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Nachricht vom 19.12.2021
Region
Coronaspaziergang in Altenkirchen verlief friedlich
Am Abend des 20. Dezember versammelten sich in Altenkirchen hunderte Menschen zu einem gemeinsamen Spaziergang. Geimpfte und ungeimpfte Bürger wollten gemeinsam auf die momentane Spaltung in der Gesellschaft hinweisen. Die Kuriere besuchten den Spaziergang, der das Motto vertrat: "Gegen die Impfpflicht und die Spaltung der Gesellschaft".
Impressionen (Foto: Elke Stockhausen)Altenkirchen. Verfolgt man das Geschehen auf überregionaler Ebene erkennt man schnell, dass derartige Spaziergänge wie zuletzt in Altenkirchen im gesamten Bundesgebiet bereits stattgefunden haben und planmäßig fortgesetzt werden sollen. Immer Montags sind solche Treffen geplant, darunter auch in Montabaur, Höhr-Grenzhausen und Westerburg. Offiziell angemeldet werden sie offenbar nicht. Und auch einen verantwortlichen Veranstalter wird man vor Ort nicht finden.

Es sind die sozialen Netzwerke und Messenger wie Telegram, die Informationen verbreiten und Zusammenkünfte von Menschen mit unterschiedlichem Impfstatus zusammenführen. Die Informationen verbreiten sich dann viral im Netz und rufen die verschiedensten Co-Akteure auf den Plan. Sympathisanten der Aktion verteilen Flugblätter - bis letztlich alle informiert sind und keiner mehr nachvollziehen kann, wer es angeschoben hat.

Friedliche Aktion mit Kerzenlicht
Es war wohl auch nicht der erste Spaziergang in Altenkirchen, wenn auch der erste in dieser Größenordnung, der zu Beginn der Veranstaltung auf rund 300 Personen geschätzt wurde. Eines verband all diese Menschen, der Wunsch, nämlich nach Gleichberechtigung und Gleichstellung von Geimpften und Ungeimpften.

Familien mit kleinen Kindern und Hunden, Einzelpersonen und Paare – verteilt auf alle Altersstufen - versammelten sich um 18 Uhr vor dem Bahnhof in Altenkirchen. Die Farbe der mitgebrachten Kerzen ließ erkennen, ob jemand geimpft oder ungeimpft war, eben einfach daran, ob eine weiße oder eine rote Kerze in den Händen gehalten wurde. Mit vorweihnachtlicher Stimmung hatte das nicht viel zu tun. Es waren Grabkerzen, die eindeutige, optische Unterscheidung sollte gleichermaßen ein Zeichen für etwas sein, das alle verband. Die Gleichstellung und Akzeptanz untereinander.

Auf dem gemeinsamen Weg zum Rathaus vertiefte man sich in das gemeinsame Gespräch, und was immer man hörte, es ging um die Pandemie und die politischen Entscheidungen.

Die Kerzen wurden am Ende des Weges vor dem Rathaus in Altenkirchen niedergestellt. Weiße Kerzen der Ungeimpften und rote Kerzen der geimpften Teilnehmer. Die Flamme auf dem Docht hatte bei allen Kerzen jedoch das gleiche Licht. Die Gruppe verweilte dort noch etwa 30 Minuten und applaudierte spontan. Vielleicht galt dieser Applaus ihnen selbst für das gesetzte Zeichen.

Argumente der Teilnehmer
Stimmen in der Gruppe diskutierten über einen vermeintlich „aufgezwungenen Unterschied“ zwischen Geimpften und Ungeimpften. Die Schuldzuweisung, dass Ungeimpfte mehrheitlich für die hohen Coronazahlen verantwortlich seien, wurde kritisiert. Auch wurde bestritten, dass die Inzidenzen einzig durch den ungeimpften Teil der Bevölkerung so nachhaltig beeinflusst würden. Daraus folgend wurde die Einschränkung der Freiheit der nicht immunisierten Menschen scharf kritisiert. Diese Freiheitsberaubung und ein Nachdenken über eine Impfpflicht verstoße gegen die Grundrechte. „Einigkeit und Recht und Freiheit“, dies werde in der heutigen Zeit so nicht mehr gelebt.

Familie (Helmut und Heike) Hain - beide nicht geimpft - beleuchteten die Impfung mit medizinischen Fragezeichen. Heike Hain habe eine medizinische Ausbildung, so ihre Aussage. Die Viruslast sei bei geimpften und ungeimpften Personen ungefähr gleich, sagt sie. Geimpfte könnten andere anstecken und auch am Virus erkranken. Es ist die ihrer Meinung nach zu einseitige Meinung, die oft publiziert werde, die von dem Ehepaar angeprangert wird. Und dabei sehen die beiden sich nicht als Querdenker, sondern als Selbstdenker. Es mangele an Aufklärung über den mRNA-Impfstoff und es fehle an Studien. Auch wenn die Impfung bereits seit einem Jahr millionenfach verabreicht wurde, könne über die Langzeitwirkung der Impfung keine Aussage getroffen werden. Zudem seien die Doppelblindstudien- für die es ungeimpfte Kontrollgruppen geben müsse, die den Impfstoff als Placebo erhalten- mittlerweile weggefallen.

Elfriede Zochert, eine 70-jährige Dame, die zweifach geimpft ist und die dritte Impfung nicht haben möchte, nahm gemeinsam mit ihrem ungeimpften Sohn, dessen Frau und der kleinen Enkeltochter teil. Ohne Berührungsangst seien sie eine Familie und leben diese Gemeinschaft. Warum sie sich impfen ließ? Sie wollte wissen, was passiere, habe auch keine Nebenwirkung gehabt. Sie erzählt, dass sie gesund lebt, täglich Brennnesseltee trinke und ihren Körper so reinige. Ihr Sohn hingegen, der in der Vergangenheit an Krebs erkrankt war, wird sich nicht impfen lassen, auch wenn er nicht gegen die Impfung ist. Er kritisiert das Aufbauschen des Zwangs durch die Regierung. Für ihn handelt sich um Staatspropaganda, um das Schüren der Angst in der Bevölkerung. Wenn er sich Sorgen macht, dann um mögliche bürgerkriegsähnliche Zustände basierend auf der Spaltung der Gesellschaft.

Ein Zeichen gegen die Spaltung
Um ein Zeichen gegen diese Spaltung der Gesellschaft zu setzen, darum geht es bei diesem Spaziergang. Ein Zeichen, das nicht statisch ist, sondern von Menschen gestaltet und von Lichtern begleitet wird.

Die Stimmen der Geimpften waren in deutlich geringerer Zahl vertreten. Die Antwort auf die Frage „Warum haben Sie sich für die Impfung entschieden?“ Wurde von einer Dame, die ihren Namen nicht nannte, mit „Weil ich das so für mich entschieden habe. Das war ganz alleine meine Entscheidung“, beantwortet.

Es war ein friedlicher Abend, der unter Anwesenheit von Polizei und Ordnungsamt geruhsam den Weg zwischen Bahnhof und Rathaus beschritt. Und es solle ihn wieder geben, so einige Stimmen. So vermeldete auch die Polizei, dass bei der Versammlung die Corona-Regeln eingehalten wurden. Es gab weder Verstöße noch Ausschreitungen.

Leider bleibt es nicht aus, dass sich unter so viele Menschen auch politisch radikalere Personengruppen beteiligen. Entgegen dem Gedanken der Gemeinsamkeit waren dann und wann auch einige hasserfüllte Phrasen zu vernehmen wie „Früher wurden die Juden verfolgt und heute die Ungeimpften“, „Wir bekommen das Regierungssystem der DDR“ und „Die Rückkehr zum Dritten Reich“, fielen im Zusammenhang mit der Corona-Regelung. Auch mischten sich zweckentfremdete Parolen mit ein, wie "Unser Wahlsystem ist verfassungswidrig."

Derartige Parolen kamen zwar nur vereinzelt, zeigen aber, dass radikale Gruppen bedauerlicherweise über solche Veranstaltungen versuchen, sich Gehör zu verschaffen und andere Menschen ebenfalls zu radikalisieren. Diese Ambitionen laufen dem Konzept des friedlichen Miteinanders entgegen und schüren noch mehr Unfrieden. (Elke Stockhausen)
     
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