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Nachricht vom 24.03.2022
Region
Alles klar, Herr Kommissar? - ACAB? "Acht Cola, acht Bier!"
Obwohl ich die Frage mit "Nein" beantworte, habe ich diesen Song des Extremmusikers Falco als Überschrift für meine Kolumnen gewählt. Ich werde Geschichten aus dem Leben erzählen, Antworten auf Ereignisse im polizeilichen Alltag suchen und möchte Leser sensibilisieren, ihre eigene Haltung zu überprüfen und mit anderen zu diskutieren.
Zeichnung des Autors Jörg Schmitt-Kilian. (Künstler: Hannes Dietze)Region. Willst du wissen, was mich ärgert? Wenn nach der Festnahme des Tatverdächtigen eines brutalen Mordes “dringend darum gebeten“ wird, das im polizeilichen Fahndungsersuchen veröffentlichte Bild und den Namen in den sozialen Netzwerken zu löschen: Der Aufruf war in unzähligen Posts geteilt worden.

Zwar gilt im deutschen Strafrecht bis zur Verurteilung die Unschuldsvermutung, aber in diesem Fall gibt es eine Schuldvermutung (ich weiß nicht, ob dieses Wort im deutschen Sprachgebrauch wirklich existiert?) oder – juristisch korrekt formuliert – einen dringenden Tatverdacht: am Tatort lagen Personalpapiere, bei der Festnahme wurde bestätigt, was im Funkspruch als Anlass der Kontrolle (tote Wildtiere im Fahrzeug) genannt wurde, Entzug der Jagdberechtigung, zahlreiche Ermittlungsverfahren und gewalttätige Ausbrüche in der Vergangenheit. Bei diesen Fakten fällt es schwer, an der Schuld von Andreas S. zu zweifeln, oder was meinst du?

Und weißt du, was mich richtig wütend macht? Die zahlreichen Beifallsbekundungen in den sozialen Netzwerken für den (die?) Täter. Nachdem das Fernsehen über ein Banner berichtet hatte, das an einem Zaun hing und auf dem mit riesigen fetten Lettern ACAB gesprüht worden war, erinnere ich mich an ein Schulprojekt in der 9. Klasse eines Gymnasiums zum Thema “Sucht- und Gewaltprävention“. Als ich in der ersten Stunde das Klassenzimmer betrat, war die Tafel – wie gefordert – zwar gereinigt, aber in großen Buchstaben stand dort ACAB.

Es ist hinreichend bekannt, dass der Spruch “All cops are bastards“ Frauen und Männer im Polizeidienst beleidigen soll. Ich habe zunächst “die Faust in der Tasche gemacht“ und fragte freundlich nach, ob dies eine chemische Formel für eine Droge sei, die mir noch unbekannt ist (es gibt ja schließlich MDMA, MDA, DOB, DOM und andere Kürzel für neue illegale Substanzen). Das breite Grinsen war der beste Beweis dafür, dass meine schauspielerischen Fähigkeiten die Klasse von meiner “Unfähigkeit“ überzeugt hatten und manche Gymnasiasten das Vorurteil bestätigt sahen, dass “alle Bullen blöd sind“.

“Acht Cola acht Bier“, antwortete einer der Schüler (es war derjenige, der den Satz an die Tafel geschrieben hatte) und alle lachten. Wobei ich mir nicht sicher war, ob es der Gag des “Klassenclowns“ war oder sich alle (noch) über meine “Blödheit“ amüsierten. Aber schnell war “Schluss mit Lustig“. Ich möchte an dieser Stelle nicht weiter ausführen, in welchem Umfang “mir der Kragen geplatzt“ ist als ich den Begriff “entschlüsselte“: Man hätte eine Stecknadel hören können, wenn in diesem Moment eine auf den Boden des Klassenraums gefallen wäre. Nachdem die Klasse sich “vom ersten Schock erholt“ hatte, kehrte ich zu meiner Professionalität zurück (mein Wutausbruch war unprofessionell), fragte nach der Bedeutung des Wortes Bastard und erhielt zögerliche Antworten, aber keine wirklich richtige.

Daher liebe Klasse: zum Mitschreiben: noch bis in die 60er-Jahre nannte man so unehelich geborene Kinder; heute wird das Wort meist als Schimpfwort für minderwertige Menschen benutzt. Und ihr solltet darüber nachdenken, welchen “Wert“ die Polizei hat, die 24 Stunden am Tag für unsere Sicherheit sorgt und auch euer “Freund und Helfer“ ist, wenn andere euch seelisch oder körperlich verletzen. (Cyber-)Mobbing. Bist du schon Opfer? Klar geworden?
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