NR-Kurier |
Ihre Internetzeitung für den Kreis Neuwied |
|
Nachricht vom 02.07.2025 |
|
Region |
Petition zur Reform des Landeshundegesetzes: "Der Mensch macht den Hund böse" |
|
Die 33-jährige Careen Klemantowitz aus Roth hat eine öffentliche Petition zur Reform des Landeshundegesetzes Rheinland-Pfalz gestartet. Auslöser ist die behördliche Ablehnung eines Antrags zur Haltung eines American-Pit-Bull-Welpen - trotz nachgewiesener Sachkunde, Führungszeugnis, Versicherung und Kastrationsabsicht. |
|
Roth. Drei Hunderassen stehen in Rheinland-Pfalz auf der Liste der gefährlichen Hunde: Laut Paragraf 1 des Landeshundegesetzes (LHundG) sind das Hunde der Rassen American Staffordshire Terrier, Staffordshire Bullterrier, Hunde des Typs Pit Bull Terrier "sowie Hunde, die von einer dieser Rassen oder diesem Typ abstammen". Careen Klemantowitz aus Roth aus dem Kreis Altenkirchen hat dafür kein Verständnis: "Kein Hund kommt böse auf die Welt. Ihre Gefährlichkeit kann man nicht an der Rasse festmachen. Der Mensch kann Hunde jeder Rasse entsprechend abrichten." Sie kritisiert darüber hinaus, dass die Liste der gefährlichen Hunde seit 2004 nicht mehr geprüft oder überarbeitet wurde. "Schaut man sich die Beißvorfälle in Rheinland-Pfalz an, steht keiner der drei genannten Rassen auf Platz 1. Doch laut Gesetz geht von ihnen die größte Gefahr aus. Das ergibt keinen Sinn. Diese Liste ist völlig willkürlich." Darauf will Careen Klemantowitz mit ihrer Petition aufmerksam machen.
Das rheinland-pfälzische Innenministerium erklärt aktuell auf Anfrage, dass Hunde der Rassen American Staffordshire Terrier, Staffordshire Bullterrier und des Typs Pit Bull Terrier sowie Hunde, die von diesen abstammen, als "unwiderlegbar gefährlich" gelten. Das Bundesverfassungsgericht habe die "unwiderlegbare Gefährlichkeitsvermutung der genannten Rassen" als verfassungsgemäß bestätigt. Auch das Bundesverwaltungsgericht bestätige den Verdacht, dass Hunde bestimmter Rassen ein genetisch bedingtes übersteigertes Aggressionsverhalten aufweisen. Beide Urteile stammen aus dem Jahr 2004. Bei den genannten Hunderassen werde vermutet, "dass sie eine durch Zuchtauswahl bedingte gesteigerte Aggressivität aufweisen. Hinzu kommen rassespezifische Merkmale wie Beißkraft, reißendes Beißverhalten und Kampfinstinkt, die eine Einstufung dieser Hunde sowie deren Kreuzungen als gefährliche Hunde gebieten." Die vermutete besondere Gefährlichkeit werde demnach "belegt durch wissenschaftliche Gutachten sowie durch die Ergebnisse von Beißstatistiken."
Doch die Statistiken geben Careen Klemantowitz zunächst einmal Recht. Im Jahr 2024 sind im Land 388 Menschen und 291 Tiere durch Hundebisse verletzt worden, 41 Tiere wurden durch Hundebisse getötet. Mit Abstand die häufigsten Vorfälle gab es mit Schäferhunden (35 verletzte Menschen, 31 verletzte Tiere, drei getötete Tiere), gefolgt vom Schäferhund-Mix (16 verletzte Menschen, 11 verletzte Tiere, zwei getötete Tiere). Zum Vergleich: Die sogenannten rheinland-pfälzischen Listenhunde American Staffordshire Terrier, Staffordshire Bullterrier und Pit Bull Terrier haben der Statistik zufolge im Jahr 2024 insgesamt sechs Menschen und sechs Tiere verletzt.
Listenhunde nur mit "berechtigtem Interesse"
"Ich habe selbst drei Kinder, ich würde doch nicht das Risiko eingehen, mir einen gefährlichen Hund ins Haus zu holen", erklärt Careen Klemantowitz. "Hunde sind die loyalsten und ehrlichsten Wesen überhaupt, und das gilt für jede Rasse, sofern die Erziehung stimmt." Damit sie ihren Hund entsprechend friedvoll erziehen kann, wollte die 33-Jährige, die schon immer Interesse an dieser Art Hunde hatte, einen American-Pit-Bull-Welpen aus einer Züchtung in Leipzig zu sich holen - doch das lehnte die Verbandsgemeinde Hamm (Sieg) als zuständige Behörde mit Verweis auf das LHundG ab. Nach rheinland-pfälzischen Vorschriften ist die Adoption aus einem Tierschutzverein der einzig legale Weg einen Kampfhund zu bekommen. Hier werden Hunde abgegeben, deren Besitzer sie illegal gehalten haben und die ordnungsbehördlich sichergestellt wurden. So soll eine dauerhafte Unterbringung eines gefährlichen Hundes im Tierheim verhindert werden. "Doch wenn ich mir einen erwachsenen Hund hole, weiß ich eben nicht, ob er aufgrund seiner bisherigen Lebenserfahrung nicht wirklich gefährlich ist! Denn gerade diese Hunde werden von ihren Besitzern so erzogen, weil sie ein gefährliches Image haben", argumentiert Careen Klemantowitz.
Wer in Rheinland-Pfalz legal einen Listenhund halten will, muss zudem Auflagen erfüllen wie etwa die nachgewiesene Sachkunde, ein Führungszeugnis oder der Nachweis eines berechtigten Interesses gemäß Paragraf 3 LHundG. "Auch deswegen wurde meinem Antrag nicht stattgegeben. Berechtigtes Interesse bedeutet, dass ich den Hund als Diensthund oder Wachhund oder ähnliches halten möchte. Doch genau das soll er nicht sein. Ich habe ja gar nicht die Absicht, ihn böse zu erziehen. Er soll Teil unserer Familie sein."
Die Verbandsgemeinde (VG) bestätigt auf Anfrage, dass das notwendige berechtigte Interesse für die Haltung eines eingestuften Listenhundes nur in Einzelfällen nachgewiesen werden kann, und zwar "in aller Regel nur unter einem beruflichen Aspekt". Auch dass der Hund aus einer privaten Züchtung angeschafft werden sollte, statt - auf dem einzig legalen Weg - aus dem Tierheim, sprach gegen den Antrag. Die VG betont auch, dass Careen Klemantowitz mit ihrem ordnungsgemäßen Antrag auf die Haltung des Listenhundes mit positivem Beispiel vorangegangen sei, "da in solchen Fällen erfahrungsgemäß oftmals eine illegale Anschaffung ohne Rücksprache mit der Verbandsgemeinde erfolgt." Aus der Erklärung der Verbandsgemeinde geht auch hervor, dass der Antrag vonseiten der VG keineswegs leichtfertig abgelehnt wurde. Mehrfach war Rücksprache gehalten worden mit den privaten Züchtern und der Stadt Leipzig. Die Züchtung sei aber offenbar nicht offiziell angemeldet worden und so konnte die VG nicht sicherstellen, dass es sich um eine legale Zucht handelt. Unabhängig davon ist die Anschaffung eines Listenhundes aus privaten Züchtungen nicht zulässig. Zudem habe die Sachbearbeitung der VG als Alternative auch auf eine entsprechende Organisation aus der Region verwiesen, die gegebenenfalls eine Anschaffung eines anderen Hundes der gleichen Rasse ermöglicht hätte.
Die Verwaltung in Hamm (Sieg) erklärt weiter, dass sie in Bezug auf die als gefährlich eingestuften Rasse- beziehungsweise Listenhunde keinen Entscheidungsspielraum habe. "Bei dem LHundG handelt es sich um ein Landesgesetz, das mit einer klaren Durchführungsverordnung verknüpft ist. Alle zur Haltung des Hundes notwendigen Kriterien müssen erfüllt sein." Ausnahmen können grundsätzlich nicht gemacht werden.
Petition für Reform des Landeshundegesetzes
Aufgrund ihrer Erfahrungen setzt sich Careen Klemantowitz mit ihrer Petition für eine Reform des Landeshundegesetzes Rheinland-Pfalz ein. Sie fordert die Abschaffung der Rasseliste, eine klare Neuregelung des "berechtigten Interesses" und eine Anpassung des Gesetzes an aktuelle Zahlen und Verhältnisse, denn sie ist überzeugt: Dass Gefahr von den Hunden ausgeht, liegt an den Menschen, nicht an den Tieren. (rm)
Zur Petition geht es hier: www.openpetition.de/!qlcqq |
|
Nachricht vom 02.07.2025 |
www.nr-kurier.de |
|
|
|
|
|
|