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Nachricht vom 12.10.2021
Region
Assistierter Suizid – es braucht klare gesetzliche Rahmenbedingungen
Podiumsgespräch der Waldbreitbacher Hospiz-Stiftung, des Neuwieder Hospizvereins und des Ambulanten Hospiz Neuwied mit Bischof Georg Bätzing in der Heilig-Kreuz-Kirche.
Georg Beule, Georg Bätzing, Patrick Hünerfeld, Anita Ludwig, Frank Voss, (v.l.n.r.), diskutierten in der Heilig-Kreuz-Kirche in Neuwied über das Thema „Assistierter Suizid“. Foto: Caroline HensiekNeuwied. Am 26. Februar 2020 entschied das Bundesverfassungsgericht, dass jeder Mensch grundsätzlich ein Recht darauf hat, selbstbestimmt zu sterben. Damit wird die Beihilfe zum Suizid in Deutschland erlaubt – nachdem sie bislang eine Straftat darstellte. Beihilfe heißt: Die Substanz zur Selbsttötung nimmt der Sterbewillige selbstständig ein, aber ein Angehöriger, Arzt oder Sterbehelfer leisten hierzu einen Beitrag, indem sie etwa die tödliche Substanz zur Verfügung stellen.

Was haben diese Änderungen für Konsequenzen für Krankenhäuser, Hospize und die Kirche? Wie lässt sich die Gerichtsentscheidung in ein Gesetz gießen? Und wie gehen Betroffene damit um? Um diese und weitere Fragen ging es beim Podiumsgespräch „Assistierter Suizid – ich bin so frei?!“, zu dem die Waldbreitbacher Hospiz-Stiftung, der Neuwieder Hospizverein und das Ambulante Hospiz Neuwied in die Heilig-Kreuz-Kirche in Neuwied eingeladen hatten.

Die Begrüßung der rund 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die sowohl vor Ort als auch per Livestream von zu Hause dabei waren, übernahm Generaloberin Edith-Maria Magar, Kuratoriumsvorsitzende der Waldbreitbacher Hospiz-Stiftung und Hans-Peter Knossalla, Vorsitzender des Neuwieder Hospiz e.V.. Auf dem Podium diskutierten Georg Bätzing, Bischof von Limburg und Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz; Georg Beule, Leiter der Stabsstelle Ethik der Marienhaus Stiftung; Anita Ludwig, Leiterin des Ambulanten Hospizes Neuwied; und Frank Voss, Pflegedienstleiter des Marienhaus Klinikums Sankt Antonius Waldbreitbach. Moderiert wurde die Veranstaltung von Arzt und Journalist Patrick Hünerfeld.

Georg Bätzing betonte, dass Suizid keine Lösung sein könne. Stattdessen sei es wichtig, gefährdete Menschen zu begleiten, sie zu schützen und ins Leben zurückzuholen. Im Hinblick auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts forderte er die Entwicklung und Verabschiedung eines Bundesgesetzes, das die Rahmenbedingungen klar regelt.

Auch Anita Ludwig sprach sich für einen klaren Orientierungsrahmen aus. Sie stellte fest, dass mit dem Urteil das Thema aus der Tabuzone rauskommt. „Unsere Grenze ist sehr klar, dass wir keine aktive Sterbehilfe oder aktive Hilfe beim Suizid anbieten werden. Dennoch bedeutet die Entscheidung eines Menschen, sich beim Suizid Assistenz zu besorgen, nicht unbedingt das Ende unseres Begleitungsangebots“, so die Leiterin des Ambulanten Hospizes Neuwied. Gleichzeitig gelte es, die ehren- und hauptamtlichen Hospiz-Mitarbeiter aufgrund der Komplexität des Themas bestmöglich, etwa durch Supervisionsangebote, zu unterstützen.

Pflegedienstleiter Frank Voss äußerte die Befürchtung, dass es auch Menschen geben könnte, die mit dem assistierten Suizid den „schnellen Ausweg“ suchen. Das bringe Krankenhäuser in ein ethisches Dilemma. Denn ihre Aufgabe sei es, die Menschen im Leben zu halten. Deshalb sprach auch er sich für klare Kriterien aus. Wichtig sei es außerdem, Suizidgedanken niemals zu ignorieren, sondern die Menschen konkret darauf anzusprechen.

Für Georg Beule, Leiter der Stabsstelle Ethik der Marienhaus Stiftung, ist es unabdingbar, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Einrichtungen der Marienhaus-Gruppe möglichst intensiv zu dem Thema geschult werden. Nur so sei ein sicherer Umgang damit möglich. Man müsse sich mehr Zeit nehmen für die Betroffenen und ihnen Aufmerksamkeit schenken, betonte Beule. (PM)
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