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| Nachricht vom 01.12.2025 |
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| Region |
| Klosterbibliothek Marienstatt: Tausende Schätze aus vergangenen Jahrhunderten |
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| In der Bibliothek der Abtei Marienstatt befinden sich tausende jahrhundertealter Bücher - zum Forschen, Wissen bewahren und als Gedächtnis der Region. Ein Bestanderhaltungskonzept sorgt dafür, dass die vielen Unikate für die Nachwelt erhalten bleiben. Führungen geben einen Einblick in die Bibliothek. |
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Streithausen/Marienstatt. Mehr als 110.000 Bücher, gefüllt mit Wissen und Geschichte, stehen in den Regalen der Bibliothek Marienstatt, verteilt auf zwei Etagen. Den Überblick darüber behält Jörg Ditscheid, seit 2012 ehrenamtlicher Bibliothekar der Abtei Marienstatt. Wenn er den großen Raum betritt, kontrolliert er erst einmal das Raumklima. Seit dem vergangenen Jahr sind überall Datenlogger zur Überwachung des Raumklimas in der Bibliothek verteilt. Sie gehören zum umfangreichen Konzept der Bestandserhaltung, das die historischen Werke vor Schäden schützen und in bestmöglichem Zustand erhalten soll. Dafür arbeitet die Bibliothek in Marienstatt mit der "Landesstelle Bestandserhaltung" in Koblenz zusammen und erhält eine finanzielle Förderung des Landes Rheinland-Pfalz. Neben den Datenloggern wurden auch alle Weißglasfenster mit einer UV-Schutzfolie versehen. Die Wände sind mit luftdurchlässiger Farbe gestrichen, der Boden aus Kork. "Die Bücher fühlen sich wohl hier", ist sich Jörg Ditscheid sicher.
Und zu schützen und zu bewahren gibt es in der Klosterbibliothek der Abtei Marienstatt natürlich einiges. Bevor sie in den Jahren 1907 bis 1909 in ihrer heutigen Form und als ein frühes Beispiel des Betonbaus im Westerwald entstand, gab es bereits zwei Vorgängerbauten. Während der Barockzeit befand sich die Bibliothek im ersten Stockwerk des nördlichen Kreuzgangflügels. Der zweite Raum, der in der Zeit vor der Aufhebung des Klosters im Zuge der Säkularisation 1802 und nach der Wiederbesiedlung als Bibliothek diente, war im Erdgeschoss des Ostflügels. Im Jahr 1864 kamen die Spiritaner nach Marienstatt, wo sie bis 1873 blieben. Mit ihnen entstand eine neue Klosterbibliothek. Bei ihrer Vertreibung ließen sie eine beträchtliche Zahl an Büchern, Schriften und Werken zurück. Als das Kloster 1888 von Zisterziensern wiederbesiedelt wurde, überließ das Gründerkloster Mehrerau Bücher für die neue Bibliothek. Hinzu kamen Schenkungen aus dem Besitz ehemaliger Zisterzienserklöster und dem Kloster vermachte Privatbibliotheken von Geistlichen. Über die Zeit sind so tausende Werke zusammengekommen, die es zum großen Teil so auch nur in Marienstatt gibt und die schließlich im Jahr 1907 den Bau der heutigen Bibliothek notwendig machten.
Historischer Altbestand mit besonderer Bedeutung
Von besonderer Bedeutung auch über die Region hinaus ist dabei der historische Altbestand der Bibliothek, der im Jahr 2017 in das Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes eingetragen wurde. Zu der in sich geschlossenen Sammlung gehören rund 22.500 Werke - von Handschriften über Wiegedrucke bis hin zu großen Teilen der Privatbibliothek des ersten Abtes nach der Wiederbesiedlung und späteren Bischofs von Limburg, Dominikus Willi.
Das älteste Buch der Klosterbibliothek in Marienstatt ist ein Psalterium von um 1300, das seinen Weg aus einem Franziskanerkloster in Nordostfrankreich nach Marienstatt gefunden hat. Von etwa 1200 stammt ein Pergament als ältestes Schriftstück der Bibliothek. Woher man so etwas weiß? "Ein Sachverständiger schaut sich das an und erkennt die regionale Verwendung einer Schrifttype, dieser Text gehört zur Liturgie eines bestimmten Ordens oder ein Heiliger wurde in einem bestimmten Bistum verehrt‘ - so kann man auch jahrhundertealte Werke zu ihrem Ursprung zurückverfolgen", erklärt Jörg Ditscheid. In der Klosterbibliothek findet man zudem auch ein Exemplar des sogenannten kleinsten Buches der Welt: Auf 3,5 x 3,5 Millimetern ist hier das Vaterunser in sieben Sprachen abgedruckt. Das schwerste Buch der Bibliothek wiegt übrigens 28,5 Kilogramm.
Geschichte und Zukunft vereint
Doch nicht nur die Vergangenheit wird in der Klosterbibliothek erhalten. "Wir haben jedes Jahr etwa 400 Neuaufnahmen", erzählt Jörg Ditscheid. "Dazu gehören Bücher des Konvents, Schenkungen oder auch regelmäßig veröffentlichte Reihen, die wir hier zur Verfügung stellen." Zu seinen Aufgaben gehört daher auch, immer wieder Platz für Neues in der Bibliothek zu schaffen und eine sinnvolle Anordnung zu realisieren. Denn natürlich stehen die Bücher nicht einfach irgendwo, sondern sind nach Fachrichtungen sortiert. Dazu gehören durchaus auch nicht-theologische Gebiete wie Sprachen, Philosophie und Geschichte, wobei der Schwerpunkt auf Regionalgeschichte liegt. Und sogar CDs gehören zum Bestand der Klosterbibliothek.
Auf das kommende Jahr freut sich Jörg Ditscheid besonders: "Bei uns wird eine Restauratorin tätig sein, mit der wir bereits zusammengearbeitet haben. Dann werden ausgewählte Werke gesäubert und geschützt eingepackt. So sollen sie der Nachwelt noch lange erhalten bleiben." Ditscheids erklärtes Ziel ist es, den Bestand der Bibliothek in Marienstatt weiterzuentwickeln und zu erweitern - und zwar unter den bestmöglichen Bedingungen. "Für mich ist es schon etwas Besonderes, dass wir auch als kleine Privatbibliothek diese Standards einhalten können", sagt er mit einem Blick auf den Datenlogger. Und sein größter Wunsch in Bezug auf den Bibliotheksbestand? "Eine Handschrift aus Marienstatt. Bisher ist so etwas noch nicht aufgetaucht. Kriege, Vertreibungen - es gibt viele Gründe dafür, dass auch viel verloren gegangen ist über die Jahrhunderte. Aber die hätte ich noch gerne hier."
Wer sich für die Bibliothek der Abtei Marienstatt interessiert, kann über die Homepage Führungen bei Jörg Ditscheid buchen, der den Gästen die beeindruckende Sammlung in seiner kurzweiligen Art näher bringt. Die nächsten Termine werden im Februar stattfinden.
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