Drei Monate später ein weiteres Treffen, in dem sie ihm ihre Schwangerschaft eröffnete. Letztlich kommt es in Zweifeln und Unsicherheiten geführten rasanten, sprunghaften Dialogen zur Versöhnung.

Das Stück endet in einem längeren Monolog von ihr, nachdem er gestorben und der geborene Sohn längst aus dem Haus ist. Am Ende gab es von dem Publikum im vollbesetzten Saal lang anhaltenden Applaus für die beiden Darsteller. Sie vollbrachten eine grandiose Leistung, nicht nur, dass sie 80 Minuten am Stück durchspielten, sondern auch die Dialoge in einem hohen Sprechtempo absolvierten und dabei Gedankensprünge der vielfältigsten Art vollzogen. Bei dem anschließenden Buffet gab es angeregte Gespräche über das Stück. (woti)


       
     
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