NR-Kurier
Ihre Internetzeitung für den Kreis Neuwied
Nachricht vom 02.12.2025
Rheinland-Pfalz
Vom Mainzer Gefängnis zum Weltstar: Die Erfindung des Rhönrades durch Otto Feick
Das Rhönrad, ein Sportgerät mit einer faszinierenden Geschichte, feiert sein 100-jähriges Bestehen. Erfunden von Otto Feick, einem Pfälzer Schlosser, hat es sich weltweit einen Namen gemacht. Doch warum trägt es nicht den Namen "Pfalzrad"?
100 Jahre Rhönrad (Foto: Arne Dedert/dpa)Rheinland-Pfalz. Vor genau 100 Jahren ließ Otto Feick sein "Turnrad" patentieren - heute ist es als Rhönrad bekannt. Es zählt zu den Sportgeräten mit einer ungewöhnlichen Biografie: Aus der Erinnerung an zwei Fassreifen geboren, wird es auf Bühnen rund um den Globus gefeiert und oft unterschätzt. Wäre die Geschichte anders verlaufen, hieße es vielleicht "Pfalzrad".

Seinen Ursprung fand das Rhönrad nicht in einer Turnhalle, sondern im Gefängnis, erklärt Anita Zirkelbach, eine Expertin für die Geschichte des Rhönrads. Sie lebt in Schönau in der bayrischen Rhön und sammelt dort Akten, Fotos und Briefe zur Historie des Geräts. Der Pfälzer Schlosser Feick, nach dem Ersten Weltkrieg in einem Mainzer Gefängnis inhaftiert, erinnerte sich an ein Spielzeug seines Großvaters: Zwei stabile Stahlreifen, verbunden durch Querstreben, auf denen der junge Otto Abhänge hinunterrollen konnte. Diese Kindheitserinnerung inspirierte ihn zu einem Sportgerät, das später in 25 Ländern patentiert wurde.

Von Rheinland-Pfalz nach Bayern
Nach seiner Haftentlassung zog Feick mit seiner Frau Pauline in die Rhön und baute in Schönau an der Brend eine Metallwerkstatt auf. Dort entstand neben Betten und Garderobenständern auch das Rad, das er "Rhönrad" nannte, als Anerkennung seiner neuen Heimat. Mit großen Plänen tourte Feick mit einer "Mustergruppe" aus Turnern durch deutsche Varietés und sogar bis nach England, Portugal, Frankreich und die USA. Trotz der Begeisterung des Publikums kosteten diese Touren viel Geld.

Feick starb verarmt, nachdem er sein Patent verkauft hatte und sein Sohn Fritz im Zweiten Weltkrieg gefallen war. "Schönau ist stolz auf den Erfinder", sagt Zirkelbach. Die Gemeinde hat das Rhönrad im Wappen und seit 1975 ein Denkmal zu Ehren Feicks. Ideen für ein Museum scheitern jedoch am Budget der kleinen Gemeinde.

Wiederentdeckung des Balance-Sportgeräts
In den 1950er Jahren entdeckten Pioniere das Gerät neu, und 1956 wurde es offizielles Sportgerät des Deutschen Turnerbunds. Deutsche Athleten sind seither international erfolgreich. Ella Köhler vom Deutschen Turnerbund betont: "Rhönradturnen verlangt eine außergewöhnliche Kombination aus Kraft, Balance, Körperspannung, Orientierungssinn und Beweglichkeit." Das Turnen mit dem Gerät schafft eine "einzigartige Harmonie, Schwerelosigkeit und Dynamik".

Trotz dieser Erfolge bleibt Rhönradturnen in Deutschland eine Nischensportart. Köhler nennt Gründe: mangelnde Präsenz im Fernsehen und fehlende Profiligen oder internationale Großevents mit breiter Berichterstattung.

Ein Sportgerät, drei Disziplinen
Zwei parallele Stahlreifen, die durch mehrere Sprossen verbunden sind, so präsentiert sich ein Rhönrad. Die Athleten sind über Lederschlaufen auf zwei Brettern mit dem Turngerät verankert, während an weiteren Sprossen und den Reifen Griffe angebracht sind. Der Deutsche Turnerbund (DTB) gibt an, dass der Durchmesser dieser Sportgeräte zwischen 1,30 und 2,45 Metern variiert. Für kleinere Räder beginnen die Preise bei etwa 1.100 Euro.

Laut DTB gibt es im Rhönradturnen sowohl national als auch international drei Disziplinen: das Geradeturnen, das Spiraleturnen und den Sprung. Beim Geradeturnen rollt das Rhönrad auf beiden Reifen hin und her, wobei Elemente aus dem Reck- und Barrenturnen integriert werden. Im Erwachsenenbereich wird diese Übung mit Musik begleitet. Das Spiraleturnen hingegen bewegt das Rad auf nur einem Reifen.

Beim Sprung wird das Rhönrad angeschoben, und die Turner laufen hinterher, greifen das Rad, springen vom Boden ab und lassen sich durch den Schwung auf das Rad ziehen. Nach Überschlägen sowie Hock- oder Grätschsprüngen landen sie sicher auf einer Weichbodenmatte. (dpa/bearbeitet durch Red)
Nachricht vom 02.12.2025 www.nr-kurier.de