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Nachricht vom 04.11.2018
Kultur
„Buch trifft Musik“ in der Wiedhöhenhalle in Kurtscheid mit Autor Jörg Böhm
Der Meinborner Autor Jörg Böhm las Auszüge aus seinem neuesten Kreuzfahrt-Krimi „Niemandsblut“ und die Mezzo-Sopranistin Ilka Lenz-Heuchemer, am Klavier begleitet von Valentina Leinweber sowie der Männergesangverein Eintracht Kurtscheid sangen. Zu dem vielseitigen Kulturabend in der Wiedhöhenhalle kamen viele Besucher, die sich bereits auf eine Fortsetzung freuen.
Jörg Böhm. Fotos. Helmi Tischler-VenterKurtscheid. Die von der Ortsgemeinde herbstlich dekorierte Bühne der Halle sah unterschiedliche Kunstdarbietungen am Sonntagabend, 4. November, denn die Verbandsgemeinde Rengsdorf-Waldbreitbach hatte wieder einmal zu „Buch trifft Musik“ eingeladen. Organisatorin Brigitte Riebold von der Tourist-Info zeichnete für die Organisation verantwortlich. Den Anfang des Programms machte der Chor Eintracht Kurtscheid mit dem Lied „Funiculi, Funicula“.

Bürgermeister Hans-Werner Breithausen freute sich, dass der Buchautor Jörg Böhm immer wieder in die Heimatregion kommt, obwohl er inzwischen international unterwegs ist. Man sei gespannt auf die fünfte Buchvorstellung mit dem neuen Kreuzfahrt-Krimi.

Der Autor selbst bekannte, dass er zum ersten Mal in Kurtscheid sei und wunderte sich über die Anwesenheit vieler Männer. Ob sie freiwillig gekommen seien oder wegen der Gulaschsuppe, fragte er süffisant. „Für Geld werde ich gelenkig“, meinte er selbstironisch im Hinblick auf sein von der Reederei beauftragtes Genre „Kreuzfahrt-Krimi“.

Ideen-Grundlage für sein neues Buch sei eine Fernsehreportage über einen spektakulären Kunstraub in der ehemaligen DDR, bei dem fünf Gemälde gestohlen worden waren, gewesen. Der Raub von Gotha war im Jahr 2009 verjährt, das bedeutet, dass Museen ihre Werke zurückkaufen müssen, wenn sie wieder auftauchen. Böhm las den Prolog von „Niemands Blut“, der am 24. Dezember in West-Berlin handelt: Ein Mädchen träumt und wacht durch Geräusche auf. Es hört Stimmen, die sich streiten und ein Zischen. Dann kommt ein schwarzer Mann und hebt das Kind aus dem Bett.

An dieser spannenden Stelle brachte der Chor Entspannung mit einem dalmatinischen Fischerlied. Anschließend sang Ilka Lenz-Heuchemer die Soli „For your eyes only“ und „Nobody does it better“, zwei Songs, die als James-Bond-Titel-Lieder bekannt wurden.

Im zweiten Lese-Abschnitt nahm Böhm die Zuhörer mit in das Jahr 2015 nach Palma de Mallorca und stellte die Hauptprotagonistin Kerstin Luckow vor, die aus der DDR stammt und nun Provenienz-Forscherin für ein Auktions-Haus in London ist und eine Mittelmeer-Kreuzfahrt mit ihrer Freundin antreten will. Es ist der Wechseltag auf dem Kreuzfahrtschiff, daher werden früh angekommene Gäste vor dem Einchecken mit einem Ausflug nach Palma de Mallorca beschäftigt. Highlight soll die Besichtigung der Gruft der Kathedrale La Seu sein, doch als die Gäste in die Kathedrale strömen, hallt plötzlich ein lauter, greller Schrei durch das Kirchenschiff und eine zutiefst verstörte Frau deutet auf den Altar. Am Holzkreuz über dem Hauptaltar ist statt des leidenden Jesus eine Nonne genagelt, die lächelt.

Der Chor sang danach beziehungsreich „Il testamento del Capitano“. Nach der vom Chor organisierten Gulaschsuppen-Pause eröffneten die Sänger den zweiten Teil mit „La Montanara“ und leitete damit nach Italien über, bevor Jörg Böhm den zweiten Handlungsstrang erläuterte. Die zweite Hauptfigur seines Romans ist Francesca Baldini, Polizeioberkommissarin in Florenz, die ihren Job und ihre Mama liebt und eine Sex-Affäre mit ihrem Chef Gennaro genießt. Als ihre Mutter im Krankenhaus liegt und dringend eine Spenderniere braucht, bietet sich Francesca als Spenderin an, aber die Schwerkranke lehnt vehement ab: „Weil du nicht meine Tochter bist!“

Böhm erklärte den gruseligen, geschichtlichen Hintergrund des Begriffs „Niemandskind“: In den Diktaturen Spanien und Italien wurden, wie später in der DDR, systemkritischen oder sozial schwachen Menschen die neu geborenen Kinder weggenommen und statt der eigenen Babys tote Kinder in den Arm gelegt. Zu diesem Zweck gab es im Krankenhaus einen Kühlraum für tote Kinder.

Fortsetzung der Lektüre: Kerstin Luvkow hat in der Toskana einen persönlichen Auftrag zu erfüllen. Sie geht zu einem Haus, stellt fest, dass die Tür offen ist und tritt ein. Die Idylle wird mit einem Lichtstrahl zerstört… Mehr wurde nicht verraten, aber der Autor lockerte die spannende Lesung immer wieder mit Anekdoten von seinen Lesungen auf, sodass die Zuhörer ganz entspannt den finalen Musikdarbietungen lauschen konnten.

Ilka Lenz-Heuchemer sang „Parla piu piano“ und „Volare“ als Soli, anschließend trug sie zusammen mit dem Männerchor das „Chianti-Lied“ vor. Das erzeugte so viel Begeisterung, dass als Zugabe eine Wiederholung gegeben wurde.

Eine Fortsetzung der Veranstaltungsreihe kündigte Bürgermeister Breithausen für das kommende Jahr an und Jörg Böhm eine Fortsetzung seiner Emma Hansen Krimi-Reihe im März 2019 sowie eine weitere Kreuzfahrt in der Ostsee, die mit einem Krimi-Auftrag verbunden ist. Bücher- und Musik-Freunde können sich also freuen. htv
       
   
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