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Nachricht vom 18.11.2025
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Prozess vor dem Landgericht Koblenz wegen sexuellen Missbrauchs hat begonnen
Vor dem Landgericht Koblenz hat am 17. November 2025 die Hauptverhandlung gegen einen 62-Jährigen wegen des Vorwurfs des sexuellen Missbrauchs eines Kindes begonnen. Der Angeklagte räumte im Verlauf der Verhandlung Teile der ihm vorgeworfenen Tat ein.
Fotograf: Wolfgang RabschAm 17. November konnte die Hauptverhandlung vor der 6. Strafkammer des Landgerichts Koblenz beginnen, nachdem der Hauptverhandlungstermin vom 5. November nicht hatte stattfinden können, da ein ordnungsgemäß geladener Schöffe nicht erschienen war. Die Kuriere berichteten: https://www.ww-kurier.de/artikel/163297-prozess-wegen-sexuellen-missbrauchs-beim-landgericht-koblenz-konnte-nicht-beginnen

Zum neuen Hauptverhandlungstermin waren alle geladenen Personen pünktlich erschienen, auch die neuen Schöffen. Der heutige Termin sollte teils sehr emotional und auch dramatisch verlaufen.

Antrag auf Ausschluss der Öffentlichkeit
Zunächst stellte Rechtsanwältin Marion Faust, die das siebenjährige Mädchen als Vertreterin der Nebenklage vertrat, den Antrag, die Öffentlichkeit vom gesamten Verlauf der Hauptverhandlung auszuschließen, da die schutzwürdigen Interessen des Mädchens geschützt werden müssten.

Nachdem die Verteidigung des Angeklagten, Rechtsanwalt Frank Wolsfeld, und der Vertreter der Staatsanwaltschaft den Ausschluss der Öffentlichkeit ablehnten, zog sich die Strafkammer zur Beratung zurück und verkündete nach einigen Minuten den Beschluss, dass die Öffentlichkeit weiterhin zugelassen bleibt, jedoch in den Passagen, zum Beispiel bei Zeugenaussagen oder Videoaufzeichnungen, ausgeschlossen wird, sobald schutzwürdige Interessen der Zeugin tangiert werden.

Was wirft die Staatsanwaltschaft dem Angeklagten vor?
Die Staatsanwaltschaft legt dem Angeklagten zur Last, an einem nicht mehr feststellbaren Tag in der Zeit vom 1. Juni 2023 bis zum 24. Juni 2023 einen sexuellen Missbrauch zum Nachteil eines zur Tatzeit siebenjährigen Mädchens begangen zu haben. Tatort soll ein Ort im Raum Koblenz gewesen sein.

Um die Privat- und Intimsphäre des Mädchens zu schützen, wird auf weitere Details aus der Anklage verzichtet. Nachdem der Vertreter der Staatsanwaltschaft die Anklage verlesen hatte, erklärte die Vorsitzende, dass keine Gespräche zur Herbeiführung einer tatsächlichen Verständigung (sogenannter Deal) zwischen den Prozessbeteiligten stattgefunden hätten.

Der Angeklagte berichtete von seiner Kindheit
Der Angeklagte äußerte sich eingehend zu den Tatvorwürfen und seinen persönlichen Verhältnissen. Er berichtete mit stockender, teils versagender Stimme, dass er in seiner Kindheit und Jugend schwere Misshandlungen im Elternhaus und im Kinderheim erlebt habe und auch selbst sexuell missbraucht worden sei. Zudem sei er im Kinderheim geschlagen worden und habe als Strafe manchmal zwei Tage nichts zu essen bekommen. Er habe Angst und Scham vor Frauen gehabt, in seiner sexuellen Fantasie habe er sich zu jungen Mädchen hingezogen gefühlt. Weil er seine sexuellen Fantasien im Hinblick auf junge Mädchen nicht in den Griff bekam, habe er ein bis zwei Flaschen Wodka, Cognac oder Whisky am Tag getrunken. Es folgten Entgiftungen und Alkoholtherapien.

Der Angeklagte erklärte zunächst, er könne sich an die ihm vorgeworfene Tat kaum erinnern, da er stark betrunken gewesen sei. Er bestritt zunächst, das Kind sexuell missbraucht zu haben.

Nach dem Vorhalt von Rechtsanwältin Marion Faust, die dem Angeklagten ins Gewissen redete, ob er den Tatvorwurf nicht doch einräumen wolle, um der Zeugin die Aussage zu ersparen, erklärte der Angeklagte, dass es stimmen könne, was die Zeugin ausgesagt habe. Er schilderte sodann einige Details, die an dieser Stelle nicht wiedergegeben werden. Der Angeklagte beendete seine Aussage mit den Worten: „Warum sollte das Kind lügen? Es wird schon stimmen, was sie ausgesagt hat."

Mutter als Zeugin emotional bewegt
Nach der Aussage des Angeklagten wurden drei Ärzte vernommen, die ihn als Hausarzt und in der Therapie behandelt hatten. Die Mutter des Mädchens wurde als Zeugin aufgerufen. Sie schilderte, wie ihre Tochter ihr von dem Vorfall berichtete und dass sie ihrer Tochter voll und ganz glaubte. Plötzlich und unerwartet begann die Mutter zu schluchzen und zu weinen. Die Sitzung wurde für mehrere Minuten unterbrochen, damit die Zeugin sich wieder beruhigen konnte. Als Letztes gab die Mutter zu Protokoll, dass der Angeklagte einem Verwandten die Taten zugegeben habe, als dieser ihn zur Rede stellte.

Auf die Vernehmung des Mädchens wurde im allseitigen Einverständnis verzichtet.

Anschließend wurden noch weitere Zeugen vernommen: Kriminalbeamte und weitere Verwandte. Es sind noch zwei weitere Verhandlungstage anberaumt, unter anderem werden zwei psychiatrische Gutachter ihre Gutachten erstatten. Die Kuriere werden vom Ausgang des Verfahrens berichten.

Hinweis zu Missbrauch
Machen Sie sich Sorgen um ein Kind oder suchen Sie für sich selbst Hilfe und Unterstützung? – Sprechen Sie darüber. Auf dem Hilfe-Portal sexueller Missbrauch unter www.hilfe-portal-missbrauch.de finden Sie vertrauliche und professionelle Hilfe per Telefon, Online-Beratung oder im persönlichen Gespräch durch Fachkräfte, die auf das Thema sexuelle Gewalt gegen Kinder und Jugendliche spezialisiert sind.
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