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Nachricht vom 01.04.2015
Region
Der private Online-Handel boomt – aber ab wann ist er steuerpflichtig?
Allein in Deutschland nutzen – nach Angaben von eBay – 18 Millionen Menschen aktiv den Online-Marktplatz mit mehr als 50 Millionen Produkten, die von 5,4 Millionen privaten Verkäufern und rund 175.000 gewerblichen Anbietern bereitgestellt werden. Was oft im privaten Bereich mit wenigen Verkäufen anfängt, kann sich im Laufe der Zeit zu einer Tätigkeit entwickeln.
Region. Worauf sollten private Anbieter besonders achten, um eine eventuelle Steuerpflicht beim Verkauf über Internetplattformen zu vermeiden?

Als Privatperson handelt in aller Regel derjenige, der gelegentlich Waren seines eigenen persönlichen Gebrauchs verkauft, also nicht wie ein Händler auftritt. Dieser Vorgang wird der privaten Vermögens-verwaltung zugerechnet. So dürfen beispielsweise nicht mehr benötigte Gegenstände des täglichen Gebrauchs, wie Hausrat, Möbel, PC, Schreibtisch oder Fahrrad, normalerweise ohne steuerliche Kon-sequenzen verkauft werden. Aber Achtung: Wenn zwischen Erwerb und dem Verkauf der Waren we-niger als 12 Monate liegen, können auch Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften steuerpflich-tig sein (§ 23 Einkommensteuergesetz). Besonders Artikel mit Spekulationspotential wecken hier das Interesse des Fiskus. Dazu zählen u. a. Wertgegenstände wie Antiquitäten und Schmuck oder auch Briefmarken- und Münzsammlungen, die sich weniger als ein Jahr im Besitz des Verkäufers befanden. Wird mit ihren Verkäufen jährlich mehr als 600 Euro Gesamtgewinn erzielt, dürfte in aller Regel Steu-erpflicht – zumindest für den darüber hinausgehenden Betrag – vorliegen. Derartige Anbieter sollten nicht darauf vertrauen, dass sie unentdeckt bleiben. Denn die Finanzverwaltung ist u. a. befugt, sich die benötigten Informationen direkt vom Plattformbetreiber zu beschaffen, wie ein Urteil des Bundesfi-nanzhofes, BFH, vom 16.5.2013 belegt (Az.: II R 15/12).

Ein Gewerbebetrieb ist gemäß Einkommensteuergesetz dann gegeben, wenn eine Tätigkeit nachhaltig und selbstständig ausgeübt wird, eine Gewinnerzielungsabsicht und eine Teilnahme am wirtschaft-lichen Verkehr vorliegen. Das kann beispielsweise dann der Fall sein, wenn der Anbieter erkennbar auftritt, entweder mit Logo, speziellem Design oder durch das mehrfache Angebot gleicher Produkte. Ist ein Online-Anbieter als Gewerbetreibender einzustufen, so hat er diverse Pflichten sowohl in recht-licher als auch in steuerrechtlicher Hinsicht. Er muss sein Gewerbe grundsätzlich beim Gewerbeamt anmelden. Für die beim gewerblichen Handel erzielten Gewinne können prinzipiell Einkommensteuer, Umsatzsteuer und gegebenenfalls Gewerbesteuer anfallen.

Wichtig für die steuerliche Einordnung der Online-Verkäufer können auch der Vermarktungsaufwand und die Nachhaltigkeit sein, mit der der Verkauf betrieben wird, wie der BFH in seinem Urteil vom 26. April 2012 (Az. V R 2/11) entschied. Im fraglichen Fall ging es um ein Ehepaar, das in einem Zeitraum von etwa dreieinhalb Jahren auf eBay mehr als 1.200 Gebrauchsgegenstände aus seinem Besitz verkauft hatte. Damit erzielte es jährliche Erlöse zwischen 20.000 und 30.000 Euro. Da es sich im Wesentlichen um Sammlerstücke handelte, die im Laufe der Jahre zusammengetragen worden waren, gingen die Eheleute davon aus, dass es sich hierbei um keine umsatz- und einkommensteuerpflichtige unternehmerische Tätigkeit handelt. Das sahen die zuständigen Finanzbehörden anders, denn in letzter Konsequenz, so der BFH, sei das Gesamtbild der Verhältnisse ausschlaggebend. Und dazu zählte der vermutlich erhebliche Organisationsaufwand, zu dem u. a. die Vorbereitung für die Präsentation der einzelnen Produkte, die Verfolgung der Auktionsverläufe und die Organisation von Bezahlung und Versand gehören. All dies lasse den Schluss zu, dass es sich hier um eine intensive und langfristige Verkaufstätigkeit handelte, die als nachhaltig eingestuft werden könne, also keine rein private Vermögensverwaltung mehr darstelle und folglich der Umsatzsteuerpflicht unterliege.

Umsatzsteuerpflicht trifft nur Inhaber des Kontos – auch bei mehreren Nutzern
Der 1. Senat des FG Baden-Württemberg hat am 19.12.2013 (Az.: 1 K 1939/12) entschieden, dass umsatzsteuerpflichtige Versteigerungen über eBay, die von mehreren Personen unter Verwendung nur eines gemeinsamen Namens ausgeführt werden, im Regelfall nur allein von demjenigen zu versteuern sind, der gegenüber eBay als Inhaber des Nutzerkontos aufgetreten ist. Im entschiedenen Fall waren Eheleute betroffen. Wenig erfreulich dürfte sich diese Regelung aber besonders dann auswirken, wenn über ein solches Konto „Gefälligkeits-Versteigerungen“ getätigt werden oder das Konto anderen Personen für ihre persönlichen Verkäufe zur Verfügung gestellt wird. Denn auch hier trifft denjenigen die Umsatzsteuerpflicht, der sich seinen Nutzernamen bzw. sein Pseudonym bei der Kontoeröffnung von eBay hat zuteilen lassen, auch wenn er vom Umfang der fremden Verkaufstätigkeit keine Kenntnis hatte.

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