NR-Kurier
Ihre Internetzeitung für den Kreis Neuwied
Nachricht vom 02.03.2016
Region
Ausstellung: Minijobs unter die Lupe genommen
Wer in einem Minijob beschäftigt ist, muss sich genau überlegen, was das für die eigene Zukunft bedeutet. Im Foyer des Bad Honnefer Rathauses, Rathausplatz 1, ist bis zum 24. März 2016 die Ausstellung „Minijob – Minichance?“ zu sehen. 13 Ausstellungstafeln widmen sich vor allem den Erfahrungen von Frauen.
Vor der Ausstellung im Bad Honnefer Rathausfoyer trafen sich Expertinnen zum Thema Frau und Beruf. Foto: PrivatBad Honnef. Sie zeigt auf, welche Fallstricke, aber auch welche Chancen Minijobs bieten und auf was geachtet werden muss. Zusätzlich liegt ausführliches
Informationsmaterial aus.

Die vom Landesministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter (MGEPA) geförderte Ausstellung „Minijob – Minichance?“ der Landesinitiative Netzwerk W (Netzwerken für den qualifizierten Wiedereinstieg) macht geringfügig Beschäftigte auf die Risiken und (die wenigen) Chancen von Minijobs für weibliche Erwerbsbiographien aufmerksam. Die Ausstellung motiviert dazu, Minijobs lediglich als Übergangslösung zu wählen. 13 großformatige farbige Ausstellungstafeln enthalten Zahlen und Fakten zur Situation und Motivation von Minijobberinnen, nennen wichtige Informationsadressen und enthalten ein Statement von Barbara Steffens (Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter des Landes
Nordrhein-Westfalen). Die zitierten Erfahrungen und Sichtweisen von
Minijobberinnen sind über QR-Codes auch „hörbar“.

Sind Minijobs eine Brücke in den Beruf? Oder sind sie vor allem für Frauen eine berufliche Sackgasse und Einbahnstraße in Richtung Armut? Ursula Schubert-Sarellas, Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt der Agentur für Arbeit, erklärte, dass sie die Minijobs nicht verteufele, denn sie seien genial für Schüler, Studenten oder Rentner. „Aber“ , so sagte sie, „Minijobs sollen nicht das reguläre Arbeitsverhältnis ersetzen.“

Zusammen mit ihr diskutierten Iris Schwarz (Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Bad Honnef), Johanna Samaras (Pädagogische Mitarbeiterin der Volkshochschule Siebengebirge) und Beate Beckmann (Beraterin für berufliche Entwicklung bei der VHS Siebengebirge). Gemeinsam waren sie sich einig, dass ein Minijob als Brücke zur Absicherung von Beitragszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung dient, wenn eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung nicht aufgenommen werden kann. Denn bei Beschäftigungsverhältnissen ab dem 1. Januar 2013 gilt die generelle Beitragspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung. Ein eigenes existenzsicherndes Einkommen und eine eigenständige ausreichende Alterssicherung werden damit aber nicht erzielt.

Denn: Ein Jahr im Minijob schafft einen zusätzlichen Rentenanspruch von etwa 4,50
Euro monatlich, so Iris Schwarz. Beate Beckmann brachte es anschaulich auf den Punkt: „Das reicht nicht mal für eine Packung Zigaretten!“ Zudem trete oft der Gewöhnungseffekt ein. Die fatalen Folgen sind, dass mit zunehmender Dauer im Minijob die Beschäftigten von Arbeitgebern meist nicht mehr als vollwertige qualifizierte Fachkraft wahrgenommen werden.

Ursula Schubert-Sarellas hatte im Vorfeld die Zahlen der aktuellen Beschäftigtenstatistik der Agentur für Arbeit Bonn Rhein-Sieg geliefert. Demnach sind 35.467 Personen im Bezirk Bonn und Rhein-Sieg-Kreis ausschließlich geringfügig beschäftigt. Zwei Drittel, nämlich 22.947 (64,7 Prozent) davon sind Frauen.

Die Ausstellung im Rathaus legt auch die Rechte der Beschäftigten im Minijob dar, die oft nicht beachtet werden. Eine aktuelle Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, der Forschungseinrichtung der Bundesagentur für Arbeit, hat ergeben, dass beispielsweise 46 Prozent der Minijobbenden keine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall erhalten. 36 Prozent erhalten keinen bezahlten Urlaub. „Die Beschäftigten im Minijob kennen ihre Rechte oft nicht. Ein Minijob ist kein Arbeitsverhältnis zweiter Klasse. Die Ausstellung informiert darüber und sensibilisiert“, so Iris Schwarz, deren Initiative es zu verdanken ist, dass die Ausstellung gezeigt werden kann.
Nachricht vom 02.03.2016 www.nr-kurier.de