NR-Kurier
Ihre Internetzeitung für den Kreis Neuwied
Nachricht vom 12.02.2022
Region
Stadtrat will bis 20.000 Euro für Fällung der Bäume am Holzbach ausgeben
Der Stadtrat Dierdorf hat in seiner jüngsten Sitzung beschlossen, dass die Bäume, die den Holzbach zwischen der Brückenstraße und der Neuwieder Straße/B 413 säumen, alle auf den Stock gesetzt werden sollen. Dafür wurde eine überplanmäßige Ausgabe in den gerade genehmigten Haushalt von 20.000 Euro eingestellt.
Alle Bäume am Holzbach sollen gefällt werden. Fotos: Wolfgang TischlerDierdorf. Die FDP-Fraktion im Stadtrat hatte in der jüngsten Sitzung des Rates einen Dringlichkeitsantrag eingebracht und gefordert, dass die Bäume entlang des Holzbaches von der Brückenstraße bis zur Neuwieder Straße/B 413 sämtlich auf den Stock gesetzt werden sollen. Bernd Altmann und Ulrich Schreiber begründeten Antrag mit Hochwasserschutz für die Anwohner der Stadt.

Nach ihrer Meinung könne sich in den Bäumen Treibgut verfangen. Dadurch könnten Äste abreißen und die Bäume entwurzelt werden. Sie würden dann sich an den Brücken verkeilen und für ungeahnte Überflutungen sorgen. Als Beispiel führten die beiden Räte das Unwetter im Ahrtal an. Die neuen Austriebe nach den Fällungen seien biegsam und würden dem Wasser keinen Widerstand bieten und so auch kein Treibgut ansammeln.

Da die Vegetationszeit nun bald beginnt, sei Eile geboten. Da die Bäume auf städtischem Grundstück stehen, habe die Stadt auch die Hoheit über zu treffende Maßnahmen. Dies sah Bürgermeister Thomas Vis nicht so, sondern empfahl eine Abstimmung mit der Unteren Wasserbehörde. Ulrich Schreiber (FDP) forderte für die Maßnahme der Fällungen einen Betrag von 20.000 Euro als überplanmäßige Ausgabe in den Haushalt aufzunehmen. Deckung solle dann im Nachtragshaushalt erfolgen. Der Rat folgte dem FDP-Antrag.

Das sagt die gesetzliche Grundlage
Gewässerausbaumaßnahmen sind wesentliche Umgestaltungen eines Gewässers oder seiner Ufer (§ 67 WHG) und bedürfen einer Planfeststellung oder Plangenehmigung. Genehmigungsbehörden an Gewässern zweiter Ordnung sind die Oberen Wasserbehörden (SGD Nord und SGD Süd), an Gewässern dritter Ordnung die Unteren Wasserbehörden (Kreisverwaltungen und kreisfreie Städte). Nach unserer Recherche ist der Holzbach ab Brückrachdorf ein Gewässer zweiter Ordnung.

Das Land Rheinland-Pfalz gibt vor
Für die Gewässer innerhalb der Ortschaft gilt: Grundsätzlich sollen Ufergehölze und insbesondere Sträucher, die den Hochwasserabfluss beeinträchtigen können oder ins Gewässer abzubrechen drohen, regelmäßig kontrolliert werden. An kritischen Punkten muss der bordvolle Abflussquerschnitt betrachtet und im Bedarfsfall auch freigeschnitten werden. Ältere Bäume auf der Böschungsschulter stellen in der Regel eine geringere Gefahr dar und sollten erhalten bleiben, denn ihre Wurzeln dienen der Stabilisierung des Ufers. Generell gehören standortfremde, flachwurzelnde und windwurfanfällige Baumarten wie Fichte, Hybridpappel und Thuja nicht an die Fließgewässer.

Empfehlung Hochwasserschutzkonzepte aufstellen
Alle Maßnahmen der Hochwasservorsorge im Rahmen der Gewässerunterhaltung können einen Beitrag zur Schadensminimierung leisten, jedoch nicht gewährleisten, dass das nächste Hochwasser schadlos abläuft. Weitergehende Hochwasservorsorge, sowohl im öffentlichen wie im privaten Bereich ist unabdingbar. Zur Erarbeitung von Vorsorgemaßnahmen können die Kommunen örtliche Hochwasserschutzkonzepte aufstellen. Diese Konzepte dienen der Sensibilisierung für die Hochwassergefahr und möchten durch frühzeitige Beteiligung aller Akteure, auch der betroffenen Bürgerinnen und Bürger, zur Eigenvorsorge motivieren. Das Land Rheinland-Pfalz unterstützt die Kommunen, indem die Aufstellung eines örtlichen Hochwasserschutzkonzepts mit der Einschaltung von Fachleuten bis zu 90 Prozent gefördert wird. Für die Stadt Dierdorf existiert kein Hochwasserschutzkonzept.

Das sagt ein Naturschutzverband zu den Dierdorfer Plänen
Alle Bäume auf den Stock setzten, ist das Schlechteste, was gemacht werden kann. Die Bäume dienen der Ufersicherung und mindern die Fließgeschwindigkeit. Dadurch kann keine Hochwasserautobahn entstehen. Die Bäume dienen der Beschattung des Holzbaches und vermindern gerade bei dem aktuellen Klimawandel ein weiteres Ansteigen der Wassertemperaturen, was Auswirkungen auf die Lebewesen im Fluss hat. Den Vögeln werden auf einer Länge von mehreren hundert Metern die Nistmöglichkeiten genommen.

Äste, die bei normalem Wasserstand schon ins Wasser ragen und morsche Äste können ohne weiteres entnommen werden. Ein regelmäßiges, umsichtiges Freischneiden stellt kein Problem dar, aber ein Kahlschlag ist keine Lösung. Im Zuge des Absterbens von großen Waldflächen sind solche radikalen Maßnahmen nicht akzeptabel. Das Geld sollte besser in ein Hochwasserschutzkonzept investiert werden, da ist es wesentlich nachhaltiger angelegt. (woti)
       
Nachricht vom 12.02.2022 www.nr-kurier.de